Europa

Brexit: gut für den Export, aber die Verlierer sind in der Mehrheit..

Neuste Daten zeigen gestiegene Nachfrage nach britischen Produkten nach dem Brexit-Votum. Aber für Jubel besteht kein Anlaß..

FMW-Redaktion

Sicher: die Brexit-Entscheidung der Briten hat auch positive Seiten für die britische Wirtschaft. Mit der Schwächung des britischen Pfunds werden britische Anbieter auf dem Weltmarkt günstiger – das zeigen nun schon heute veröffentlichte Daten einer Umfrage der CBI (Confederation of British Industry). Demnach stieg die Nachfrage von Ausländern nach britischen Gütern im August auf den höchsten Stand seit genau zwei Jahren – der von der CBI berechnete Index kletterte von -22 auf nun -5. Erwartet wurde der Index bei einem Stand von -10.

Die Umfrage fand zwischen dem 26.Juli und dem 12.August statt – erfasst also voll die Auswirkungen des Pfund-Crashs nach dem Brexit-Votum. Dabei meldeten 13 von 18 Industriezweigen eine höhere Nachfrage aus dem Ausland. Gleichwohl sank der übergeordnete Index von -4 auf -5 – weil eben die Nachfrage aus dem Inland schwächer wurde.

Für Exporteure in UK ist das natürlich eine gute Nachricht, allerdings sind diese nicht mehr allzu üppig gesät, zumindest was die Produktion von Waren betrifft. Bei Dienstleistungen ist die britische Wirtschaft Exporteuer, was jedoch nicht verhindert, dass UK ein großes Handelsbilanzdefizit aufweist, weil deutlich mehr Waren importiert als Dienstleistungen exportiert werden.

Bei aller Freude über die gestiegene Nachfrage weist die CBI jedoch auch auf die Kehrseite der Medaille hin: steigende Preise, vor allem weil die Importe sich durch das schwache Pfund verteuern. So erwarten die befragten Firmen fast durchweg steigende Preise in den kommenden Monaten. Und das bedeutet: britische Firmen, die vorwiegend Export-orientiert sind und im Ausland für ihre Produktion einkaufen müssen, verlieren den Vorteil eines günstigen Pfunds, weil ihre Kosten steigen. Die Chefvolkswirtin bei CBI, Anna Leach, spricht daher von einem „zweischneidigen Schwert“ („double-edged sword”).

Ist die Abwertung des Pfund also gut für die britische Wirtschaft? Die Antwort lautet: nur für diejenigen Firmen, die exportieren und dabei nicht im Ausland einkaufen müssen. Die große Mehrheit der Firmen aber dürfte eher verlieren, weil die heimische Nachfrage aufgrund höherer Preise sinkt. Also müssen sie – um ihre Gewinnmargen zu verteidigen – selbst die Preise erhöhen, was wiederum die Nachfrage am heimischen Markt noch stärker dämpfen dürfte. Das wiederum bedeutet: die Briten werden ihren aktuellen Lebensstandard nur dann halten können, wenn sie höhere Löhne durchsetzen – was wiederum die Inflation dann noch weiter anheizt, während gleichzeitig die Notenbank die Geldpolitik noch weiter aufweicht, um die Wirtschaft zu stimulieren.

Und die britische Wirtschaft ist vor allem auf den Binnen-Konsum fixiert – das dürfte sich perspektivisch jedoch ändern, weil der Absatz am heimischen Markt für die Firmen immer schwieriger wird. Wie immer und überall gibt es also auch in UK nach dem Brexit-Votum zahlreiche Gewinner – aber wohl noch zahlreichere Verlierer..



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