Wir hatten die heute sehr schwach vermeldeten US-Arbeitsmarktdaten schon etwas genauer analysiert. Nach Berücksichtigung von Sondereffekten wirkten die Daten nicht mehr ganz so katastrophal, aber immer noch schwach. Aber waren sie in Wirklichkeit noch viel besser? Diese Frage ist für den gesamten Kapitalmarkt von größter Wichtigkeit. Denn die Federal Reserve hat in den letzten Wochen klar betont, dass diese monatlichen Arbeitsmarktdaten essenziell wichtig sind für die Frage, ob man demnächst mit den schrittweise Reduzierung der Anleihekäufe (Tapering) beginnen wird.
Je stärker die Daten ausfallen, desto größer ist logischerweise die Wahrscheinlichkeit für ein baldiges Tapering. Denn viele neue Jobs bedeuten eine stärkere US-Wirtschaft, und mit einem Straffen der Geldpolitik bremst man den Inflationsdruck ab. Aber kommen wir nun zur frisch veröffentlichten Analyse von Dr. Christoph Balz, Senior Economicst bei der Commerzbank. Er hat sich die aktuellsten US-Daten ganz genau angeschaut, und hat hochinteressante Details gefunden, die das Bild verzerren.
Verschiedene Faktoren verzerren das Bild
Eine offizielle Zahl von nur 194.000 neuen Stellen sieht schwach aus bei Erwartungen von 500.000. Auf den ersten Blick enttäuscht der Beschäftigungsaufbau laut Dr. Christoph Balz spürbar. Allerdings habe es einen Sondereffekt im Bildungssektor gegeben (den hatten wir schon erwähnt im vorigen Artikel). Normalerweise stelle der Staat im September zu Schuljahresbeginn mehr als 1 Million Lehrer neu ein. Diesmal waren es wegen Corona etwas weniger. Weil aber bei der Saisonbereinigung das übliche Muster unterstellt wurde, sank dort die saisonbereinigte Beschäftigung um 161.000. Dieser Rückgang verdeckt laut Dr. Christoph Balz somit, dass im privaten Sektor die Beschäftigung um sehr ordentliche 317.000 gestiegen ist.
Außerdem seien die Zuwächse im Juli und im August um insgesamt 169.000 neue Stellen nach oben revidiert worden. Damit habe sich die Tendenz der letzten Monate fortgesetzt, dass die Beschäftigung in den USA deutlich stärker stieg als zunächst ausgewiesen. In ähnlicher Weise könne auch noch der Septemberwert noch nach oben angepasst werden.
Gleichzeitig hat laut Dr. Christoph Balz wohl auch ein begrenztes Arbeitsangebot verhindert, dass im September mehr Stellen entstanden sind. So haben sich erneut fast 200.000 Arbeitnehmer in den USA vom Arbeitsmarkt zurückgezogen, was zu dem deutlichen Rückgang der Arbeitslosenquote beigetragen hat (4,8 Prozent nach 5,2 Prozent im August).
Hohe Chance für baldigen Start des Tapering
Dr. Christoph Balz spricht als Schlussfolgerung für das anstehende Tapering durch die Fed die letzte Pressekonferenz mit Jerome Powell vom 22. September an. Da sei er gefragt worden, wie der September-Arbeitsmarktbericht ausfallen müsste, damit die Kriterien der Fed für eine Rückführung der Anleihenkäufe (Tapering) erfüllt würden. Es bräuchte keinen großartigen, superstarken Arbeitsmarktbericht, so Powell. Es bräuchte einen einigermaßen guten Arbeitsmarktbericht, damit er das Gefühl habe, dass dieser Test erfüllt ist. Großartig beziehungsweise superstark waren die heutigen US-Arbeitsmarktdaten laut Dr. Christoph Balz wirklich nicht, aber „einigermaßen gut“ – zumindest unter Berücksichtigung der erwähnten Sondereffekte. Damit würden weiterhin gute Chancen bestehen, dass die Fed auf ihrer Sitzung Anfang November beschließt das Tapering zu starten.
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„Gleichzeitig hat laut Dr. Christoph Balz wohl auch ein begrenztes Arbeitsangebot verhindert…..“, In welchem Jahrtausend lebt den Dr. Balz? 😂
Gute Arbeit der US Behörden die Zahlen nach unten zu manipulieren, in 4 Wochen interessieren keinen mehr die korrigierten Zahlen von September.
Den USA steht das Wasser bis zum Hals.
Da ist die Comerzbank wohl fett long in Staatsanleihen investiert, freute sich auf höhere Zinsen und dann der Jobreport.
Ich denke das Wort „TAPERN“ wird das Unwort des Jahres 2021 – 2023 in US. oder doch „TRANSETORY“ und jetzt soll der arme Analyst die Kuh vom zerren…
„freute sich auf höhere Zinsen“?….dann sollte man short Staatsanleihen sein.
Mit der Drohgebärde des Beginns des Tapering werden wir so etwas von verarscht. Merkt dies niemand.?Wir werden sehen was passiert, wenn das Tapering tatsächlich realisiert werden wird. Dieses gegenwärtige System verdrägt null Liquiditätsentzug. Null, Null! Sollte tatsächlich „getapert“ werden, wird dies alsbald kassiert werden MÜSSEN. Ich kann mich noch sehr gut an die Jahre 2007 bis Mitte 2008 erinnern, wo die FED die Zinsen erhöht hat. Für mich damals schon nur „Kopfschüttel“. Man versucht gegenwärtig das System solange wie möglich noch zu halten. Wesentlicher Aktionsparameter: „Geschicktes VERBALES argumentieren.“ Nicht mehr und nicht weniger.
Hallo zusammen, zunächst an Herrn Kummerfeld vielen Dank. Ihre Analysen sind für mich immer inspirierend. Insgesamt machen Sie/sie (also FMW) einen tollen Job.
Gut, in der Analyse ist die „Innensicht“ thematisiert. Doch diese hängt auch an externen Faktoren. Und da mache ich es mir vielleicht zu einfach: Entscheidend wird doch die Entwicklung in China sein. Aktuell will bzw. muss China ihre Mittelschicht stärken. Dies kann nur dann gelingen, wenn der Binnenmarkt wächst und die Export nicht mehr auf Dumpinglöhnen basieren. Letztendlich haben die USA und EU auf der Grundlage dieser Dumpinglöhne ihr Wachstum realisiert. Da sich China evt. an dieser Schuldenspirale „verschlucken“ wird (Evergrande lässt grüßen), stellt sich schon die Frage , welche Auswirkungen dies letztlich auf den US-Arbeitsmarkt haben wird. Wahrscheinlich werden sowohl die USA als auch EU einen Gang zurück zu schalten haben, was für Viele toll klingen mag, aber zu erheblichen Friktionen führen wird.
Das Fed-Tapering wird derzeit im Markt eingepreist. Wirr des verkündet passiert gar nichts. Man kann sich so langsam auf die Jahresendrally vorbereiten. Alles andere sind feuchte Bärenträume.
Mein feuchter Bärentraum: Der Jahresendrohrkrepierer! ;-)
Doch Tapering, kein Tapering, Leute es nervt echt. Wenn wirklich Liquidität aus den Märkten gezogen wird, fallen die Börsen. Fallen die, wird sofort wieder gedruckt. Denn für die USA hängt da viel mehr dran als „Inflation“ oder „Arbeitslosigkeit“. Interessiert in den relevanten Kreisen ohnehin keine Sau. Da geht es längst um dem Status als Weltmacht.
Also wird weiter gedruckt. Ob da zwischendurch mal ein bisschen Pause simuliert wird ist vollkommen irrelevant. Abgesehen davon das der US Haushalt bis in die Unendlichkeit ein enormes strukturelles Defizit ausweist. Und da kommt er nicht runter ohne die staatliche Integrität zu gefährden. Wo wir wieder beim Status als Weltmacht sind.
Lieber Pluto, schauen Sie doch einfach nach China. Die haben erkannt, dass es so nicht weiter gehen kann. Die sind ausgesprochen rigide, was natürlich nicht in unser Weltbild passt. Doch mal ganz „ehrlich“, wie soll es denn weitergehen? Unbegrenzte Schulden, wird selbst den Menschen nicht gut tun, schon die aktuell Kurzarbeit führt zu erheblicher Produktivitätssenkung, das wird kein Spaß werden in den nächsten Jahren. Gleichzeitig wollen Alle das die Sozialunterstützungen immer mehr steigen. Ich finde da die aktuelle chin. Vorgehensweise wesentlich ehrlicher – lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende…
Hallo Peter, ich hoffe, ich bin richtig verstanden worden. Natürlich kann es so nicht wirtschaftlich sinnvoll weitergehen. Aber die
Notenbanken verstehen mit allen Tricks die Agonie zu verlängern. Wie lange die das können, weiß man nicht. Sehr viele Ökonomen mit Rang und Namen haben die Notenbanken vor allem seit 2007/8 völlig unterschätzt. Darum lagen auch so viele „Untergangspropheten“ daneben. Japan hat uns die Streckung vorgemacht. Zur Zeit geht es der FED vor allem darum, das Fieberthermometer Gold zu deckeln solange es geht. Mit der permanenten Drohung auf der Grundlage der Arbeitsmarktdaten (nicht mehr Zinsen!) mit dem Tapering zu beginnen gelingt dies m.E. schon fast genial. Nur wenige durchschauen diese Finte. Ich weiß nicht, ob Herrn Fugmann dies bewusst ist? Auch halfen die Notenbankmassnahmen während der Pandemie viele Banken und das System vorübergehend zu stabilisieren. Auch schon fast genial. Fazit: Alle wissen, dass es auf Dauer so nicht weitergehen kann. Die wirklich klassischen und zielführenden Aktionsparameter der Notenbanken sind faktisch erschöpft, die Finten wahrscheinlich NOCH LANGE NICHT. Es geht nur noch um ZEITGEWINN. Exurs: Mit China möchte ich mich hier nicht weiter auseinandersetzen.
Hoffnung auf Revision nach oben, Sondereffekte, Saisonbereinigung, so kann man eindeutige, harte Zahlen und Fakten wunderbar schön reden und ins Gegenteil drehen. Das erinnert an Alice Weidel nach der Wahl, die sich die „Ergebnisse nicht schlecht reden lassen“ wollte und ebenfalls auf irgendwelche Basiseffekte verwies 🙈😂
Peter hat’s erkannt, unsere Profis merken noch nicht,dass alternativloses einseitiges Investieren ohne Zweifel zum Kollaps führen muss.Ohne nach dem Immobiliendebakel der Amis in 2009 und jetzt in China etwas zu lernen, meinen jetzt viele das gleiche Spiel sollte mit Aktien funktionieren und erwarten schon eher eine Endjahresrally als eine Korrektur.
Ja der Westen fährt mit 200 km/ h gegen die Wand und die Chinesen peilen mit Normaltempo ihr Langfristziel an.
Sehe es grundsätzlich auch so. Aber es ist halt einfache Mathematik, dass bei Nullzinsen und real Minuszinsen Aktien (und auch Immos sowie eigentlich auch Gold) steigen müssen. Bis zu einem gewissen Punkt. Es geht halt schon lange so, weil die USA sich keinen Aktiencrash mehr leisten können. Und diejenigen, die in den letzten 15 Jahren dies erkannt haben, waren einfach auf der Gewinnerseite. Ich stimme zu, dies wird eines Tages sehr schnell enden. Daher ist einseitiges Investieren in Aktien Stand jetzt „lebensgefährlich“. Die USA und der Westen kann man bei Studium gut einschätzen (nicht vom Timing wegen den Notenbanken), China wird sicherlich seinen klar vorgegebenen Weg machen und sich durch nichts aufhalten lassen. Dies haben schon viele erkannt!
Zum Glück ist die Basis beim Scholzomat so tief, dass man nichts Schlechtes über ihn sagen kann.
Der nächste grosse Irrtum nach dem Verharmlosen der Inflation werden die fallenden Firmengewinne sein.Hat man bisher mit immer steigenden Gewinnen gerechnet ( konnte ich nie verstehen ) so werden die kommende Stagflation und die steigenden KGV´s die Alternativlosigkeit von hochgepushten Aktien auf hohem Niveau mindestens mittelfristig ( bis nach einer Korrektur) wieder in Frage stellen.Ob die Manager, die die missliche Lage aus nächster Nähe erleben, ihre immer erwähnten Aktienrückkäufe jetzt ausführen werden, ist zu hinterfragen.Wenn sie im Sinne der Firma arbeiten, müssten auch sie wie jeder andere Anleger zuerst eine Korrektur abwarten.
@ Pluto, Nullzinsen und viel Liquidität reichen nicht für immer noch höhere Aktienkurse, die jetzigen Kurse wurden durch immer steigende Liquidität gepusht. ( Der Süchtige braucht immer mehr davon) Leicht fallende Liqiudität ( Tapering) und leicht höhere Zinsen können das Kartenhaus einbrechen lassen.( SCHMETTERLINGSEFFEKT)