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Warum die BaFin Wertpapierprospekte inhaltlich nicht prüft – Auskunft aus dem Ministerium

22Beispielbild von einem Sachbearbeiter in einem Büro

Letzte Woche haben wir nochmal unseren Wissensstand aufgefrischt im Nachgang der Wirecard-Affäre, welche auch die Passivität der BaFin als Kontrollinstanz brutal offenlegte. Wir fragten uns, ob sich an der Praxis etwas geändert hat oder noch ändern soll, dass die BaFin zwar bei ihr eingereichte Wertpapierprospekte auf ihre formale Vollständigkeit hin prüft (Adresse des Emittenten uvm) – aber gleichzeitig keinerlei inhaltliche Prüfung der im Prospekt gemachten Angaben vornimmt.

Denn gerade das dürfte für die Anleger doch interessant sein, ob die inhaltlichen Angaben in Wertpapierprospekten überhaupt der Wahrheit entsprechen. Aber genau hier prüft die Aufsicht nicht. Letzte Woche bestätigte die BaFin aufgrund unserer Anfrage, dass sich an dieser Praxis nichts geändert hat. Der Prüfungsumfang habe sich nicht geändert – er sei laut BaFin gesetzlich festgelegt, die Behörde habe darauf keinen Einfluss. Gut, das ist mal eine Aussage. Also haben wir beim Dienstherrn der BaFin nachgefragt, beim Bundesfinanzministerium. Ist denn eine Änderung des Prüfauftrags (nach dem Wirecard-Desaster) angedacht, will Olaf Scholz vielleicht eine Gesetzesänderung anstoßen? Danach sieht es offenbar nicht aus. Vielleicht kennen Sie den Witz, dass das Wichtigste was Beamte prüfen, die Zuständigkeit ist?

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Kommen wir somit zur nun vorliegenden Antwort aus dem Bundesfinanzministerium. Von einer Änderung des Prüfauftrags für die BaFin für die dort eingereichten Wertpapierprospekte ist keine Rede. Ganz im Gegenteil. Man ist nicht zuständig, denn es gelte eine EU-Verordnung, an die man gebunden sei. Da kann man die Verantwortung also bequem eine Stufe nach oben Richtung Brüssel abgeben, und schon ist das Problem erledigt? Olaf Scholz als Finanzminister des wichtigen EU-Landes könnte also keine Initiative auf EU-Ebene anregen um diese Verordnung zu ändern? Wir hatten das Bundesfinanzministerium auch gefragt, ob so eine mögliche inhaltliche Prüfpflicht nach dem Wirecard-Skandal bei Olaf Scholz überhaupt ein Thema war. Dazu gab es vom Ministerium keinerlei Auskunft. Hier die Antwort des Ministeriums an uns:

„Der gesetzliche Prüfungsmaßstab hinsichtlich der Prospektpflicht für Wertpapiere ergibt sich aus der unmittelbar geltenden EU-Prospektverordnung. Diese beschränkt die Prüfungskompetenz der nationalen Aufsichtsbehörden auf die Prüfung über Vollständigkeit, Verständlichkeit und Kohärenz der im Prospekt enthaltenen Informationen. Ein Abweichen von diesem verbindlichen Prüfungsmaßstab im Sinne einer materiellen Prüfpflicht für Wertpapiere, die in den Anwendungsbereich der EU-Prospektverordnung fallen, ist auf nationaler Ebene nicht möglich.

Nationaler Gestaltungsspielraum besteht im Hinblick auf die Prüfung der Prospekte von Vermögensanlagen. Mit dem kürzlich verabschiedeten Gesetz zur weiteren Stärkung des Anlegerschutzes wird die Möglichkeit eingeführt, Prospektprüfungsverfahren von Vermögensanlagen bei Durchführung eines Produktinterventionsverfahrens auszusetzen. Danach kann die BaFin bei Vermögensanlagen bei welchen wegen Anlegerschutzbedenken eine vertiefte Prüfung der Voraussetzungen für die Verhängung eines Produktverbots erforderlich erscheint, diese ohne Bindung an die Billigungsfrist für Vermögensanlageprospekte vorzunehmen. So wird verhindert, dass Prospekte von Vermögensanlagen gebilligt werden, bei denen bereits im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen der Billigung Anlegerschutzbedenken entstehen, bevor eine vertiefte Prüfung erfolgen konnte. Wird ein Vertriebsverbot verhängt, schließt dies eine Prospektbilligung aus.“



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