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Argentinien zeigt dem IWF die kalte Schulter

Sofern nicht ein Wunder geschieht, wird Argentinien im kommenden Jahr den zweiten Staatsbankrott in diesem Jahrhundert erleben

Der neu gewählte Präsident von Argentinien, Alberto Fernández, sieht die Lösung der Probleme seines Landes nicht darin, noch mehr Schulden aufzunehmen. Aus diesem Grund will er die noch offenen Tranchen aus dem Hilfskredit des Internationalen Währungsfonds nicht annehmen.

Argentinien will kein Geld mehr vom IWF

Alberto Fernández warnte am Dienstag dieser Woche, dass er als Präsident Argentiniens mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) nur noch „eine einzige Vereinbarung unterzeichnen wird und die erste Regel darin wird sein, nicht mehr um Geld zu bitten“.

„Ich werde keine Vereinbarungen unterzeichnen, die wir nicht erfüllen können“. Das sei unter dem noch amtierenden Präsidenten und Vorsitzenden der konservativen Partei, Mauricio Macri, schon zu oft geschehen. In einem Radio-Interview deutete das zukünftige Staatsoberhaupt Argentiniens an, die Wirtschaft durch weitere Restrukturierungen der Auslandsschulden wieder auf Vordermann bringen zu wollen, anstatt neue Kredite aufzunehmen – egal bei wem.

Dem hoch verschuldeten Land stehen theoretisch noch 11 Milliarden US-Dollar aus einem Hilfskredit des IWF zu. Insgesamt hatte der IWF Argentinien Darlehen im Volumen von 57 Mrd. US-Dollar gewährt – der bislang höchste Betrag in der 74-jährigen Geschichte der Sonderorganisation der Vereinten Nationen.

Verzögerungen bei Zins- und Tilgungszahlungen

In Bezug auf die Zukunft des Abkommens mit dem IWF betonte Fernández seine Bereitschaft, die Schulden Argentiniens zu begleichen, sagte jedoch auch, dass es einige Zeit dauern werde, bis sich das Land wieder in der Lage dazu befinde und die Wirtschaft wieder in Schwung komme. Dies deutet darauf hin, dass Fernández die Zins- und Tilgungszahlungen zeitlich noch weiter strecken möchte, als dies bereits jetzt der Fall ist.

Argentinien konnte schon im August seine Verpflichtungen nicht mehr erfüllen und musste Verbindlichkeiten im Volumen von 101 Mrd. US-Dollar restrukturieren. Außerdem scheiterte die Emission neuer kurzfristiger Staatsanleihen. Derzeit ist außer dem IWF niemand mehr bereit, dem Andenstaat Geld zu leihen.

Der ehemalige Oppositionsführer Alberto Fernández gewann Ende Oktober die Präsidentschaftswahl mit 48 zu 41 Prozent gegen Mauricio Macri. Vor allem die rigiden Sparmaßnahmen, die Teil der Kreditauflagen des IWF waren, brachten die Bevölkerung Argentiniens gegen den konservativen Präsidenten Macri auf. Außerdem stieg die Inflationsrate, bedingt durch den Absturz des Argentinischen Peso, auf in der Spitze über 60 Prozent an.

Mit Alberto Fernández kehrt nun auch die umstrittene Ex-Präsidentin von Argentinien, Cristina Kirchner, in die Regierung zurück, deren Kabinettsleiter Fernández früher war. Dies verringert das Vertrauen der internationalen Kapitalgeber zusätzlich.

Argentinien droht die erneute Staatspleite

Die aktuelle Situation weckt Erinnerungen an den Staatsbankrott von 2001. Der bis dahin nominal größte Zahlungsausfall betraf Staatsanleihen im Volumen von 100 Milliarden US-Dollar. Vorausgegangen war eine Wirtschaftskrise, die von 1998 bis ins Jahr 2005 reichte und mit Inflationsraten von in der Spitze 33 Prozent einherging.

Auch damals wurde, genau wie jetzt, der freie Kapitalverkehr eingeschränkt und sogar US-Dollar-Bankkonten eingefroren.

Das Staatsdefizit Argentiniens schoss unter dem abgewählten Präsidenten Macri im Fiskaljahr 2018 um 52 Prozent nach oben. Da die Peronisten weitere Sparmaßnahmen strikt ablehnen, scheint eine weitere Schuldeneskalation vorprogrammiert. Zumal Macri gerade wegen der vom IWF aufoktroyierten Sparbemühungen vom Wahlvolk abgestraft wurde. Auch gegen den fortgesetzten Absturz des Peso und in der Konsequenz die weitere Explosion der Dollar-Schulden war er machtlos.

Die Kapitalmärkte sehen den aktuellen Marktwechsel in Buenos Aires sehr kritisch. Die Bereitschaft, einen Schuldenschnitt durchzuführen, ist bei den Peronisten deutlich höher ausgeprägt, als bei den bislang regierenden Konservativen.

Schon vor dem Wahltermin am 27. Oktober hatten alle drei großen Rating-Agenturen, Standard & Poors, Moody´s und Fitch, das Rating Argentiniens auf nur noch eine Stufe über „Totalausfall“ abgestuft, da sich bereits seit den Vorwahlen zu den eigentlichen Präsidentschaftswahlen am 11. August der Sieg der Peronisten abzeichnete.

Die Landeswährung ist seit der Präsidentschaftswahl vor gut vier Wochen zwar nicht weiter eingebrochen, was aber ausschließlich den Kapitalverkehrskontrollen und den Devisenmarktinterventionen der Banco Central de la República Argentina (BCRA) zu verdanken ist.

In den letzten zwölf Monaten wertete der argentinische Peso gegenüber dem US-Dollar um 36 Prozent ab – im Fünfjahresvergleich sogar um über 86 Prozent. Die daraus resultierende importierte Inflation sowie die Explosion der Dollar-Verschuldung bringt das Land nun an den Rand des erneuten Staatsbankrotts.

Sollte der designierte Amtsnachfolger Macris, Alberto Fernández, tatsächlich weitere Kredithilfen des IWF konsequent ablehnen, bleibt ein Zahlungsausfall die einzig verbleibende Option. Die Zentralbank Argentiniens verfügt nur noch über geringe Dollarreserven und Argentinien musste bereits die Bedienung von Zins- und Tilgungszahlungen an internationale Gläubiger verschieben, was de facto bereits einem Teilausfall entspricht. Der Chef der Zentralbank, Luis Caputo, hat ebenfalls schon kapituliert und ist Ende September zurückgetreten.

Fazit und Ausblick

Sofern nicht ein Wunder geschieht, wird Argentinien im kommenden Jahr den zweiten Staatsbankrott in diesem Jahrhundert erleben. Auch Deutsche könnten davon direkt und indirekt über Investments in Staatsanleihen, Kapitallebensversicherungen, Pensionsfonds, private Krankenversicherungen (durch deren Vorsorgeportfolios) und Investmentfonds betroffen sein.

Wie hoch der Schaden tatsächlich ausfällt, hängt von den Konditionen einer möglichen Umschuldung ab. Von der erneuten Stundung der Zins- und Tilgungszahlungen bis hin zu einem harten Schuldenschnitt ist in der momentanen politischen Gemengelage Argentiniens alles möglich. Ein Investment in argentinische Staatsanleihen bleibt daher hochriskant.

Argentinien dürfte im nächsten Jahr den nächsten Staatsbankrott erleiden



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1 Kommentar

  1. Wenn wir schon bei Altlasten sind, warum serviert er die alte Korruptionistin nicht ab. Das ist der maximale Profit den er noch aus ihr ziehen kann.

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