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Analystin appelliert an die EZB: Handeln Sie jetzt! Euro vor Absturz?

Die EZB-Zentrale in Frankfurt

„Die EZB muss handeln, jetzt!“. So plakativ wird sie heute früh zu Zinsanhebungen aufgefordert von Ipek Ozkardeskaya, Senior Analystin beim Broker Swissquote. Denn heute Mittag um 13:45 Uhr wird die EZB ihre Zinsentscheidung verkünden, und um 14:30 Uhr folgt die Pressekonferenz (wir werden berichten).

Andere Notenbanken haben bereits gehandelt

Ipek Ozkardeskaya weist darauf hin, dass sowohl die Reserve Bank of New Zealand als auch die Bank of Canada diese Woche ihre Zinssätze um 50 Basispunkte angehoben haben. Für beide Zentralbanken war dies die größte Anhebung seit mehr als zwei Jahrzehnten, da die politischen Entscheidungsträger Gas geben, um die steigende Inflation zu bekämpfen. Die jüngsten Entscheidungen der G7-Zentralbanken bestärken ihrer Aussage nach die Vorstellung, dass die US-Notenbank Fed auf ihrer nächsten Sitzung mindestens eine Anhebung um 50 Basispunkte ankündigen wird, und erhöhen den Druck auf eine konkrete Zinsmaßnahme der Europäischen Zentralbank (EZB).

Inflation in den USA

Während die EZB noch nicht handelt, tut sich aber in Sachen Zinswende einiges in den USA. Laut Ipek Ozkardeskaya schätzt die Aktivität in den Fed-Funds-Futures die Wahrscheinlichkeit einer Zinserhöhung in den USA um 50 Basispunkte im Mai auf fast 90 Prozent, ergänzt durch eine quantitative Straffung im Umfang von 95 Milliarden Dollar, um sicherzustellen, dass die Inflation in den USA in der Nähe der aktuellen 8,5 Prozent bleibt. Die gestrigen Daten zeigten US-Erzeugerpreise im März mit einem Anstieg mehr als 11 Prozent, den höchsten Stand seit 2010. Die US-Indizes erholten sich laut Ipek Ozkardeskaya jedoch in der Annahme, dass wir uns dem Höhepunkt des eigentlichen Inflationszyklus nähern könnten, da die pandemiebedingten Verzerrungen allmählich abklingen und der Vergleich mit den depressiven Pandemiemonaten durch Monate mit annehmbaren Energiepreissteigerungen ersetzt wird. Der Basiseffekt dürfte also in den kommenden Monaten eine wichtige Rolle spielen. Allerdings werde die Inflation sicherlich auf einem deutlich höheren Niveau von 4-5 Prozent bleiben.

Die EZB soll endlich handeln, und zwar sofort

Die Inflation in Großbritannien erreichte im März aufgrund steigender Lebensmittel- und Energiepreise 7 Prozent und wird laut Ipek Ozkardeskaya voraussichtlich schon im nächsten Monat auf 9 Prozent ansteigen, während die Inflation in Europa mit 7,6 Prozent im März ebenfalls ungewöhnlich hoch war. Die steigende Inflation wird ihrer Meinung nach bei der heutigen Sitzung der EZB sicherlich zu heftigen Diskussionen führen. Die EZB plane die Ankäufe von Vermögenswerten bis zum dritten Quartal zu beenden und die Zinssätze bald darauf anzuheben.

Die EZB hat ihrer Meinung nach jedoch nicht die Möglichkeit, mit der Anhebung der Zinssätze bis zum letzten Quartal zu warten – sie müsse die Zinssätze spätestens bis zum Ende des Sommers anheben, auch wenn die Inflation durch angebotsseitige Probleme verursacht wird, die durch eine Einschränkung der Nachfrage nicht wirksam bekämpft werden können. Ihre Schlussfolgerung: „Wenn die EZB nicht handelt, würden die restriktivere Geldpolitik der anderen großen Zentralbanken den Wert des Euro in den Keller schicken, was die Inflation zusätzlich unter Druck setzen würde.“

Ipek Ozkardeskaya weist darauf hin, dass der Euro gegen den US-Dollar gestern über die Marke von 1,09 gestiegen ist, nachdem er gestern nahe der Unterstützung von 1,08 gehandelt wurde. Eine einigermaßen hawkishe EZB könnte den EURUSD nachhaltig über die 1,10-Marke treiben, aber eine schwache Reaktion der EZB werde die Einheitswährung wahrscheinlich unter die 1,08-Marke drücken, da die Bären als nächstes die 1,05-Marke anvisieren werden.Und wenn die EZB darauf besteht, die Anleihekäufe im dritten Quartal zu beenden und die Zinssätze erst zum Jahresende anzuheben, dann werde man erleben, dass der Euro in diesem Jahr auf die Parität zum US-Dollar fällt.



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6 Kommentare

  1. Dr. Sebastian Schaarschmidt

    Ich teile Ihre Kritik an der EZB allerdings sehe ich keine Besserung.

  2. „Euro vor dem Absturz“ und dann kommt der Euro könnte sogar auf Parität fallen! Na da krieg ich ja jetzt aber ganz doll Angst. Bei „Absturz“ dachte ich da eher an drei Euro für einen Dollar.

    Immer diese Waschmittelwerbungsüberschriften und dann geht es so lahm weiter. Oder musste da jemand aus der völlig überflüssigen Berufsgruppe der „Analysten“ wieder mal für die „Bedeutung“ seines Jobs werben?

  3. Die EZB ist leider beratungsresistent!

  4. Die EZB ist am weiteren Kaufkraft-Verlust des Euros schuld. Dies führt zu weiteren Inflationssteigerung bis 10 % bereits in Kürze, da der Einkauf von Energie und anderen Importprodukten in US$ durch die Euroschwäche sehr viel teurer werden (importierte Inflation). Sollte Le PEN die Stich-Wahl in Frankreich in einer Woche gewinnen ist das die alleinige Schuld der EZB-Politik. Die Kaufkraft ist das wichtigste Wahlkampf-Thema in Frankreich. Der nächste Schritt wird dann der Frexit sein.

  5. Hochgradig aktuell und alarmierend informativ !!

  6. Ich hab nicht das Fachwissen zu beurteilen, was ein Kurs 1:1 von Euro und Dollar für Folgen hätte.
    Ich vermute aber, sollte dies eintreten, dass dies so gewollt war.
    Die Samktionen ggüber Russland wurden schon vor dem Einmarsch in die Ukraine geplant. Das Ziel Nordstream2 zu kippen, gab es auch seit langem. Wenn also die Eu sowieso gezwungen werden sollte Flüssigas der USA zu kaufen, dann hat das absehbar mit der Entwertung des Euro, bzw mit der Stärkung des Dollars zu tun.
    Insofern ist die EZB nicht lernresistent, sondern verwirklicht die Stärkung des Dollars.
    Die Bedeutung kann jeder selber machen.

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