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Arbeitskosten in EU: Aufholjagd läuft, aber immer gewaltige Unterschiede

Zahlreiche Konzerne aus Westeuropa, natürlich auch deutsche Autobauer, lassen gerne in Osteuropa produzieren. Die Arbeitskosten (Produzierendes Gewerbe und wirtschaftliche Dienstleistungen) beispielsweise in der Slowakei lagen Ende 2018 bei nur 11,80 Euro, in Ungarn sogar nur bei 9,90 Euro. Da ist es verständlich, dass große Unternehmen wie Volkswagen gerne dort produzieren. Bei Vollbeschäftigung in diesen Ländern (siehe aktuell Ungarn mit 3,6% Arbeitslosenquote) ist es verständlich, dass die Arbeiter dort auf saftigen Gehaltserhöhungen beharren, was VW und Co zuletzt auch dazu zwang die Gehälter in diesen Ländern zu erhöhen.

Die Aufholjagd der Osteuropäer bei den Arbeitskosten (Löhne zuzüglich Lohnnebenkosten wie Sozialversicherungsanteil des Arbeitgebers etc) ist in vollem Gange. Wie das Statistische Bundesamt heute mitteilt, lagen die Arbeitskosten in Deutschland zu Ende 2018 bei 35 Euro, womit man auf Platz 6 der teuersten Standorte lag. Die ersten Plätze belegen traditionell die Skandinavier (Dänemark Nummer 1 mit 44,70 Euro), wie auch Belgien und Luxemburg.

Die Statistiker zeigen aktuell aber auch, dass trotz der großen Unterschiede der Abstand kleiner wird. Während der EU-Schnitt bei den Arbeitskosten Ende 2018 bei 26,60 Euro lag, so waren es bei den ersten 6 als Spitzengruppe 36,30 Euro, und bei der „Aufholgruppe“ aus Osteuropa waren es im Schnitt 8,50 Euro (letzter Platz Bulgarien mit 5,30 Euro). Dazu sagen die Statistiker (aufschlussreich):

Insgesamt betrugen die Arbeitskosten in der Spitzengruppe mehr als das Vierfache (427 %) des Wertes der aufholenden Länder. Dieser Abstand hat sich seit dem Jahr 2004, als erstmals vergleichbare Zahlen für alle relevanten Mitgliedstaaten vorlagen, allerdings mehr als halbiert. Damals betrugen die durchschnittlichen Arbeitskosten in der Spitzengruppe mit 28,00 Euro noch fast das Achtfache (772 %) des Niveaus der Kontrastgruppe von 3,60 Euro.

Diese Annäherung der relativen Arbeitskosten resultiert daraus, dass in Ländern mit niedrigen Arbeitskosten die Wachstumsraten bereits seit vielen Jahren deutlich über denen der Länder mit bereits hohen Arbeitskosten liegen. Dies wird deutlich beim Vergleich zwischen Deutschland und Bulgarien: Während die Arbeitskosten je geleistete Stunde in Deutschland von 2004 bis 2018 um 30 % stiegen, haben sie sich in Bulgarien mehr als verdreifacht (+231 %).

Es ist also eine Frage der Betrachtungsweise. Schaut man nur auf die absoluten Zahlen, sind die Abstände noch gewaltig, und Produzenten sparen immer noch große Teile der Gehälter, wenn sie in Osteuropa produzieren lassen. Dennoch holen diese Länder zügig auf. Dieses Tempo des Aufholens bei den Arbeitskosten dürfte sich vermutlich beschleunigen, weil aufgrund des Demografiewandels (wirkt in Osteuropa noch stärker als in Westeuropa) die Vollbeschäftigung ein Dauerzustand werden dürfte, und die Arbeitnehmer damit zunehmend gute Verhandlungspositionen bei ihren Gehältern haben.

Arbeitskosten Statistik

Arbeitskosten EU Beispielfoto Siemens
Beispielfoto: Arbeit an einer Turbine von Siemens. Foto: Siemens (CC BY-SA 3.0)



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