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Börse verrückt – Shortprodukte gefährlich wie selten

Ist die Börse verrückt? Es rattern reihenweise schlechte Konjunkturdaten über den Ticker, viele Börsianer positionieren sich mit Absicherungen oder gehen in Cash

Ist die Börse verrückt? Die letzten Wochen haben es immer wieder gezeigt: Es rattern reihenweise schlechte Konjunkturdaten über den Ticker, viele Börsianer positionieren sich mit Absicherungen oder gehen in Cash und was passiert? Urplötzlich taucht ein Trump-Tweet im Netz auf, der von substanziellen Fortschritten im Handelsstreit berichtet, die Kurse reagieren und die Shorts müssen eingedeckt werden.

Börse – Das ständige Geschäft mit den Erwartungen

Seit über eineinhalb Jahren führt US-Präsident Trump einen Handelsstreit mit China, der ohne Zweifel in vielen Punkten seine Berechtigung hat, aber in der Art der Umsetzung mehr als fragwürdig ist. Nach dem Motto „Tit for Tat“ („wie du mir so ich dir“) schraubt der Präsident die Zollforderungen ständig in die Höhe, in der festen Überzeugung, man habe ja viel weniger zu verlieren als das Gegenüber, schließlich betrügen deren Exporte ein Vielfaches der Amerikaner.

So schaukelte sich das Ganze in immer höhere Dimensionen, weil Trump ständig mit der Aufgabe der Chinesen rechnete: „We ˋll tax the hell out of China, until we reach a deal!“ Die Weltwirtschaft litt und leidet immer stärker unter dem Konflikt und auch in den USA beginnt die Börse immer heftiger auf die Drohungen zu reagieren.

Die Chinesen haben mit ihrer Taktik der Nadelstiche die Schwachpunkte des Präsidenten erkannt. Die US-Landwirtschaft (Trumps Stammwähler im mittleren Westen), die verwundbare Hightech-Industrie (allen voran Apple), der überaus dominierende Aktienmarkt (die Wohlstandsillusion der Amerikaner) und natürlich die Wahlen im November 2020.

Letzteres kristallisiert sich immer deutlicher heraus und wird von vielen als entscheidender Punkt in nächster Zeit anerkannt. Man stelle sich vor, Donald Trump würde durch seine Eskalationen seine Wiederwahl infrage stellen. Er, der sich als größter und erfolgreichster US Präsident aller Zeiten sieht, ausgerechnet ihm sollte keine zweite Amtszeit vergönnt bleiben. Eine unvorstellbare Niederlage in der Karriere Donald Trumps, gegen die selbst eine Casino-Pleite nur eine Petitesse wäre.

Deshalb wird er alles unternehmen, um dies zu verhindern. Da er vor seinen Wählern getönt hat: „ Am Stand des Dow Jones sollt ihr meinen Erfolg messen!“, reagiert er außergewöhnlich rasch auf Kurseinbrüche, die im Zusammenhang mit dem Handelsstreit stehen und er postet nicht selten in Windeseile eine Twitternachricht, die von Fortschritten in den Handelsgesprächen berichtet. Da die wirtschaftlichen Indikatoren sich in letzter Zeit deutlicher eintrüben und der Widerstand der großen Unternehmenslenker in den USA immer größer wird, nimmt auch die Frequenz der Eskalationen und De-Eskalationen zu. Dies gilt auch im Hinblick auf die verbalen Attacken gegenüber seinem neuen Lieblingsfeind, Fed-Chef Jerome Powell.

Die Konsequenzen für die Anleger

Das Aktienjahr 2019 verlief kurstechnisch bisher angesichts des immer stärker eskalierenden Handelskriegs doch recht wenig volatil. Es gab in den USA bisher kaum Aktienkorrekturen über 5 %, obwohl es dafür doch jede Menge Anlässe gegeben hätte. Nach meiner Wahrnehmung gibt es hierfür einen großen Verantwortlichen: Donald Trump. Aus den oben genannten Gründen liegt ihm die Börse – und dabei ganz besonders der Dow Jones – am Herzen und er richtet seine wirtschaftlichen Aktionen sehr stark nach dessem Zustand aus.

Jedes Mal, wenn im Markt so etwas wie Angst oder Panik aufkommt, setzt er umgehend wieder auf das Prinzip Hoffnung. Und die Märkte reagieren sofort auf das Stichwort China-Deal, wie erst gestern um 16:10 Uhr, als der Dow Jones binnen zwei, drei Minuten um 100 Minuten in die Höhe sprang, als die (Falsch-)Meldung über eine mögliche Aussetzung der Chinazölle über die Ticker lief. Wieviel Stopps von Shorties werden in diesen Sekunden wohl wieder ausgelöst worden sein?

Fazit

Wann hatte es so etwas schon gegeben, dass ein US-Präsident mit seiner Politik (in Friedenszeiten), seinen Interviews und seinen Tweets die Börse so beeinflusst? Würde dies eine hochrangige Person aus der Wirtschaft tun, hätte diese sofort eine Untersuchung der Aufsichtsbehörden wegen Marktmanipulation zu erwarten. Seltsamerweise nutzt sich das Prozedere bei ständiger Wiederholung nicht wie sonst üblich ab, wenn sich die Anleger darauf einstellen. Es geht wahrscheinlich einfach um zu große Summen, im Wettstreit der Wirtschaftsnationen eins und zwei der Welt, in diesem Handelskrieg. So ist es zu erwarten, dass das Geschäft mit der Hoffnung und der Angst noch eine Weile so weitergeht.



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11 Kommentare

  1. Wenn man immer wieder Hoffnungen schürt und diese Hoffnungen dann aber stets unerfüllt bleiben, fangen sogar Kinder an, ihnen keinen Glauben mehr zu schenken. Nur Börsianern kann man unbegrenzt und immer wieder aufs Neue Hoffnungen machen, ohne sie je erfüllen zu müssen. Im ersten Fall ist es kindliche Naivität, im zweiten Dummheit.

    1. Tja, alles richtig. Aber sich dieser Dummheit entgegenzustellen, wäre noch dümmer. Man muss mit den Wölfen heulen.

  2. @ Hesterberg, das habe ich mir auch gedacht.Jeder Normalo mit gleichem Verhalten würde überhaupt nicht mehr ernst genommen.Ist jetzt der Börsen-Pusher so ein Genie, dass er es fertigbringt gleichzeitig die Wirtschaft eines Landes zu ruinieren u.die Börsen auf höchstem Niveau zu halten, oder sind die grossen
    Börsenkursbestimmer so naiv ? Wenn sich die Realität einmal durchsetzt, wird es lawinenartig gehen.
    Erinnern wir uns vielleicht an den Zinscrash / Bondspike vor wenigen Wochen ,wer hätte das so erwartet.
    War da nicht die Parole Tina Trumpf?

  3. Eine Nation,welche seit zig Jahren über ihre Verhältnisse lebt und 22,5 Billionen Dollar Schulden aufhäuft,muss natürlich einen Krieg beginnen um sich über die Beute des Verlierenden zu sanieren!Das war schon zu Zeiten des alten Rom so.Nur haben die Römer meist total unterlegene angegriffen,während Donald einen gleichwertigen Gegner niederringen will.Ich denke,das wird nicht gelingen und mit dem Untergang von Gods own Country wird auch der kommunistische(wg.EZB-Planwirtschaft)Westen untergehen.

    1. @Koch, ist es nicht vielleicht etwas übertrieben, die europäischen Staaten und deren Demokratien wegen der Zentralbankpolitik als Kommunismus zu bezeichnen? Was haben Zinssätze mit Planwirtschaft zu tun? Ich bin gerade etwas ratlos.

    2. Rom hat nicht nur unterlegene angegriffen und sind deswegen groß geworden. Sie haben ja auch nicht nur einfach mal so angegriffen, aus Spaß.
      Sie mußten sich wehren gegen die Einfälle der wilden Stämme oder großer Mächte von außen. So gegen Karthago, in Gallien gegen die Germanen und Skyten, die Perser usw. Nur waren sie eben politisch sehr geschickt (nicht solche Doofnasen wie heute), hatten einen guten Straßenbau, sodaß überall ein schnelles Eingreifen möglich war (spart Soldaten), und einen extrem festen Ziegelbau. Die Äquadukte und Gebäude (Pantheon) stehen heute noch und man kennt deren „Zement“-Rezept heute nicht.

  4. …auf allen Kanälen wird immer geschrieben dass die shortpositionen dafür sorgen das bei steigenden Kursen diese shortpositionen eingedeckt werden müssen und das den Anstieg noch verstärkt…das verstehe ich Grds. Aber müsste dann nicht auch beim Kauf einer Shortposition eine verstärkte Abwärtsbewegung eingeleitet werden, weil ja dann Verkäufe stattfinden?…

  5. @Beobachter
    Trump ist ganz sicher kein Genie, aber er nutzt eben die Gutgläubigkeit der Märkte immer wieder aus und erzählt ihnen, was sie hören wollen. Und wie Zimmermann oben richtig bemerkt, ist es noch dümmer, sich dieser Dummheit entgegenzustellen. Dazu wirkt TINA weiterhin und sogar immer stärker. Und all die „großen Börsenkursbestimmer“, die nicht ihr eigenes sondern das Geld fremder Leute verwalten, reiten den Gaul ohnehin solange, bis er tot umfällt.
    Schwere Zeiten also für vernunftgesteuerte Anleger, die wissen, dass der große Crash unaufhaltsam näher rückt und sich täglich aufs Neue darüber wundern, wie groß so manche Blasen doch werden können, bis sie endlich platzen.

  6. Insider des PPT Teams

    @Ranzentier, ihre Frage ist interessant u.nach längerem Überlegen meine ich die Lösung zu haben.Weil fast Alle an steigenden Kursen interessiert sind u.stark fallende Kurse eine Krise ( vor allem in den USA) auslösen würde, provozieren gewisse Kreise bewusst immer wieder diese Short-Squeeze u.kaufen den Baissiers den Schneid ab.Somit war es bis jetzt (noch) möglich die US-Börsen auf überhöhtem Niveau zu halten.Hätte eine staatliche Organisation Interesse reale ,vernünftige Kurse zu haben u.würde bei den jeweils kurzen Baissen Long-Squeeze provozieren hätten wir in den letzten Jahren schon mehrere Crashes gehabt.Man will u.darf keine Rezession u.keine Börsenkorrektur mehr zulassen.Da Aktienkurse auch Firmenwerte abbilden, hat man heute erreicht, dass die immer sehr viel wert sind,gleich ob sie Verluste oder Gewinne machen.Da das US Rentensystem stark auf diesen überhöhten Aktienkursen basiert, wird die Altersarmut wie auch in andern Ländern ein grosses Thema werden.

  7. @leftutti,wenn man die Marktwirtschaft total ausser Betrieb setzt, hat das wohl etwas mit Planwirtschaft zu tun.Auch die Enteignung der Nordländer u.die Subventionierung gewisser Südländer hat etwas mit Kommunismus zu tun..Sogar Marc Faber hat kürzlich geschrieben, „ DIE NOTENBANKEN FÜHREN UNS IN DEN KOMMUNISMUS.“

    1. Das würde dann aber auch bedeuten, dass Japan seit 21 Jahren ein planwirtschaftlich gesteuertes Kommunistenland ist und dies selbst für die großartigen USA in den Jahren 2008 bis 2015 zutreffend war. Wie ich schon oft erwähnt habe, bin auch ich alles andere als ein Befürworter dieser Notenbankpolitik und deren fataler Nebenwirkungen. Die Begriffe Kommunismus und Planwirtschaft halte ich allerdings in dem Zusammenhang für wenig angebracht.

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