Was ist eine Invertierte Zinskurve?

Die Invertierte Zinskurve (Inverse Zinskurve) steht für den negativen Abstand zwischen lang- und kurzlaufenden Renditen bei Staatsanleihen. Normalerweise müssten die lang laufenden Anleihen viel mehr Rendite als die Kurzläufer abwerfen. Denn je länger die Laufzeit von Anleihen, desto mehr Zeit hat der Schuldner pleite zu gehen, und desto größer ist also das Risiko des Zahlungsausfalls. Und dieses höhere Risiko wird normalerweise über höhere Renditen für längere Laufzeiten honoriert. Die Invertierte Zinskurve bedeutet, dass die Rendite für kurz laufende Staatsanleihen über die für lang laufende Papiere steigt. Dies wertet der Kapitalmarkt als sehr klares Indiz für eine bevorstehende Rezession in der jeweiligen Volkswirtschaft.

Warum die Invertierte Zinskurve so interessant für die Börsianer ist

Beispiel: Seit Sommer 2022 haben die Renditen für US-Staatsanleihen mit zwei Jahren Laufzeit die Renditen für zehn Jahre laufende Staatsanleihen überschritten. Der Abstand (Spread) zwischen den beiden Renditen erreichte im Februar 2023 sogar 86 Basispunkte, ein historisch sehr hoher Abstand, also eine sehr ausgeprägte Invertierte Zinskurve! Warum wird durch eine immer größere Inverse Zinskurve die Gefahr einer Rezession immer größer? Die Marktteilnehmer erwarten bei einer Invertierung, dass sich die Wirtschaft abkühlen wird. Bei einer bevorstehenden Rezession aber tendieren Notenbanken dazu, die Zinsen wieder zu senken. Wenn die Zinskurve invertiert, so lautet die Botschaft der Anleihemärkte, dass man eine zukünftig schwächere Wirtschaft oder gar eine Rezession erwartet, in der die Notenbank die Zinsen senkt, und Kapital in sichere Häfen flieht.

Guter Indikator für eine Rezession – aber keine Garantie

Wenn man also für die Zukunft deutlich fallende Zinsen erwartet, werden die Anleger vorzugsweise in lang laufende Staatsanleihen investieren, um sich die noch höheren Zinsen zu sichern. Die Kurse kurz laufender Staatsanleihen sinken dann bei der Umschichtung in Langläufer, wodurch die Renditen der Kurzläufer über die der lang laufenden Papiere steigen. Zwischen dem Jahr 1955 und dem Jahr 2018 hatten die USA neun Rezessionen. Und vor jeder einzelnen Rezession gab es zumindest in den USA eine Invertse Zinskurve. Aber in Stein gemeißelt ist die Prognose-Genauigkeit durch die Invertierte Zinskurve nicht. Denn es gab in der Geschichte mehr Invertierungen der Anleiherenditen als Rezessionen! Aber ein wichtiges Indiz für eine möglicherweise anstehende Rezession ist eine sehr starke Ausprägung der Investierung allemal.

Zwei Beispiele in Charts

Im folgenden Chart sehen wir die Invertierte Zinskurve für den US-Anleihemarkt, die ab Sommer 2022 entstanden und immer größer geworden ist. Die gelbe Linie Zeit die Rendite für zweijährige US-Staatsanleihen, die blaue Linie die für zehn Jahre Laufzeit.

Invertierte Zinskurve im US-Staatsanleihen von Juni 2022 bis Februar 2023

Der folgende Chart zeigt in der blauen Linie die Renditen für zweijährige deutsche Staatsanleihen, und in orange die für zehnjährige deutsche Staatsanleihen. Man sieht seit Sommer 2022 zum größten Teil auch eine Invertierte Zinskurve, und damit auch die Erwartungshaltung des Anleihemarktes an eine Rezession in Deutschland. Diese Invertierung zeigt erfahrungsgemäß eine hohe Wahrscheinlichkeit einer Rezession auf, aber es ist keine Gewissheit.

Invertierte Zinskurve bei deutschen Staatsanleihen

Chart: TradingView