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Der Ballon droht zu platzen „Auf Perfektion gepreist“: Zölle bedrohen teure Aktienmärkte

Grafik: ChatGPT

Die Aktienmärkte feiern neue Rekorde, doch ein unsichtbares Risiko droht, das fragile Gleichgewicht zum Kippen zu bringen: Zölle. Während Investoren auf weiter steigende Aktienkurse setzen, braut sich hinter den Kulissen ein Sturm zusammen. Denn die Folgen steigender Importabgaben durch die Trump-Regierung könnten die glänzenden Gewinne der Unternehmen drastisch schmälern und somit auch die hoch bewerteten Aktien ins Wanken bringen. In einem „auf Perfektion gepreisten“ Markt reicht oft ein einziger Trigger, um eine Korrektur auszulösen. Kommt die Nadel, die den Ballon zum Platzen bringt, in Form neuer Zölle?

Aktienmärkte auf „Perfektion“ gepreist

Die jüngste Rallye an den US-Aktienmärkten hat viele Investoren beflügelt, doch dunkle Wolken ziehen auf: Die Sorge um neue und bestehende Zölle wirft Schatten auf die hoch bewerteten Aktien. Obwohl Präsident Donald Trump für seine lautstarke Rhetorik bekannt ist, scheinen die Märkte bisher relativ gelassen auf seine wiederholten Drohungen zu reagieren. Doch laut einigen prominenten Stimmen an der Wall Street unterschätzen viele Anleger die tatsächlichen Risiken, die bereits implementierte Zölle mit sich bringen, so ein Bloomberg-Bericht.

Nach Schätzungen von Bloomberg Economics haben sich die durchschnittlichen Zölle, die US-Importeure zahlen müssen, schon vor dem 1. August auf über 13 % erhöht – ein Fünffaches gegenüber dem Vorjahr. Diese Zölle können laut Alastair Pinder, Leiter der globalen Aktienstrategie bei HSBC, ausreichen, um das Gewinnwachstum von Unternehmen um mindestens 5 % zu reduzieren. Das kommt zu einem kritischen Zeitpunkt: Der S&P 500 wird derzeit mit dem 22-fachen der erwarteten Unternehmensgewinne gehandelt – ein Niveau, das nahe an den Höchstständen der Zeit nach der Pandemie liegt. In einem derart hoch bewerteten Umfeld könnten bereits kleinere Rückschläge bei Unternehmensgewinnen oder Konjunkturdaten die Aktienmärkte empfindlich treffen.

Trump-Zölle belasten teure Aktienmärkte - Korrektur im Anmarsch?
Teure Aktienmärkte: S&P 500-Bewertungen klettern in die Nähe der Nach-Covid-Höchststände

„Weil wir auf Perfektion gepreist sind, könnte jede Enttäuschung, jede negative Abweichung dazu führen, dass Aktien neu bewertet werden“, sagt Paul Nolte, Marktstratege bei Murphy & Sylvest Wealth Management in Dallas. „Es schwebt ein Ballon über der Wall Street, der nur auf eine Nadel wartet – und niemand weiß, welche Nadel es sein wird. Es könnten durchaus die Zölle sein.“

Gefahr eines Bärenmarkts?

Nolte sieht die Gefahr eines echten Bärenmarkts – also eines Kursrückgangs von mindestens 20 % – als realistisch an. Selbst Optimisten wie Mike Wilson von Morgan Stanley, der Anfang des Jahres vom Bären zum Bullen wurde, zeigen sich vorsichtiger. Er bleibt zwar auf Sicht von zwölf Monaten zuversichtlich, warnt aber vor kurzfristigen Rückschlägen durch unerwartet schwache Unternehmensprognosen. „Im dritten Quartal besteht das Risiko, dass steigende Kosten auf die Margen durchschlagen – das könnte eine Korrektur von 5 bis 10 % auslösen“, so Wilson.

Die Frühindikatoren lassen nichts Gutes ahnen. Immer mehr Unternehmen berichten bereits über Belastungen durch die Zölle. So rechnet General Mills mit einem Anstieg der Produktionskosten um 1 bis 2 % und versucht gegenzusteuern, indem Zutaten ersetzt und Produkte umformuliert werden. Oxford Industries, der Eigentümer von Tommy Bahama, senkte seine Gewinnerwartung um 40 Millionen Dollar – verursacht durch höhere Zollkosten. FedEx warnte ebenfalls vor schlechteren Ergebnissen aufgrund der Handelskonflikte, insbesondere im profitablen Segment der US-China-Lieferungen.

Berichtssaison als Prüfstein

In dieser Woche stehen neue Zahlen von Unternehmen an, die besonders exponiert gegenüber Zöllen und der Konjunktur sind. General Motors muss sich mit spezifischen Abgaben für die Autoindustrie auseinandersetzen, während die Zahlen von Capital One Hinweise auf die Verfassung der US-Konsumenten geben könnten. Auf makroökonomischer Ebene lassen sich die Folgen bereits ablesen: Die Inflationszahlen für Juni zeigen eine Beschleunigung der Kernrate. Besonders zollempfindliche Kategorien wie Möbel und Kleidung legen nahe, dass Unternehmen beginnen, höhere Kosten an die Verbraucher weiterzugeben.

Die eigentliche Belastungsprobe für die Aktienmärkte könnte jedoch noch bevorstehen. Pinder von HSBC rechnet mit einem Rückgang des Einzelhandelsumsatzes im weiteren Jahresverlauf sowie mit steigenden Preisen, sobald die Lagerbestände aus Zeiten niedriger Zölle abverkauft sind. Bloomberg Economics geht davon aus, dass die derzeitigen Zölle das Bruttoinlandsprodukt der USA in den nächsten zwei bis drei Jahren um 1,6 % verringern und die Verbraucherpreise um 0,9 % steigen lassen werden.

Zölle belasten gutes Aktienumfeld

Diese Entwicklung könnte die Hoffnungen der Aktienanleger auf Zinssenkungen durch die US-Notenbank zunichtemachen – unabhängig davon, wie viele verbale Angriffe Trump noch auf Fed-Chef Jerome Powell richtet. Dabei ist das Umfeld für die Aktienmärkte grundsätzlich nicht schlecht: Goldman Sachs verweist auf bald sinkende Zinsen, geringe Arbeitslosigkeit und robuste Unternehmensgewinne als Gründe für die aktuell hohen Bewertungen. Auch das jüngste Steuer- und Ausgabengesetz von Trump sorgt für Rückenwind. Es enthält dauerhafte Steuererleichterungen für Unternehmen und könnte laut Wilson von Morgan Stanley allein ein Gewinnwachstum von 5 bis 7 % im S&P 500 bewirken.

„Die Anleger gingen zu Jahresbeginn davon aus, dass die Trump-Regierung mehr Haushaltsdisziplin zeigen würde“, sagt Nathan Sonnenberg, Chief Investment Officer der Vermögensverwaltung Pitcairn. „Mit dem neuen Ausgabengesetz erkennen wir jedoch, dass ein stärker stimulierender Effekt eintreten wird.“

Handelsturbulenzen | Zollsätze schwanken stark

Doch trotz dieser positiven Faktoren bleibt die Unberechenbarkeit von Trump ein Unsicherheitsfaktor. Prognosen zur finanziellen und wirtschaftlichen Wirkung seiner Zollpolitik sollten besser mit Bleistift als mit Tinte geschrieben werden. Zwar hat Trump bei manchen seiner aggressivsten Drohungen zurückgerudert, doch bleibt das Risiko eines deutlichen Anstiegs der Zölle bestehen – spätestens bis zu seinem Stichtag am 1. August. Indonesien muss trotz eines Handelsabkommens mit den USA mit einem Basiszollsatz von 19 % rechnen. Für Vietnam sind Zölle in Höhe von 20 % im Gespräch, auch wenn die Verhandlungen laut Bloomberg noch andauern. Der EU drohen sogar Zölle in Höhe von 30 %.

„Es wäre falsch, über diese Zölle hinwegzusehen und einfach zur Tagesordnung überzugehen“, sagte Bhanu Baweja, Chefstratege bei UBS, am Montag auf Bloomberg TV. „Wenn sich der Inflationseffekt bemerkbar macht und das reale verfügbare Einkommen trifft, werden die Aktienmärkte dies deutlich spüren.“

FMW/Bloomberg



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1 Kommentar

  1. Dr. Sebastian Schaarschmidt

    Guckt man sich den langfristigen Aktienmarkt,seit Beginn der Globalisierung an-,so liegt er jetzt mit einem Buffet Indikator von aktuell über 210 Prozent ,in den USA, nun nicht mehr im Bereich der ganz günstigen Bewertungen.

    Wieviel Prozente sind noch drin…nach oben…?

    Die Zölle und Gegenzölle sind überhaupt nicht eingepreist…ganz egal von welchem Standpunkt man das aus betrachtet…von den USA aus oder von unserer Seite…

    Im Augenblick bezollen die USA uns mit 50 Prozent auf Stahl und Aluminium, 27,5 Prozent auf Autos plus Ersatzteile und 10 Prozent auf den ganzen, großen Rest…der ja auch nochmals auf viele Milliarden Euro an Ausfuhren besteht…
    Die 27,5 Prozent auf Autos plus Ersatzteile setzen sich zusammen aus einem 2,5 prozentigen Zoll der schon früher bestand und dem Aufschlag unter Trump..
    Ein sinnvoller Export in die USA ist somit nicht mehr möglich…das sprengt jeden Rahmen zumal die Überführung auch nicht ohne ist…
    Das der DAX Performance Index dennoch fast auf All Time High steht, ist sympathisch für die Spätphase eines Booms an der Börse…ein Boom der seinerzeit im März des Jahres 2009 begann…
    Das war im März des Jahres 2000 genau das Gleiche..

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