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Aufgeschnappt: Bond-Trader jubeln über pünktliche ukrainische Zinszahlung (kein Witz)

Von Claudio Kummerfeld

Ob der Busfahrer an der Endhaltestelle pünktlich ankommt, ist fast immer ungewiss, wenn täglich überall Stau vorherrscht. Aber dass er an jeder Haltestelle anhält, ist das Normalste der Welt. Oder haben Sie schon mal applaudiert, wenn der Bus da anhält und die Tür öffnet, wo sie auf den roten Knopf gedrückt haben? Natürlich nicht. Warum auch, denn das erwartet man für seinen Fahrpreis.

Die Ukraine lässt sich dieser Tage laufend mit neuen Hilfsgeldern (offiziell Kredite genannt) zuschütten. Soll man da als Marktteilnehmer Beifall klatschen, wenn wie heute geschehen 120 Mio Euro Zinsen für eine bis 2017 laufende Anleihe überwiesen wurden? Es wurde applaudiert, und die Anleihe selbst stieg daraufhin auf über 55% des Nominalwerts – ein Anstieg schon die fünfte Woche in Folge.

Der Markt ist erleichtert, dass die Ukraine ihre Drohung nicht wahr gemacht hat ein seit Kurzem gültiges Gesetz in die Tat umzusetzen, dass der ukrainische Staat die Rückzahlung von Anleihen und Zinsen einfach aussetzen kann. Haben die Herren Bond-Trader denn noch nicht gemerkt, dass EU und USA aus politischen Gründen die Ukraine unbegrenzt „raushauen“ werden? Die Ukraine hatte versucht aus großen privaten Anleihegläubigern einen Schuldenschnitt rauszuquetschen bzw. versucht dies immer noch, aber die (u.a. Templeton) verweisen u.a. darauf, dass dies ein Problem mit dem IWF nach sich ziehen könnte. Aber wie auch immer, letztlich werden EU und USA einspringen, nur um Wladimir Putin zu brüskieren. Von daher kann man sagen 55% Kurswert einer Anleihe mit zwei Jahren Laufzeit klingt ziemlich niedrig.

Aber letztlich alles kein Problem, wie man heute wieder sieht, denn Abgesandte des EU-Parlaments unter Leitung des deutschen CDU-Politikers Elmar Brok sind heute mal wieder vor Ort in Kiew bei Ministerpräsident Jatzenjuk. Offiziell geht es um viele warme Worte rund um die Themen „Demokratie und Wahlen“ bla bla bla. Man versetze sich in die Lage der Ukrainer. „Erst das nervige Rumgerede mit den Bürokraten aus Brüssel über Demokratie, Reformfortschritte etc… wann kommen wir endlich zur Sache?“ So wird die Sprechblase auf deren Seite wohl aussehen. Verständlich!

Am Ende (offiziell nebensächlich) ging es um die Freigabe weiterer Kredite (auch IWF), deren Bedingungen man erfüllt habe, Zitat Jatzenjuk:

„The participants of the meeting also discussed the topical issues of social and economic situation in Ukraine. „A lot depends on the debt restructuring process“, accentuated Arseniy Yatsenyuk. He added that the Government of Ukraine had met all the demands of the International Monetary Fund and expected a positive decision on the outcome of a meeting of the IMF Board on July 31 regarding the next tranche.“

Elmar Brok wird schon wissen, was er in Brüssel offiziell zu verkündet bzw. was man von ihm erwartet, nämlich dass in der Ukraine alles bestens läuft und weitere Hilfsmilliarden fließen sollen. Man kann also getrost davon ausgehen, dass die privaten Gläubiger wie der Fondsgigant Templeton nach und nach (kalt) rausgekauft werden aus ihren Forderungen gegenüber der Ukraine, indem EU, USA und IWF immer neue Hilfsmilliarden überweisen und die Ukraine so in die Lage versetzt wird planmäßig die Altgläubiger auszuzahlen, wenn die Anleihen endfällig werden.



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