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„Böse Bank Goldman Sachs unterstützt Diktatur in Venezuela“: Nein, die Fakten sehen anders aus – ein Skandal, der keiner ist!

Aber wer wie was warum, wieso kann Goldman eine Schuld des Landes Venezuela im Wert von 2,8 Milliarden Dollar für nur 865 Millionen Dollar kaufen? Hat man mit der Regierung Maduro gekungelt? Gibt es eine Verschwörung, eine Hilfe der bösen Kapitalisten für...

FMW-Redaktion

Den Vorwurf haben wir in Ausrufezeichen gesetzt, weil er heute oberflächlich durch soziale Medien und durch so einige Medienportale umher geistert. Die „böse Bank Goldman Sachs“, die ja inzwischen für fast alles Böse im Finanzwesen herhalten muss (manchmal auch berechtigt), soll doch tatsächlich die sozialistische Diktatur in Venezuela unterstützen, in den man venezuelanische Anleihen gekauft und damit der Regierung frische Devisen verschafft hat. Gut, ob die Regierung von Präsident Maduro nun eine Diktatur ist, oder was genau es sonst ist – da mag sich jeder seine eigene Meinung bilden.

Es gibt heute in Deutschland Medienportale, die konkret davon sprechen, dass Goldman die Regierung Maduro mit diesem Investment direkt unterstützt, also dass Geld an die Regierung geflossen ist. So wird unter anderem konkret davon gesprochen, dass die Regierung Maduro ausgerechnet in dem Wall-Street-Institut einen Retter in der Not gefunden habe. Diese Formulierung suggeriert, dass frisches Geld in die Staatskasse geflossen ist. Das ist aber inhaltlich falsch. Es ist auch nicht wichtig, dass Goldman in die Anleihe der staatlichen Ölgesellschaft investiert hat. Denn allen ist ja klar, dass sie zum Staat gehört, und er damit auch Zugriff auf solche frischen Devisenzuflüsse hätte.

Was ist genau passiert: Goldman Sachs kaufte eine Anleihe der staatlichen Ölgesellschaft PDVSA. Laut „WSJ“ kaufte man die Anleihe, die einen Rückzahlungswert (Nennwert) von 2,8 Milliarden US-Dollar hat, zu einem Discountpreis von 865 Millionen Dollar (31 Cents auf den Dollar). Da am Ablauftag der Anleihe im Jahr 2022 der Nennwert von 2,8 Milliarden Dollar fällig ist, streicht Goldman die Differenz als Gewinn ein – natürlich nur für den Fall, dass Venezuela die Anleihe auch zurückzahlen kann und will. Aber bisher hat die Regierung Maduro stets alles dafür getan am Kapitalmarkt mit Ach und Krach die Verpflichtungen zu erfüllen.

Aber wer wie was warum, wieso kann Goldman eine Schuld des Landes Venezuela im Wert von 2,8 Milliarden Dollar für nur 865 Millionen Dollar kaufen? Hat man mit der Regierung Maduro gekungelt? Gibt es eine Verschwörung, eine Hilfe der bösen Kapitalisten für den bösen linken Diktator? Nein, die Antwort ist leider langweilig und alles andere als ein Skandal. Goldman bestätigt, dass man die Anleihe am sogenannten „Sekundärmarkt“ gekauft hat. Diese Anleihe notiert längst am freien Anleihemarkt. Das heißt zwischen privaten Investoren werden diese Anleihen gehandelt zum jeweils gängigen Marktpreis. Ein privater Verkäufer reicht die Anleihe an einen anderen privaten Käufer weiter. Der Staat Venezuela hat mit dieser Transaktion daher überhaupt nichts zu tun, und bekommt auch kein frisches Geld in die Kasse!

Aber warum so ein billiger Kaufpreis? Ganz einfach. Der Kurs einer Anleihe spiegelt immer die Wahrscheinlichkeit wieder, ob der Schuldner am Laufzeitende auch die Schuld zurückzahlt. Im Fall von Venezuela glauben die Investoren derzeit anscheinend, dass diese Wahrscheinlichkeit extrem gering ist. Von daher wettet Goldman mit großem Risiko darauf, dass Venezuela in fünf Jahren noch nicht pleite ist und zurückzahlen kann. Selbst wenn sich Maduro mit Goldman in fünf Jahren einigen sollte vielleicht statt 2,8 nur 2,5 oder 2,0 Milliarden Dollar zurückzuzahlen, wäre es immer noch ein richtig guter Deal für Goldman.

In dem Fall hätte Goldman verdient, und Maduro gespart. Die Kreditwürdigkeit des Landes bliebe erhalten, und alle hätten gewonnen. Aber halt: Wenn alle gewinnen, muss es doch trotzdem irgendwo einen Verlierer geben? Richtig. In diesem Fall wäre der private Anleiheverkäufer am freien Anleihemarkt der Verlierer, der Angst vor einer Staatspleite Venezuelas hatte, und die Anleihe so günstig an Goldman abgibt. Dieser Investor hat den Verlust. Man könnte Goldman´s Wette auch anders interpretieren: Man hofft auf einen Sturz von Maduro, bessere wirtschaftliche Verhältnisse und einen raschen Vertrauensgewinn in die Anleihen, womit man einen schnellen Kursgewinn machen könnte!

Auch andere Investoren kaufen und verkaufen am freien Anleihehmarkt venezuelanische Anleihen. Das beeinflusst in keinster Weise die Lage im Land und bringt der Regierung ebenfalls kein frisches Geld. Nur hat wohl nicht jeder so einen „bösen“ Namen wie Goldman Sachs. Der oppositionelle venezuelanische Parlamentspräsident Borges hat dennoch an Goldman-Chef Blankfein einen offenen Brief gerichtet. Darin beklagt er, dass Goldman dem „diktatorischen Regime eine finanzielle Rettungsleine“ gereicht habe, und die Bank suche den „schnellen Dollar im Leid meines Volkes“, so Borges. Das ist aber inhaltlich falsch!

Fazit unsererseits: Bei diesem Deal gibt es keinen Skandal, kein schmutziges Geschäft, kein bösen Deal! Wäre Goldman Erstkäufer der Anleihe bei der tatsächlichen Erstausgabe gewesen, dann wäre es eine Unterstützung der Regierung Maduro gewesen, denn dann würde das frische Geld an den Staat fließen. Aber in diesem Fall hat Goldman am freien Anleihemarkt von einem anderen Marktteilnehmer diese bereits existierende Anleihe gekauft, und das Geld floss an den privaten Verkäufer. Also hat vorher irgendein anderer Investor bei der Erstemission Geld an den venezuelanischen Staat gezahlt. Wenn man jemanden anprangern sollte für die Unterstützung von Maduro, dann diesen Investor, der bei der Erstemission gezeichnet hat. Goldman beeinflusst mit seinem Kauf die Geschicke in Venezuela in keinster Weise. Die Bank tut das, wozu sie da ist: Spekulieren, und hoffen damit möglichst viel Geld zu verdienen!

P.S.: Nein, Goldman Sachs bezahlt uns nicht für diesen Artikel. Wir finden nur es ist notwendig etwas klarzustellen, was auf den ersten Blick wie ein deftiger Skandal aussieht, aber in Wirklichkeit gar keiner ist… auch wenn Goldman in anderen Bereichen noch so kritikwürdig sein mag!


Die Flagge Venezuelas. Foto: Zscout370 / Gemeinfrei



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3 Kommentare

  1. „In keiner Weise“ würde ich jetzt nicht unterschreiben. Natürlich nutzt es der venezolanischen Regierung wenn potente Investoren durch Käufe am Sekundärmarkt für Liquidität in diesen Anleihen sorgen. Liquidität ist nunmal auch ein Faktor für den Preis, da sich ein Investor auch für das Liquiditätsrisiko entlohnt sehen will.
    Und ein ausgetrockneter Sekundärmarkt kann auch zum Versiegen des Primärmarktes führen.
    Aber solange alles legal ist sehe ich auch keinen Skandal.

  2. Der Autor sollte mal einen Grammatikkurs besuchen und vielleicht etwas stilvoller schreiben lernen.

  3. Und wer sagt, dass der ERSTKÄUFER nicht in direkter Verbindung zu Goldman Sachs steht? Könnte ja auch ein Strohmann sein, damit Goldman Sachs nicht als böser Erstaufkäufer erscheint, sondern nur als guter Zweitkäufer. In der Luxus-Immobilienbranche ist so ein Vorgehen nicht selten. Ich wurde vor ein paar Jahren von einem Strohmann mit Kaufinteresse kontaktiert, 1 Jahr später stellte sich dann heraus, dass der eigentliche Käufer der Luxusimmobilie ein europäisches Königshaus war.

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