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Betriebsrenten – Nullzinsen sind tickende Zeitbombe

In einer Phase, in der Baby-Boomer in Industriestaaten vor der großen Pensionierungswelle stehen, treiben die Notenbanken die Zinsen ins Absurde

Die Nullzinspolitik der EZB stellt eine akute Gefahr für die Betriebsrenten dar!

Das Problem der Nullzinsen für Sparer, bei gleichzeitigem Kaufkraftschwund infolge der Inflation, ist ein ständiges Tagesthema in den Wirtschaftsmedien. Die DekaBank berechnete bei der Summe von 2,23 Billionen Euro (laut Bundesbank) auf deutschen Geldkonten jüngst einen durchschnittlichen Wertverlust von 404 Euro pro Bürger, jährlich.

Die Schwierigkeiten für das Alter anzusparen – wenn man dies am Anleihe- und Geldmarkt erreichen möchte, genauso wie das Ansparen für den Eigenkapitalanteil bei der Aufnahme eines Immobilienkredits – dies alles sind unmittelbare Folgen der EZB-Politik. Aber es trifft auch viele Kapitalsammelstellen wie Versicherer, die aus gesetzlichen Gründen an den Bondmärkten anlegen müssen. Betroffen sind aber auch große Firmen, die bei ihren Betriebsrenten große Pensionsverpflichtungen eingegangen sind. Das wird aus aktuellen Zahlen deutlich.

 

Betriebsrenten – eine tickende Zeitbombe für die Beschäftigten

Es sind zwei Entwicklungen, die das Rentensystem parallel ins Wanken bringen: Die steigende Lebenserwartung der Menschen und das „herabmanipulierte“ Zinsniveau auf den Geldmärkten, zu dessem Hintergrund hier schon viel geschrieben wurde – Stichwort finanzielle Repression. So schön die Zunahme der Lebenszeit ist – seit über 150 Jahren beträgt diese gut zwei Jahre (ziemlich konstant) nach einer Dekade – so problematisch wird das für Arbeitsmärkte und Pensionszusagen. Ausgerechnet in einer Phase, in der die Baby-Boomer in den Industriestaaten vor der großen Pensionierungswelle stehen, treiben die Notenbanken die Anlagezinsen ins Absurde. Ein paar Zahlen zu den großen Zukunftsverpflichtungen:

In den USA belaufen sich die ungedeckten Rentenzusagen der Firmen auf derzeit 560 Milliarden Dollar.
Der älteste Dow Jones-Konzern, General Electric, hatte bereits Ende 2018 eine Rentenlücke von 22 Milliarden Dollar und zog letzte Woche die Konsequenzen. Man fror die Betriebsrenten von 20 000 Angestellten ein und machte 10000 Pensionären ein Angebot einer einmaligen Auszahlung.

In Deutschland beträgt die Finanzierungslücke der Konzerne bei Betriebsrenten circa 111 Milliarden Euro (laut Studien: Flossbach von Storch, Willis Watsons Tower).

 

Die Sorgen der Dax-Konzerne

Noch scheinen die Dax-Konzerne ihre Verpflichtungen bei den Betriebsrenten im Griff zu haben. Sinkende Zinsen an den Kapitalmärkten werden aber aufgrund der vorgegebenen Bewertungsvorschriften zu höheren Pensionsverpflichtungen in den Bilanzen führen.

Aber die Firmen mussten mit dem angelegten Pensionsvermögen bereits 2018 einen satten Rückschlag verkraften. Man ging von einem Gewinn von 5,2 Milliarden Euro aus – es wurde ein Verlust von 4,4 Milliarden Euro, denn die Schwäche der  Aktienentwicklung im letzten Jahr konnte durch die erodierenden Anleihezinsen nicht kompensiert werden. 2019 ging die Zinstalfahrt bekanntlich so richtig weiter. Die Pensionsverpflichtungen sind zwar durch Vermögenswerte gedeckt, stehen aber wie Schulden in der Bilanz. Eine Belastung für die Unternehmensergebnisse, da die Zinsen weiter fallen (auch durch das Auslaufen von Langläufern, wie die 10-jährige Bunds) und ein Ende der Zinsbaisse nicht in Sicht ist.

Eine Berechnung der Unternehmensberatung Willis Towers Watson hat ergeben, dass die Verpflichtungen um 56 Milliarden Euro steigen, wenn die Verzinsung um einen Prozentpunkt fällt. Allein 2019 entstand durch diesen Effekt eine Pensionslücke von circa 40 Milliarden Euro bei den Dax-Unternehmen. Zwar gibt es verschiedene Modelle bei den Betriebsrenten (Pensionsfonds, Direktversicherung u.a.), aber die Problemstellung bleibt dieselbe.

Dazu ein paar Beispiele aus dem Dax:

In einer Reihung der Pensionsverpflichtungen im Dax steht Volkswagen an erster Stelle. Der Automobilkonzern weist eine Lücke von 33 Milliarden Euro auf (Zusagen 43,0 Mrd minus Anlagen von 10,9 Mrd.). Danach folgen Allianz mit 8,9 Milliarden, Bayer mit 8,4, BASF mit 7,4, Siemens bis hin zu SAP mit 0,1 Milliarden Euro.

 

Fazit – die Nullzinsen sind bei den Betriebsrenten angekommen!

Man kann es drehen und wenden, wie man will. Ein ganzes System in marktwirtschaftlich organisierten Gesellschaften ist über Jahrzehnte mittels positiver Kapitalmarktzinsen aufgebaut worden. Über Negativzinsen hat sich kein Finanzmathematiker, in welcher Institution auch immer, große Gedanken gemacht. Die derzeitige Situation ist ein Experiment der Notenbanken mit unbekanntem Ausgang. Jetzt ist das Thema auch bei den Betriebsrenten angekommen.

Der Ursprung ist die Verschuldung der Marktteilnehmer, von Staat, über Unternehmen bis zu den Konsumenten. Die Rechnung wird kommen, bezahlen werden wir alle – Steuerzahler, Sparer, Rentner, Aktionäre, aber auch Immobilienbesitzer werden ihren Teil hierzu leisten müssen. Große Schulden wurden bisher stets innerhalb eines langen Menschenlebens entwertet, genau wie Vermögen, durch Bankrott, typischerweise beginnend mit Banken-, Wirtschafts- und Währungskrise.

Zur Vermeidung von Unruhen könnte es aber auch auf einen jahrelangen schleichenden Enteignungsprozess hinauslaufen. Wie lange kann die zinslose Phase andauern?

 

Für Betriebsrenten sind die Nullzinsen eine tickende Zeitbombe



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3 Kommentare

  1. Pingback: Aktuelles vom 15.10.2019 | das-bewegt-die-welt.de

  2. Fazit: Die Beschissenen sind die Trump Wähler in den Werkstätten u.die Profiteure die Schonhabenden.
    Die Umverteilungsbombe wird irgendwann auch platzen obwohl gewisse Poster auch diese grässliche Information der FMW wieder als tendenziös bezeichnen werden.
    Jamie Dimon kritisiert diese Umverteilung auch, obwohl er jahrelang auf dieser wunderbaren Welle mitgeritten ist.

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