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Australien: Überraschende Leitzinssenkung in einem schönen Umfeld?

FMW-Redaktion

Die australische Notenbank hat heute ihren Leitzins um 0,25 auf 1,75% gesenkt, überraschenderweise. Überhaupt fallen viele Zahlen in Australien gerne mal stark abweichend von der Erwartungen der Analysten aus. Für Notenbankchef Glenn Stevens liegt die Begründung der Zinssenkung in einer schwachen Inflation, die so eine Senkung erlaube. Auch die Arbeitskosten würden nur sehr geringfügig steigen.

Wenn man sich die offizielle Verlautbarung der Notenbank durchliest, könnte man meinen alles sei in bester Ordnung in Australien. Auch im Rohstoffsektor, der das Land seit gut einem Jahr kräftig runterzieht, scheint alles in Ordnung zu sein. Da ist nämlich die Rede davon, dass sich die australische Wirtschaft derzeit lediglich „in einer Phase der Ausbalancierung“ befinde nach einen Investmentboom im Minensektor. Auf deutsch gesagt: Gigantische Minen werden plattgemacht, weil die Chinesen Kohle und Erze nicht mehr nachfragen.

Massenentlassungen sind die Folge, wie man harten Fakten wie Unternehmensberichten entnehmen kann. Die Arbeitslosenquote liegt derzeit bei offiziell 5,8%. Kaum ein Analyst oder Journalist glaubt diese Zahl auch nur annähernd. In den letzten Monaten kam es gerade wg. der Arbeitsmarktdaten immer wieder zu öffentlichen Aufregern in Australien – zuletzt sagte der Finanzminister vor einem Parlamentsausschuss bei der Erstellung der Daten hätte es „technische Unregelmäßigkeiten“ gegeben.

Nochmal im Nachtrag: Ende 2015 kam es zu einem Eklat. Die offiziell vermeldeten Arbeitsmarktdaten waren so unglaublich gut, dass es quasi ein öffentliches Gelächter gab. Alleine im Oktober wurden angeblich 55.000 neue Jobs geschaffen, im November 74.900. Das wäre für November ungefähr so gewesen, als hätte Deutschland (grob gesagt 4 x so viele Einwohner) in einem Monat 300.000 neue Jobs geschaffen – und das in einem Umfeld, wo reihenweise Rohstoffunternehmen Leute vor die Tür setzen, mit immensen Folgewirkungen auf Zulieferer. Auch ganz aktuell staunt man immer wieder – im März sollen 26.000 neue Stellen geschaffen worden sein statt erwarteten 17.000.

Laut Notenbank-Veröffentlichung von heute habe das BIP-Wachstum besonders im 2. Halbjahr 2015 wieder an Fahrt aufgenommen, genauso der Arbeitsmarkt. Indikatoren würden zeigen, dass das Wachstum in 2016 weitergehe. Wenn dem so ist, warum senkt man überhaupt die Zinsen – die Frage darf man doch stellen, oder? Auch den Häusermarkt hat man gut im Griff, so die Notenbank. Das Risiko eines weiter überhitzenden Immobilienmarkts hätte man im Griff aufgrund höherer Anforderungen für Immobilienkredite. Als Begründung der Notenbank wird wie gesagt die aktuell niedrige Inflation genannt (1,3%). Also geht es nicht um eine evtl. schwächelnde Konjunktur oder tatsächlich viel höhere Arbeitslosenzahlen?

USDAUD
Der US-Dollar vs australischen Dollar stieg nach der unerwarteten Zinssenkung heute früh von 1,2970 auf vorhin bis zu 1,33.



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