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Banken in Europa: Im Blindflug in die Katastrophe

Hochhäuser von Banken in Frankfurt

Das Thema ist bekannt, und wurde von uns in den letzten Monaten diverser Male besprochen. Je schlechter es der Wirtschaft geht in Corona-Zeiten, desto mehr Unternehmens- und Verbraucherpleiten drohen. Und in dessen Folge drohen den Banken gigantische Kreditausfälle. Diese Verluste müssten die Banken aus ihrem Eigenkapital ausgleichen. Bei stark schrumpfendem Eigenkapital würde aber kaum noch etwas übrig bleiben, was man als Sicherheitspolster für die Vergabe neuer Kredite nutzen könnte. Und zack, die von Markus Krall so oft beschworene Kreditklemme wäre da.

Heute hat die Commerzbank ihre Quartalszahlen veröffentlicht. Und siehe da, man spricht von einem Anteil der Problemkredite von gerade mal 0,9 Prozent. Geht man danach, ist die Welt doch rosa rot und alles in bester Ordnung? Nun, bis Ende September (also genau das Ende des 3. Quartals) konnten Banken in der EU von einer Corona-Regelung Gebrauch machen, nämlich dass sie gestundete Kredite nicht als ausgefallen verbuchen müssen, und folglich auch nicht abschreiben müssen. Folglich wäre auch keine Reduzierung des Eigenkapitals nötig.

Also weiß aktuell der außenstehende Beobachter der Finanzbranche nicht wirklich, wie schlecht die Lage bei den Banken tatsächlich ist. Aber wenn es jemand wissen müsste und sollte, dann doch bitteschön die EBA, die Europäische Bankenaufsichtsbehörde, die genau für sowas zuständig ist, nämlich die Kontrolle großer Banken in Europa, damit es keinen systemischen Crash gibt oder ähnliche Beinahe-Crashs wie 2008.

EBA hofft das beste für die Banken

Und was hört man heute von der EBA? Ihr Chef Andrea Enria hat heute der belgischen „L’Echo“ ein Interview gegeben genau zu diesem Themenkomplex. Wie stehen die europäischen Banken da in der Coronakrise? Unfassbar, so darf man es wohl ausdrücken, was da gesagt wird von diesem obersten Bankenaufseher in der EU. Wann sich die schlechte Entwicklung der Kredite in den Büchern der Banken zeige und wie schwerwiegend das Problem sein werde, das lasse sich laut Andrea Enria nicht vorhersagen. Aber die Kreditrisiken seien gerade dabei sich zu verschlechtern. Man müsse sich auf die Auswirkungen gefasst machen und sein Bestes tun, um das Finanzsystem durch diese schwierige Zeit zu manövrieren, so Andrea Enria.

Aber müsste nicht gerade seine Behörde gerade jetzt dieser Tage aktiv in die Bücher der Banken schauen und erkennen, wie schlimm die Lage jetzt bereits ist? Aber nein, das Motto lautet wohl eher „Wir hoffen das Beste, wird schon werden, alle fest anschnallen“. Denn so sagt der EBA-Chef im Interview auch, dass die Banken auf das Beste hoffen könnten. Sie sollten sich aber auf das Schlimmste vorbereiten. Andrea Enria spricht auch davon, dass der Anstieg der Schrottkredite (NPL oder Non Performing Loans) in den Bilanzen der Banken ein Problem werden könne. Er spricht von einem erheblichen Umfang an NPL bei den negativsten Schätzungen.

Es könne sogar soweit gehen, dass das Eigenkapital so weit angegriffen werde, dass die Banken keine neuen Kredite mehr vergeben könnten, um die Wirtschaft zu unterstützen. Tja, der gute Herr Enria spricht von Hoffen, Schätzungen und der Nicht-Vorhersagbarkeit des Problemumfangs. Aber genau dies ist doch seine Aufgabe. Schauen seine Mitarbeiter überhaupt in die Kreditportfolios der Banken und prüfen die Werthaltigkeit einzelner Kredite? Oder verlässt man sich nur auf die vorgelegten Berichte der Banken? Gerade jetzt wäre die exakte Risikoprüfung doch genau die Aufgabe von Andrea Enria. Aber stattdessen spielt er Rätselraten.



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3 Kommentare

  1. Er wird sich auch kaum hinstellen und sagen, dass der aktuelle Zustand miserabel ist und wir in eine Katastrophe steuern. So wird man es wie 2008 bis zum letzten Moment geheim halten.

  2. Alles kein Problem: Notfalls wird die Kredit-Stundung verlängert, und wenn das nicht ausreichen sollte, wird der Kredit-Schrott halt von der EZB aufgekauft. Also alles weiterhin rosarot! ;-) Nur sollte man dabei den Schlüsselsatz im Hinterkopf behalten: „Man gibt Schrott rein, und bekommt Schrott wieder raus…“

  3. Zitat aus obigem Artikel:

    „Nun, bis Ende September (also genau das Ende des 3. Quartals) konnten Banken in der EU von einer Corona-Regelung Gebrauch machen, nämlich dass sie gestundete Kredite nicht als ausgefallen verbuchen müssen, und folglich auch nicht abschreiben müssen. Folglich wäre auch keine Reduzierung des Eigenkapitals nötig.“

    Meine Frage:
    Müsste das nicht heißen?:
    Folglich wäre auch keine Erhöhung des Eigenkapitals nötig.

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