FMW-Redaktion
„In Finnland wird ab 2017 endlich ein Bedingungsloses Grundeinkommen eingeführt“, so kann man es seit Kurzem auf Facebook und Co an vielen Stellen lesen. Der Eindruck täuscht aber. Die Headline ist doch allzu verführerisch nach dem Motto „die dort im Norden setzen es endlich um“. Bitte nicht zu früh freuen, denn es handelt sich dort nur um ein sehr kurzes und sehr kleines Experiment, das den Kriterien eine bedingungslosen Grundeinkommens wohl auch kaum gerecht wird.
Protest für ein Bedingungsloses Grundeinkommen in der Schweiz 2013. Foto: Stefan Bohrer / Gemeinfrei
Eine seit letztem Jahr tätige Arbeitsgruppe hatte am 30. März der finnischen Regierung ihre Vorschläge für ein Bedingungsloses Grundeinkommen für Finnland überreicht, da dies eines der großen Projekte der aktuellen finnischen Regierung ist. Verschiedene Varianten wurden durchgespielt und angeboten – dabei scheint man wohl nun der Meinung zu sein, dass ein klassisches Bedingungsloses Grundeinkommen nicht finanzierbar ist.
Stattdessen ist es nach aktuellstem Stand am Wahrscheinlichsten, dass man in Finnland wohl im Herbst beschließen wird für die Jahre 2017 und 2018 ein Experiment durchführen, an dem 10.000 „Probanden“ aus zwei Bevölkerungsgruppen gezwungenermaßen teilnehmen sollen. Eine Gruppe von Personen soll den klassischen Querschnitt der finnischen Bevölkerung nachbilden – die andere Gruppe soll wohl vermutlich aus Menschen bestehen, die derzeit von Sozialleistungen leben. Die Höhe dieses Grundeinkommens wird vermutlich zwischen 550 und 800 Euro liegen – nicht viel für ein Leben in einem Land wie Finnland! Mit dieser Zahlung, so darf man die Rohentwürfe der im Herbst zu verabschiedenden Entwürfe wohl verstehen, würden dann bestehende Sozialleistungen ersetzt.
Man darf vermuten, dass die Regierung mit diesem Testballon zwei Dinge testen will. Erstens: Werden bisherige Sozialhilfeempfänger mit der Sicherheit eines Bedingungslosen Grundeikommens, das bei Arbeitsaufnahme nicht mehr gekürzt wird, motiviert sich z.B. einen Teilzeitjob zu suchen? Damit könnten diese bisherigen Sozialhilfeempfänger ihren Lebensstandard erhöhen und in den Arbeitsmarkt eintreten. Zweitens: Versteht man die Andeutungen von Offiziellen richtig, soll der Testballon mit dem Durchschnitt der Bevölkerung wohl Gewissheit bringen, ob sich bisher in Lohn und Brot stehende Menschen aus der Arbeitswelt verabschieden und auf ihrem Einkommen, das ja an keine Bedingung geknüpft ist, ausruhen.
Wir glauben: Bei 550-800 Euro wird das wohl kaum passieren. Interessant wäre, was bei größeren Summen von z.B. 1.500 Euro pro Monat ohne daran geknüpfte Bedingung passieren würde. Wäre dann so mancher Geringverdiener in Versuchung sich aus dem Arbeitsleben zurückzuziehen? 2019 jedenfalls will die Regierung dann ein Fazit des Experiments ziehen. Aber ist ein Zeitraum von 2 Jahren nicht viel zu kurz für eine Betrachtung der Auswirkungen? Und sind maximal 800 Euro nicht zu gering? Es wirkt fast so, als ersetze man hier lediglich eh schon vorhandene Sozialleistungen durch eine Pauschale.
Der Leiter der Projektgruppe der finnischen Sozialversicherung Olli Kangas, der seinen Vorabbericht präsentierte, sagte das Ziel bestehe darin Arbeitslosen die Angst zu nehmen, dass sie mit der Aufnahme einer Teilzeitarbeit oder schlecht bezahlten Arbeit Sozialleistungen verlieren, weshalb sie bisher auf Arbeit verzichteten. Anscheinend wird wohl im Herbst diese Light-Variante in einem Mini-Format beschlossen werden für Finnland. Ein kleines Experiment, dass man wohl kaum mit der Überschrift „Bedingungsloses Grundeinkommen“ versehen sollte.
Aber am 5. Juni gibt es ja in der Schweiz eine Abstimmung für ein richtiges Bedingungsloses Grundeinkommen. Die Umfragen zeigen aber, dass wohl eine klare Mehrheit der Bevölkerung dagegen votieren wird.
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Das Grundeinkommen kann – schon auf bescheidener Basis – dem Hunger in der Welt wirksam begegnen. Denn die Menschen brauchen nicht als Erstes ein politisches System, freie Wahlen oder soziale Marktwirtschaft, sondern das Nötigste zum Überleben. Ob durch Gebühren auf Finanztransaktionen oder andere Abgaben – es ließe sich problemlos weltweit finanzieren.
http://bgekoeln.de/projekte/index.html