Indizes

Börse: Warum gibt es bisher kaum Rücksetzer? Inflation und TINA

Die Situation beim Dax

Auch wenn der deutsche Leitindex mit all seinen Exporttiteln sowie seinen Auslandserträgen, nicht mehr allzu viel die deutsche Wirtschaft als Ganzes widerspiegelt, so fällt doch auf, dass die sehr guten Unternehmensberichte nicht zu Kurszuwächsen führen. Häufig gibt es ein Sell on good News, ob bei BASF oder Volkswagen, die riesige Gewinnsteigerungen gemeldet haben. Die Schwankungen beim Index wurden die letzten Tage immer geringer, das Handelsvolumen lag mehrfach deutlich unter dem Jahresdurchschnitt von 68 Millionen täglich gehandelten Dividendentiteln. Man bleibt in der Range von grob 15.000 bis 15.800 Punkten, das Sommerloch scheint sich schon im Juli breitzumachen.

Aber auch für den Dax gilt durch die guten Quartalsberichte: Seine Bewertung geht sukzessive nach unten. Nach einem großartigen ersten Quartal jetzt diese Steigerungen, die 90 oder 95 Milliarden-Euro-Marke dürfte für 2021 bei den akkumulierten Gewinnen gar nicht so weit verfehlt werden. Damit wird deutlich, dass sich das Kurs/Gewinnverhältnis bei einer Marktkapitalisierung des Index von 1,4 Billionen Euro in Richtung Durchschnittsbewertung bewegt.

Aber um die Sachlage ein wenig abzurunden. Der Dax orientiert sich eher an der Entwicklung der Weltwirtschaft und insbesondere an der Wirtschaft Chinas, wenn es dort zu Friktionen käme, würde als Erstes die deutsche Schlüsselindustrie (VW, BMW, Daimler) darunter leiden.

Ergo: Das Zusammenspiel von Wirtschaftswachstum und Unternehmensergebnissen auf der einen Seite und auf der anderen die Besorgnisse um Covid-19, die Lieferengpässe und steigende Inflationsraten führen zu einem seltsamen Gleichgewicht an der Börse, weil es insbesondere an der Ausweichmöglichkeit, sprich nutzbarer Anleiherenditen mangelt. Das Damoklesschwert wäre natürlich ein weiterer Inflationsanstieg, der das Sicherheitsnetz der Federal Reserve zum Zerreißen brächte. Aber dieses Problem dürfte sich so ziemlich jedem Anleger bis in den hintersten Winkel dieser Erde bewusst sein.

Fazit

Man mag es kaum „andenken“, aber es ist wahrscheinlich gar nicht so unmöglich. Das Jahr 2021 an der Börse verhält sich weiter in seinem Schaukelmodus, weil es keine Möglichkeit gibt die billionenschweren Zuflüsse außerhalb der Aktienmärkte mit Rendite anzulegen.

Keine Korrekturen an der Börse

Selbst wenn Jerome Powell Ende August in Jackson Hole ankündigen sollte, zum Ende des Jahres die Anleihekäufe zu reduzieren, vielleicht um 10 oder 20 Milliarden Dollar monatlich, würde das die Gesamtlage groß verändern?

Wenn die Inflationsraten, so wie es derzeit aussieht, zumindest auf hohem Niveau verharren und die Kapitalmarktzinsen nicht deutlich auf zwei Prozent und darüber steigen werden? Hätte man denn dann nicht immer noch Realrenditen von minus drei Prozent oder sogar noch wesentlich tiefer?

Sicherlich ein Schreckensszenario für all diejenigen, die schon länger auf eine Korrektur  der Börse warten (> 10 Prozent ), die es bereits seit neun Monaten nicht mehr gegeben hat. Derweilen schlägt die Geldentwertung weiterhin unbarmherzig zu, auf allen Cashkonten.

Dies war sehr wahrscheinlich auch ein Grund, warum Rückschläge immer wieder gekauft werden, auch von den Großen. Denn betrachtet man sich die Kursentwicklung der FANGMA-Aktien in den letzten Wochen, so können das keine Kleinanleger verursacht haben, bei diesen hohen Milliardensummen. „Achte nicht darauf was sie sagen, sondern auf das, was sie tun“, sollte das Motto sein.

Rückschläge an der Börse in den Monaten August und September sind dennoch höchst wahrscheinlich, allein bei den geringen Umsätzen genügen schon Gerüchte um Marktbewegungen auszulösen. Aber ein großer Knall ist angesichts der großen Gemengelage ohne einen schwarzen Schwan nicht vorstellbar. Dazu verhalten sich Federal Reserve, EZB, Bank of Japan und weitere Notenbanken noch zu synchron.

Gestern kamen die Amazon-Zahlen zum zweiten Quartal, die auf der Umsatzseite enttäuschten. Wird die drittschwerste Aktie in den USA (1,83 Billionen Dollar Marktkapitalisierung) für Bewegung sorgen?



Kommentare lesen und schreiben, hier klicken

Lesen Sie auch

3 Kommentare

  1. Ihre Einschätzung halte ich für stimmig.

    Nur, sie ist kein gehütetes Geheimnis. Viele wissen von den dramatischen negativen Punkten einer nach Korrektur schreienden Gesamtsituation.

    Gerade den Dickfischen ist schon klar, daß bei einem Crash nur ein paar Prozent der Erstreagierenden halbwegs unverletzt bleiben und daß es zum „Anlegenmüssen“ eine Alternative gäbe. Nämlich Nichtanlegen, was, sagen wir 2-3 Prozent im Jahr kosten mag. Anstelle eines Crash-Verlustes von vielleicht 25 Prozent.
    Trotzdem setzen sich alle trotzig und mutig der Crashgefahr aus.

    Prüfen wir mal nach, auf der Suche nach dem Warum, wem ein Crash schaden würde:
    1. Professionellen Geldsammelstellen (Anlage, Renten, …), die teilweise auch erheblich Kunden verlieren würden.
    2. Dem Staat als König der Schuldenmacher.
    3. Vielen Staaten bei denen die Renditen für aufzunehmende Schulden in den Himmel schießen würden und das bei sinkenden Einnahmen.
    4. Der gesamten Industrie weil das den Konsum extrem schädigen würde.
    5. Dem Einzelnen wegen Beschäftigung, Lohn, Anlageverlusten, …

    Es darf also gar nicht eintreten, was nicht wenige befürchten. Denn wir sitzen jetzt alle im selben Boot. Niemand hat wirklich ein Interesse am Crash weil es nur Nachteile für alle bringt. Deswegen ist jeder einverstanden, daß die Löcher im Bootsboden mit Holzstücken aus der Seitenwand gestopft werden. Die See ist ja ruhig und eine etwas niedrige Seitenwand beunruhigt keinen echten Seebären bei dieser ruhigen See.

    Ich finde das schön daß es doch so eine vernünftige Überintelligenz gibt, man muß sich gar nicht absprechen, die Marktteilnehmer wissen auch so was sie tun müssen (Buy the dip and hold the line). Gerne verzichten sie auf egoistische Verfolgung niedriger Einzelinteressen zugunsten des Wohles aller. Und werden mit steigenden Kursen belohnt! Solidarität in der kalten Börsenwelt!

    1. Mhh.. Solange die see ruhig bleibt, klappt es. Wer sorgt nun für einen ruhige Dauersee.
      Hoffentlich braucht die linke (oder wars die rechte Seite, nicht permant Ersatzmaterial von der anderen Seite.

      1. @Peter, keine Sorge, für die ruhige See sorgt Fährmann Paul (Powell), wir dürfen uns geborgen fühlen in seiner Hand.

Hinterlassen Sie eine Antwort

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert




ACHTUNG: Wenn Sie den Kommentar abschicken stimmen Sie der Speicherung Ihrer Daten zur Verwendung der Kommentarfunktion zu.
Weitere Information finden Sie in unserer Zur Datenschutzerklärung

Meist gelesen 7 Tage