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Interview „Alles, was weg führt vom Mainstream“: So bleiben Retail-Immobilien für Investoren attraktiv

Große Retailprojekte galten in den vergangenen Jahren nur selten als wirkliche Investitionsmöglichkeit, die auch wirtschaftlich Sinn macht. Das Aussterben der Innenstädte ist auch heute noch eine der Zukunftsausblicke in der Immobilien-Branche. Im Gespräch mit Jan Schemuth, Managing Director bei rpc – The Retail Performance Company, wird intensiv auf die spannenden Möglichkeiten neugedachter Retail-Immobilienprojekte als Investments geblickt. Mit rpc betreut Jan Schemuth DAX 30-Unternehmen und Hidden Champions aus dem gehobenen Mittelstand. Dazu gehört auch die Konzipierung innovativer Immobilienprojekte für den Handel, womit diese für Konsumenten und Investoren wieder an Interesse gewinnen.

Welche Investmentpotentiale bieten physische Retail-Immobilienprojekte?

„Physischer Retail ist aus unserer Sicht nach wie vor attraktiv für die Immobilienentwicklung. Allerdings ist die Zeit vorbei, wo man durch standardisierte Filialgeschäfte großer Brands hohe Flächenumsätze in den Fußgängerzonen erzielen konnte. Wir sehen aber auch, dass Investitionen in bedarfsgerechte Retail Konzepte von den Verbrauchern angenommen werden.“

Welche Performance Indikatoren müssen Flagship-Stores und Retail-Immobilienprojekte bedienen, um für Investments in Frage zu kommen?

„Wir empfehlen unseren Kunden, eine genaue Analyse der Bedürfnisstruktur ihrer Endkunden vorzunehmen. Dabei muss unterschieden werden zwischen der reinen Bedarfsdeckung im Convenience Bereich und den Ansprüchen, die Kunden an ihre Marken im Premium Segment stellen. Gerade bei Flagship Stores spielt der subjektiv empfundene Zufriedenheitswert eine zentrale Rolle.“

Welche Voraussetzungen müssen Gewerbeimmobilien aufweisen, um für den Einzelhandel / als Flagship-Store interessant zu sein?

„Früher hieß es: Lage, Lage, Lage. Heute sind es eher Unverwechselbarkeit und Attraktivität des Konzeptes – „Retail must be destinational“. Natürlich müssen Grundvoraussetzungen an eine gute Lage und an die Erreichbarkeit erfüllt sein. Aber je interessanter das Konzept, umso attraktiver der Shop und umso höher die Frequenz.“

Wie würden hybride Flagship-Stores die Zukunft des Handels und des Investmentpotentials solcher Projekte verändern?

„Wir sprechen eher vom Retail Multiversum als von hybriden Stores. Dieses Multiversum ist nicht länger eindimensional. Die Zukunft des Einzelhandels liegt in einem multiplen Ansatz, bei dem sich analoge Erlebnisse und digitales Einkaufen bedingen und verstärken. Das Bedürfnis nach Individualisierung im Retail führt dazu, völlig unterschiedliche Customer Journeys anzubieten mit dem Ziel, den Kunden für ihre Bedürfnisse passende Dienstleistungen und Erlebnisse zu gestalten. Die Integration digitaler Prozesse wird immer mehr zum selbstverständlichen Hygiene Faktor, während soziale Themen, das Schaffen von interaktiven Erlebnissen an Bedeutung gewinnen. Eine immer unabdingbarere Voraussetzung vor allem im Premium Segment ist die Erfüllung von Standards zur Nachhaltigkeit aber auch der sozialen Werte.“

Bleibt der stationäre Einzelhandel trotz Digitalisierung ein Erfolgsgarant auch für Investoren?

„Ja, wenn die Investoren bereit sind, sich auf innovative Konzepte und Mischnutzungen einzulassen, die die Innenstädte attraktiv machen.
Die gesichtslosen Fußgängerzonen mit den Filialen der immer gleichen Mainstream-Anbieter gehören definitiv der Vergangenheit an.“

Welchen Einfluss spielt der wachsende Online-Handel auf potentielle Investments in Retail-Immobilien?

„Der wachsende Online-Handel bedingt nicht zwangsläufig eine Stagnation des stationären Handels. Es gibt viele Erfolgsbeispiele von großen Marken, die sowohl im stationären Geschäft als auch in ihrem Online-Verkauf Zuwachsraten aufweisen – wenn sie die Prozesse intelligent auf die Bedürfnisse ihrer Kunden abstimmen.“

Wohin richtet sich der Investorenfokus in Bezug auf Gewerbeimmobilien für Flagship-Store/ im Einzelhandel?

„Wir begleiten intelligente Investorenkonzepte, die z.B. eine ehemalige Kaufhof Filiale komplett über alle vier Etagen entkernen und dann eine Mischnutzung für Einzelhändler, Ärzte, kleine Handwerksbetriebe, Kindertagesstätte und Wohnraum auf den oberen zwei Etagen anbieten. So wird die Innenstadt auch wieder lebendiger und damit auch wieder für Investoren attraktiver.“

Inwieweit wirken sich Änderungen im Konsumverhalten der Gesellschaft auf die Handels-Immobilien als Wertanlage aus?

„Reine Convenience Geschäfte werden sowohl in der Zahl als auch in ihrem Flächenbedarf rückläufiger sein. Durch Last Mile Delivery, payless cash etc. werden viele Prozesse gar nicht mehr im Shop abgebildet. Andererseits steigt das Bedürfnis der Gesellschaft nach sozialer Interaktion. Schon jetzt kann man z.B. eine steigende Zahl von Cafes, Bistros und Lounges in Flagship Stores beobachten.“

Welche Retail-Immobilien werden in Zukunft für Investoren interessant sein bzw. werden?

„Alles, was weg führt vom Mainstream der immer gleichen Markenpräsentationen. „The less private space you own, the more public space you need” – mit der Verdichtung der Ballungszentren werden die Wohnflächen dort kleiner werden, was wiederum die Begehrlichkeit nach attraktiven Innenstädten steigert.

Die Immobilienanbieter haben es auch in der Hand, z.B. über intelligente Mischnutzungen ihre Flächen intensiver zu bespielen. So kann ein Besprechungsraum in einem Shared Office Komplex nicht nur von 9 – 17 Uhr genutzt werden, sondern früh morgens als Yogaschule und abends als Raum für Sprachkurse.

Wir haben große Freude daran, mit unseren Kunden intelligente Nutzungsszenarien zu entwickeln!“

Jan Schemuth, Managing Director bei rpc – The Retail Performance Engine
Jan Schemuth, Managing Director bei rpc.



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1 Kommentar

  1. Ich denke auch, dass man mit intelligenten Mischkonzepten den Markt neu aufmischen kann und muss!
    Albrecht Proebst

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