Die krisengeschüttelten Automobilhersteller und -zulieferer befinden sich im Umbruch, denn die europäische Autoindustrie ist nach wie vor angeschlagen. Während Aktien von Rüstungsunternehmen wie Rheinmetall nicht mehr zu halten sind, befinden sich viele Aktien von Automobilherstellern in der Nähe von Mehrjahrestiefs. Da kommt der Boom der Rüstungsindustrie gerade recht. Das Militär ist einer der aufstrebensten Industriezweige der Gegenwart und jeder möchte eine Scheibe davon abhaben, auch Volkswagen. So denken einige Automobilhersteller und -zulieferer darüber nach, ihr Geschäftsmodell zu ändern und selbst ins Rüstungsgeschäft einzusteigen, um von dem Boom zu profitieren, der durch das historische Finanzpaket Deutschlands für Rüstung und Infrastruktur noch beflügelt wird.
Chancen in der Rüstungsindustrie
Das Familienunternehmen von Martin Büchs im unterfränkischen Bad Neustadt beliefert seit mehr als einem Jahrhundert Autobauer mit Schaltungs-, Beölungs- und Kühlsystemen.
Wie Bloomberg berichtet, versucht Büchs nun aufgrund der Turbulenzen in der europäischen Autoindustrie, die Jopp-Gruppe als Zulieferer für einen der am schnellsten wachsenden Industriezweige neu zu erfinden: das Militär. Damit ist er nicht allein, auch Volkswagen denkt darüber nach. Der VW-Konzern steckt mitten in einer strategischen Neuausrichtung. Diese könnte weiter gehen als bisher gedacht: Angesichts sinkender Absatzzahlen und Gewinne erwägt Volkswagen offenbar, sein Geschäftsfeld in Richtung Rüstungsindustrie zu erweitern.
“Wir sehen eine Menge Chancen in der Rüstungsindustrie”, sagte Büchs, der in den vergangenen fünf Jahren aufgrund des Abschwungs in der Automobilindustrie 20% der Belegschaft abbauen musste. “Unsere Mitarbeiter sind grundsätzlich offen für Neues, weil ihre Priorität ist, langfristig tragfähige Jobs zu haben.”
Büchs’ Entscheidung spiegelt einen wachsenden Trend in Europa wider, da riesige Netzwerke kleiner und mittlerer Hersteller mit der Umstellung der Autoindustrie auf Elektrofahrzeuge zu kämpfen haben, die andere und weitaus weniger Teile benötigen. Viele wenden sich der Rüstungsindustrie zu, in der Hoffnung, von den hunderten Milliarden Euro zu profitieren, die europäische Regierungen für die Aufrüstung bereitstellen, während die USA ihr Engagement für das jahrzehntealte transatlantische Sicherheitsbündnis zurückfahren.
Der Bundestag hat diese Woche mit seiner Zustimmung, die Schuldenbremse zu lockern, den Weg für höhere Verteidigungsausgaben geebnet. Schweden, Tschechien und die baltischen Staaten haben ihre bereits erhöht. Die Europäische Union will 800 Milliarden Euro mobilisieren, um die Verteidigungsfähigkeit Europas zu stärken, und Nato-Generalsekretär Mark Rutte hat Nato-Mitglieder aufgefordert, ihre Verteidigungsausgaben auf 3,5% ihres BIP zu erhöhen.Die Aussicht auf höhere Rüstungsinvestitionen hat zu einem Höhenflug der Rüstungsaktien geführt.
Umstellung auf Militär
Die Umstellung von Fabriken um das Militär zu beliefern ist nicht einfach, da die Ausstattung umgestellt und die Mitarbeiter umgeschult werden müssen. Doch das zusätzliche Geld mobilisiert bereits Hersteller in ganz Europa. In Deutschland sucht der Automobil- und Industriezulieferer Schaeffler nach Partnern aus der Rüstungsindustrie, um den Absatz zu steigern, während der Laserspezialist Trumpf den Bau eines Lasers zur Drohnenabwehr erwägt. Der ungarische Werkzeughersteller Büttner Kft, der bisher deutsche Automobilzulieferer belieferte, geht davon aus, einen größeren Teil seiner Kapazitäten auf den Rüstungssektor zu verlagern.
In Frankreich hat der Sondermüll- und Patronenhülsenverwertungskonzern Europlasma ein Übernahmeangebot für das Werk Fonderie de Bretagne abgegeben, das Gussteile an Renault liefert. Europlasma gab an, dass das Angebot Teil einer Strategie zur Diversifizierung in den Rüstungssektor sei, um “auf die Herausforderung der nationalen Souveränität und die wachsende Nachfrage auf europäischer Ebene zu reagieren”.
Obwohl die Rüstungsindustrie boomt, ist sie immer noch viel kleiner als die Autoindustrie und kann nur einen Teil der dort einsetzenden Arbeitsplatzverluste und Produktionskürzungen ausgleichen. In der europäischen Automobilindustrie arbeiten etwa 13 Millionen Menschen – das sind rund 7% aller Beschäftigten in der EU. In der Rüstungsindustrie sind hingegen nur etwas mehr als eine Million Menschen beschäftigt.
“Ich halte die Diskussion, dass die Rüstung den Niedergang der Automobilindustrie und ihrer Zulieferer aufhalten wird, für eine Illusion”, sagte IG Metall-Vize Jürgen Kerner. “Nichts davon lässt sich über Nacht erreichen.”
Doch die Ausgaben führen auch zur Gründung neuer Unternehmen. In Estland gründeten ein Beamter, ein General, ein Raketenwissenschaftler und einer der reichsten Geschäftsleute des Landes das Unternehmen Frankenburg Technologies, um günstige Luftabwehrsysteme zu bauen. Das an Russland grenzende Land hat sein Verteidigungsbudget seit 2022 verdoppelt.
Volkswagen
Unterdessen ist Volkswagen — Europas größter Autobauer, der Werke schließt und mehr als 40.000 Stellen abbaut — offen dafür, dass die Rüstungsindustrie seine überschüssigen Kapazitäten nutzt. Rheinmetall hat das VW-Werk in Osnabrück in Bezug auf eine Herstellung gepanzerter Fahrzeuge geprüft, und auch das gerade stillgelegte Audi-Werk in Brüssel könnte nach Plänen des belgischen Unternehmens John Cockerill Defense in ähnlicher Weise umgewandelt werden.
Der italienische Industrieminister Adolfo Urso hat angesichts der Krise in der Autoindustrie vorgeschlagen, Autofabriken auf Rüstungsproduktion umzustellen. Der Plan, der durch einen Rückgang der Fahrzeugproduktion um 63% im Januar und die schrumpfende Inlandspräsenz des Fiat-Herstellers Stellantis NV vorangetrieben wird, zielt darauf ab, Arbeitsplätze zu schützen, indem man sich Überschneidungen der Branche mit Militärtechnologie zunutze macht.
Neben der Umrüstung der Fabriken auf Waffenproduktion müssen sich die Hersteller mit einem umständlichen Zertifizierungs- und Sicherheitsüberprüfungsverfahren auseinandersetzen.
Einstieg ins Rüstungssystem
Für die direkte Belieferung des Militärs oder die Herstellung spezieller Rüstungsprodukte sei eine Zertifizierung durch die Nato erforderlich, die in der Regel ein bis zwei Jahre dauere und mindestens 200.000 Euro koste, so Christian Bartsch, Geschäftsführer von ACATO, einem auf Zertifizierungen und Cybersicherheit spezialisierten Unternehmen. Und der Prozess kann erst beginnen, wenn das Unternehmen bereits einen Auftrag vom Militär erhalten hat.
“In Deutschland ist der Beschaffungsprozess zäh und lebensbedrohlich: Das Unternehmen wird ausgehungert, bis es zum Zug kommt”, so Bartsch. “Es dauert, bis die deutschen Behörden tatsächlich bestellen, in dieser Zeit haben Unternehmen Kosten, Kosten, Kosten und verdienen keinen Euro.”
Wenn Europa jedoch militärisch unabhängig von den USA werden will, muss es seine eigenen Unternehmen unterstützen — wie etwa Büchs’ Familienunternehmen Jopp, das weltweit etwa 1.600 Mitarbeiter beschäftigt.
“Wir werden wahrscheinlich eher Zulieferer für die Firmen der Rüstungsindustrie werden können”, sagte Büchs. “Durch Gespräche mit möglichen Kunden werden wir schauen, ob die Nachfrage da ist.”
Thomas Hirsch, der das oberbayerische Unternehmen Hirsch Engineering Solutions gründete, hat den Sprung bereits geschafft: Vor vier Jahren entfielen 95% des Umsatzes seines Unternehmens auf die Autoindustrie, heute werden die von Hirsch hergestellten mechanischen Teile in Militärfahrzeugen, Satelliten und Raketentriebwerken eingesetzt.
“Es kostet Zeit und Energie, in diese sehr sensible Branche hineinzukommen”, sagte Hirsch vor mehr als 100 Unternehmern bei einer kürzlich von der Industrie- und Handelskammer in Schweinfurt organisierten Veranstaltung. “Doch wenn Sie einmal im System sind, bleiben Sie im System.“
FMW/Bloomberg
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Grundlage der Satelliten-Politik muß die Internationale Raumstation ISS sein. Ein Rettungsanker für VW/Porsche, aufgrund der vorhandenen Kompetenz in Sachen Navigation?
Letzteres könnte dann ja wohl auch die vom 47. US-Präsidenten Donald John Trump beabsichtigten Zölle kompensieren.
In diesem Zusammenhang bin ich etwas hin- und hergerissen hinsichtlich der Tatsache, daß die EU die beabsichtigten Gegenzölle gegen die USA verschiebt. Eine Gelegenheit für Ministerpräsident Stephan Weil und seinem Amtsvorgänger, dem jetzigen Atlantik-Brücke e.V.-Vorsitzenden Sigmar Gabriel, mit Präsident Trump zusammenzukommen?
Und in 4 bis 6 Jahren werden sie dann ausprobieren, ob es alles auch funktioniert.
Nicht allein für Deutschland die Hundertausende an Leichensäcke für die deutschen Soldaten vergessen. Und eine Menge Lazarette bauen.
Viele Grüße aus Andalusien Helmut
„…Nicht allein für Deutschland die Hundertausende an Leichensäcke für die deutsche Soldaten vergessen…“
Ihre Sprache ist vielleicht deshalb fehlerhaft und unverständlich, weil Sie beim Schreiben möglicherweise viel zu aufgeregt sind.
Und warum diese nekrophile Ausdrucksweise? Die wirkt auf mich schon etwas merkwürdig.
@Helmut, jeder Mensch benötigt doch im Leben irgendwann einen Leichensack. Wenn Sie Angst haben, dass es zu einem Engpass kommt, sollten Sie schonmal einen für sich selbst auf Lager legen.
Permanix, vergessen Sie es nicht, wenn Sie aus dem Kindergarten raus sind, das ihren Kindern zu erzählen, wenn sie den Stellungsbefehl bekommen.
Es stirbt sich für einen alten Menschen sicher leichter, wenn er in Spanien, bei unheilbarer Krankheit, per Sterbehilfe langsam dahindämmert, als wenn er vor Moskau mit einem Bauchschuss im Schlamm liegt und seine Därme in der Hand hält.
Hoffentlich werden Sie nie Vater.
@Else bzw. Wechselbalg, ich habe schon zwei Weltkriege mitgemacht. Und meinen Kindern werde ich bestimmt von Helmut nichts erzählen, versprochen. Ich denke, das sollte Sie jetzt wieder beruhigen.
Permanix
Dann kann ich mir vorstellen, wie es bei Ihnen aussieht mit über 100 Jahren.
Der Gesellschaft kommt die Lebensfreude abhanden, die Verherrlichung des Todes nimmt zu.
Wie vor 80 Jahren, als immer mehr Leute mit Totenköpfen auf ihren Mützen herumliefen.
Elon Musk meint, die Empathie sei die größte Schwäche der westlichen Gesellschaft.
Grausig!
Setzt sich diese Überzeugung durch, wird es Leid und Tod geben. Sehr viel Leid und Tod.
Wie damals.
@Columbo, die düsteren Themen von Helmut sind nicht repräsentativ, jedenfalls nicht in meiner Welt. Ich bin von sehr vielen positiv denkenden, fröhlichen und zufriedenen Menschen umgeben.
Die andalusische Einsamkeit kann einen Menschen in eine düstere Welt führen, aus der es am Ende fast kein Entrinnen mehr gibt.
-Columbo-
Das hat etwa 24 Millionen Russen das Leben gekostet.
Wir sind bald wieder so weit.
@Werner
Damals hatte der Herr mit dem Schnauzer klar gemacht, dass er einen Angriffskrieg plant. Die Lehren aus München 38 sind ja, dass apeacement Politik gegen einen autoritären Herrscher nicht nutzt. Und nun ist es nicht Deutschland, dass sich für einen Krieg gegen Europa rüstet, sondern Deutschland ist eingebunden in die westliche Welt, dass sich gegen einen möglichen Angriff eines Mannes mit schütteren Haar aus dem Osten rüstet. Ich meine mich zu erinnern, dass dieser Herr einen Angriffskrieg geführt hat und Drohungen gegen Bündnispartner von uns ausgestoßen hat.ich kann mich hingegen nicht daran erinnern, dass in Deutschland irgendjemand sagte, wir bräuchten Lebensraum im Osten.
Wo kommen eigentlich diese ganzen Russenfreunde in diesem Forum her? Gibt es hier ein Nest? Oder haben die kein Zuhause?