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Belarus: Lukaschenko ist eine Belastung für die Wettbewerbsfähigkeit des Landes

Unternehmen verlassen Belarus, das Ausland wirbt aktiv um belarusische Fachkräfte und Unternehmen, es gibt keine Kredite mehr für Privatpersonen – und jetzt „verhängt“ der illegitime Präsident Lukaschenko (Olaf Scholz nennt ihn einen „illegitimen Diktator“) auch noch eigene „Sanktionen“ gegen die EU. Damit schwächt er die ohnehin geringe Wettbewerbsfähigkeit der belarusischen Unternehmen zusätzlich und bindet das Land noch stärker an Russland. Die seit Jahren verfolgte Diversifizierungsstrategie ist damit Geschichte.

Der selbst ernannte Präsident Lukaschenko will den bisher für Belarus sehr profitablen Export von EU-Nahrungsmitteln nach Russland mit Zwischenstation in Belarus verbieten. Russland hatte den Import von Nahrungsmitteln in Reaktion auf EU-Sanktionen im Zusammenhang mit der Krim-Annektion untersagt. Daraufhin entstand in Belarus eine rege „Umpack“-Industrie, die EU-Lebensmittel als belarusisch umlabelte und nach Russland verkaufte. Russland fordert seit Jahren, dass Belarus dem ein Ende setzt. Lukaschenko kommt dem nun nach, was das Land auch von den dabei erzielbaren Deviseneinnahmen abschneidet.

Lukaschenko will die Exporte nur noch über Russland abwickeln

Zudem will Lukaschenko sämtliche Warenströme, die bisher über litauische Häfen abgewickelt wurden, über russische Häfen laufen lassen. Laut Lukaschenko koste das Litauen 30% ihres Staatshaushaltes. In der Tat wickelten die beiden belarusischen Export-Riesen Belaruskali bisher 90% und Grodno Azot 100% ihrer Exporte über litauische Häfen ab. Darum erwarb Belaruskali auch 30% der Aktien des Betreibers des Hafens von Klaipeda.

Belarus schneidet sich hier gleich dreifach ins eigene Fleisch:

1. Die Transportkosten über Russland werden bedeutend höher sein
2. Der Aktienanteil, den das staatliche Unternehmen am litauischen Hafen hält, wird weniger wert sein
3. Man bindet sich noch stärker an Russland und gibt damit die in den vergangenen Jahren so krampfhaft gesuchte Diversifizierung des Außenhandels komplett auf

Dass Litauen 30% der Einnahmen des Staatshaushalts verlieren wird, dürfte übrigens gelogen sein. 2019 machte der Hafen von Klaipeda, der größte in Litauen, nur 64 Millionen Euro Umsatz – nicht etwa Gewinn. Der Staatshaushalt umfasst hingegen 11,5 Milliarden Euro. Die Sanktionen gegen Litauen werden also ein Problem für den Hafen und Belarus werden, weniger jedoch für Litauen insgesamt.

Belarus‘ IT-Industrie flüchtet aus Minsk

Ganz ohne Sanktionen haben die vergangenen drei Wochen spürbare Auswirkungen auf die wichtigste Wachstumsbranche des Landes: die IT-Industrie. Die immer wieder vorkommenden Internetsperren in den vergangenen Wochen, die unbegründeten Büro-Durchsuchungen bei Yandex und Uber sowie die zufälligen Verhaftungen von Mitarbeitern auf der Straße bewogen inzwischen ein gutes Dutzend Unternehmen aus dem Hightech Park Minsk, das Land zu verlassen. Andere, wie Viber, kündigten bereits einen Investitionsstopp an.

Für Belarus war der Hightech-Park ein Leuchtturm-Projekt und voller Erfolg. Der Park schuf eine neue Mittelklasse im Land, die weit überdurchschnittliche Gehälter bezog und das Wachstum der Service-Exportindustrie anführte. Hunderte Unternehmen mit mehr als 30.000 in der Regel sehr gut bezahlten Mitarbeitern siedelten sich in Minsk an und exportierten IT-Dienstleistungen in Milliardenhöhe. Das Wachstum betrug 20% bis 40% pro Jahr. Vor allem aber waren das Wachstum und die Exporteinnahmen praktisch unabhängig von Russland. Nur 7% der IT-Exporte gingen in die ehemaligen Sowjet-Staaten. Bei den Warenexporten sieht es anders aus. Maschinen werden hauptsächlich in die ehemaligen Sowjetstaaten exportiert und die Ölexporte hängen an Russlands Tropf. Ohne billiges russisches Öl hätten die belarusischen Raffinerien wenig zu exportieren.

Der Gründer des Hightech-Parks war übrigens einer der Präsidentschaftskandidaten in diesem Jahr und flüchtete nach der Verhaftung zweier anderer Kandidaten aus Belarus.

Lettland, Litauen und Polen werben um Unternehmen und Arbeitskräfte aus Belarus

Belarus‘ Anrainer werben übrigens inzwischen aktiv um belarusische Unternehmen und Menschen. In Lettland wurde vom Staat ein eigenes Team gegründet, das belarusischen Unternehmen bei der Umsiedlung nach Lettland hilft. Litauen und Polen vergeben unkompliziert Visa an Belarusen. Mit der Karta Polaka wirbt Polen ohnehin seit Jahren um belarusische Arbeitnehmer. Eine recht freizügige Definition von polnischer Abstammung ermöglicht zahllosen Belarusen den Erhalt der Karta Polaka, mit der sie anschließend in die EU reisen und in Polen frei arbeiten oder studieren können. Der Brain Drain ist bereits im vollen Gange und wird die belarusische Wettbewerbsfähigkeit unterminieren, solange Lukaschenko an der Macht ist.

Belarus Präsident Lukaschenko jüngst im Moskau
Präsident Lukaschenko links im Bild. Foto: kremlin.ru CC BY 4.0



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1 Kommentar

  1. Lukaschenko will sich vielleicht mit Putin in ein paar Wochen treffen. Sieht nicht so aus, wenn der gute Kontakte nach Russland hat. Vielleicht hat auch Russland den Import von Lebensmitteln und anderen Gütern, die sicher zum größten Teil aus der West EU kamen gestoppt. Dann dürfte mit Lukaschenko nicht mehr viel gehen und ohne den noch viel weniger. Das EU Russland Geschäft dürfte nicht einfacher werden. Die Russischen Rohstoff Exporte sollen eingebrochen sein. Vielleicht war das der Grund der Probleme, die man mit einen Umsturz lösen wollte. Muss die EZB einfach ein wenig mehr Geld drucken.

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