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Aktuell: EU will bis Jahresende russisches Gas um 2/3 reduzieren – Plan im Wortlaut auf Deutsch

EU-Fahne

Es sind ehrgeizige Pläne. Vorhin gab bereits die Leopoldina hoffnungsfrohe Aussichten für die deutsche Energie-Unabhängigkeit von Russland bekannt. Jetzt folgt die EU-Kommission. Vor wenigen Minuten veröffentlichte sie ihren Plan namens „REPowerEU: gemeinsames europäisches Vorgehen für erschwinglichere, sichere und nachhaltige Energie“. Die wichtigste Aussage hierin, Zitat: „Dadurch kann die Nachfrage der EU nach russischem Gas vor Ende des Jahres um zwei Drittel verringert werden.“ Und bis 2030 will man ganz raus sein aus der Abhängigkeit von Gas aus Russland. Wie das gehen soll? Hier dazu die aktuellen Aussagen der EU-Kommission im Wortlaut:

Angesichts der russischen Invasion der Ukraine hat die Europäische Kommission heute den Entwurf eines Plans vorgestellt, mit dem Europa deutlich vor 2030 von fossilen Brennstoffen aus Russland, zunächst von Gas, unabhängig gemacht werden soll.

Dieser Plan enthält auch eine Reihe von Maßnahmen als Reaktion auf die steigenden Energiepreise in Europa und zur Wiederauffüllung der Gasvorräte für den nächsten Winter. Europa ist zwar schon seit mehreren Monaten mit einem Anstieg der Energiepreise konfrontiert, das Problem wird jetzt aber durch die unsichere Versorgung verschärft. Durch REPowerEU sollen die Gasversorgung diversifiziert und die Einführung von Gas aus erneuerbaren Quellen für Heizung und Stromerzeugung beschleunigt werden. Dadurch kann die Nachfrage der EU nach russischem Gas vor Ende des Jahres um zwei Drittel verringert werden.

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte: „Wir müssen unabhängig von Öl, Kohle und Gas aus Russland werden. Wir dürfen uns einfach nicht auf einen Lieferanten verlassen, der uns schlichtweg bedroht. Es gilt jetzt zu handeln, damit wir die Auswirkungen der steigenden Energiepreise abfedern, unsere Gasversorgung für den nächsten Winter diversifizieren und den Übergang zu sauberer Energie beschleunigen können. Je früher wir auf erneuerbare Energien und Wasserstoff in Verbindung mit einer höheren Energieeffizienz umsteigen, desto schneller werden wir wirklich unabhängig und erhalten die Kontrolle über unser Energiesystem. Ich werde die Ideen der Kommission im Laufe dieser Woche in Versailles mit den europäischen Staats- und Regierungschefs erörtern und dann mit meinem Team auf eine rasche Umsetzung hinarbeiten.“

Der Exekutivpräsident für den europäischen Grünen Deal, Frans Timmermans bemerkte: „Wir müssen jetzt unsere Schwachstellen beseitigen und bei unseren energiepolitischen Entscheidungen rasch mehr Unabhängigkeit gewinnen. Wir müssen im Eiltempo auf erneuerbare Energien umstellen. Energie aus erneuerbaren Quellen ist billig, sauber und potenziell unerschöpflich. Sie schafft Arbeitsplätze bei uns, anstatt die fossile Brennstoffindustrie anderswo zu finanzieren. Putins Krieg in der Ukraine zeigt, dass wir unsere Energiewende dringend beschleunigen müssen.“

Die für Energie zuständige Kommissarin Kadri Simson ergänzte: „Der Einmarsch Russlands in die Ukraine hat die Versorgungslage verschärft und die Energiepreise in beispiellose Höhen getrieben. Für die verbleibenden Wochen dieses Winters verfügt Europa über ausreichend Gas, aber wir müssen unsere Vorräte unbedingt für nächstes Jahr auffüllen. Die Kommission wird daher vorschlagen, dass die Gasspeicher in der EU bis zum 1. Oktober zu mindestens 90 % gefüllt sein müssen. Wir haben auch Vorschläge zu Preisregulierungen, staatlichen Beihilfen und steuerlichen Maßnahmen vorgelegt, um die europäischen Haushalte und Unternehmen vor den Auswirkungen der außergewöhnlich hohen Preise zu schützen.“

Dringlichkeitsmaßnahmen zu Energiepreisen und Gasspeicherung

Die „Energiepreis-Toolbox“ der Kommission vom Oktober hat den Mitgliedstaaten dabei geholfen, die Auswirkungen hoher Preise auf schutzbedürftige Verbraucherinnen und Verbraucher abzufedern, und bildet weiterhin einen wichtigen Rahmen für nationale Maßnahmen. Die Kommission präsentiert den Mitgliedstaaten heute zusätzliche Leitlinien, durch die bestätigt wird, dass Preisregulierungen in Ausnahmefällen möglich sind. Zudem wird darin dargelegt, wie die Mitgliedstaaten Einnahmen aus den hohen Gewinnen des Energiesektors und aus dem Emissionshandel an die Verbraucher umverteilen können. Die EU-Vorschriften über staatliche Beihilfen bieten den Mitgliedstaaten ebenfalls Möglichkeiten, von hohen Energiepreisen betroffene Unternehmen kurzfristig zu unterstützen und ihnen zu helfen, ihre Anfälligkeit gegenüber Schwankungen der Energiepreise mittel- bis langfristig zu verringern. Im Anschluss an eine Konsultation über zielgerichtete Änderungen der Leitlinien für staatliche Beihilfen im Zusammenhang mit dem Emissionshandelssystem wird die Kommission mit den Mitgliedstaaten auch über die Notwendigkeit und den Umfang eines neuen vorübergehenden Beihilferahmens zur Bewältigung der Krise beraten. Durch diesen Rahmen sollen Unternehmen, insbesondere solchen, die mit hohen Energiekosten zu kämpfen haben, Hilfen gewährt werden.

Bis April will die Kommission einen Gesetzgebungsvorschlag vorlegen, nach dem die unterirdischen Gasspeicher in der gesamten EU bis zum 1. Oktober eines Jahres zu mindestens 90 % ihres Fassungsvermögens gefüllt sein müssen. Der Vorschlag würde die Überwachung und Durchsetzung der Füllstände nach sich ziehen und die Möglichkeit von Solidaritätsvereinbarungen zwischen Mitgliedstaaten vorsehen. Die Kommission setzt ihre Untersuchung des Gasmarktes fort, da die Befürchtung besteht, dass einige Akteure, insbesondere Gazprom, die Wettbewerbsbedingungen verfälschen.

Um der Explosion der Energiepreise entgegenzuwirken, wird die Kommission alle möglichen Optionen für Notfallmaßnahmen prüfen, mit denen sich das Durchschlagen der Gaspreise auf die Strompreise begrenzen lässt, etwa befristete Preisobergrenzen. Sie wird auch Optionen zur Optimierung der Gestaltung des Strommarkts bewerten und dabei den Abschlussbericht der Agentur der EU für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) und andere Beiträge zu Vor- und Nachteilen alternativer Preisbildungsmechanismen berücksichtigen, damit Strom erschwinglich bleibt, ohne die Versorgung und weitere Investitionen in den grünen Wandel zu beeinträchtigen.

REPowerEU – Beseitigung unserer Abhängigkeit von russischem Gas vor 2030

Unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen aus Russland kann deutlich vor 2030 schrittweise beendet werden. Hierfür schlägt die Kommission vor, den Plan „RePowerEU“ zur Erhöhung der Widerstandsfähigkeit des EU-weiten Energiesystems zu entwickeln. Dieser Plan beruht auf zwei Säulen: Diversifizierung der Gasversorgung durch höhere Einfuhren von Erdgas von nichtrussischen Lieferanten in flüssiger Form (LNG) oder über Pipelines und Steigerung der Produktion und der Einfuhren von Biomethan und Wasserstoff aus erneuerbaren Quellen sowie schnellere Verringerung der Nutzung fossiler Brennstoffe in Wohn- und Geschäftsgebäuden, in der Industrie und im Energiesystem durch eine Steigerung der Energieeffizienz, den Ausbau der erneuerbaren Energien und der Elektrifizierung sowie die Beseitigung von Infrastrukturengpässen.

Durch eine vollständige Umsetzung der Vorschläge der Kommission im Rahmen des Pakets „Fit für 55“ würde unser jährlicher Verbrauch an fossilem Gas bis 2030 bereits um 30 % oder 100 Mrd. Kubikmeter reduziert. Mit den Maßnahmen im Rahmen des Plans „REPowerEU“ könnten wir schrittweise mindestens 155 Mrd. Kubikmeter fossiles Gas einsparen; dies entspricht der Menge, die 2021 aus Russland eingeführt wurde. Nahezu zwei Drittel dieser Verringerung könnten binnen eines Jahres erreicht werden, womit die übermäßige Abhängigkeit der EU von einem einzelnen Lieferanten beendet wäre. Die Kommission schlägt vor, in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten die zur Verwirklichung dieser Ziele geeignetsten Projekte zu ermitteln und dabei auf den umfangreichen Arbeiten aufzubauen, die bereits im Zusammenhang mit den nationalen Aufbau- und Resilienzplänen geleistet wurden.



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3 Kommentare

  1. Geil, uns allen wird einfach das Gas abgedreht, prima Plan.
    Deutsche Übersetzung: Wir sind nicht in der Lage zusätzliches Erdgas zu beschaffen, weder heute, noch in der Zukunft.
    Wann sollte man den Griechen denn dabei helfen ihre Erdgasvorkommen anzuzapfen, wenn nicht jetzt?
    Schade. Nur Stümper in der EU.
    Bei der Rationierung des Erdgases möchte ich vorschlagen zuallererst bei den Privathäusern der Politiker und ihrer Familien und bei allen öffentlichen Gebäuden mit Ausnahme von Bildungseinrichtungen anzufangen. Beim Abschalten des Stroms bitte äquivalent verfahren

  2. Gut das man das auch den Russen mitteilt.

    An deren Stelle würde ich jetzt unmittelbar den Gashahn zudrehen…..Damit wäre dann wenigstens noch einmal eine maximale Schädigung des Gegners möglich….

  3. Ich zitiere Daniel Stelter:

    „Wenn die Welt russisches Öl und Gas boykottiert, bekommen wir zweistellige Inflationsraten und unsere Wirtschaft bricht massiv ein“.

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