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Brexit-Verkündung erfolgt am 29. März – Diskussion über gigantische Forderungen an UK

Nun steht es fest. Nächsten Mittwoch den 29. März verkündet UK offiziell den Brexit gegenüber der EU. Ab dann haben EU, EU-Mitglieder und UK genau zwei Jahre Zeit sich auf die Ausstiegsmodalitäten sowie...

FMW-Redaktion

Nun steht es fest. Nächsten Mittwoch den 29. März verkündet UK offiziell den Brexit gegenüber der EU. Ab dann haben EU, EU-Mitglieder und UK genau zwei Jahre Zeit sich auf die Ausstiegsmodalitäten sowie die Art und Weise der zukünftigen Zusammenarbeit zu einigen (Zölle? keine Zölle?). Eine Verlängerung der Verhandlungsdauer ist nur möglich, wenn alle 27 EU-Staaten und die britische Regierung dem zustimmen. Und jetzt wird es interessant. Was man in den letzten Tagen immer wieder hörte, wird jetzt in Politikreisen vor allem in Brüssel richtig warm aufgekocht. Es gibt noch keine offizielle Forderung, aber ausgewählte europäische Politiker ließen die Zahl von 60 Milliarden Euro schon mal durchsickern.


Die EU und Großbritannien. Grafik: Furfur/Wikipedia (CC-BY-SA 4.0)

Diese Summe will die EU angeblich von UK maximal für den Brexit fordern (noch unbestätigt). Die summe könnte auch kleiner ausfallen. Dabei geht es um viele Projekte, für die EU-Mitglieder schon seit Langem Zahlungsverpflichtungen eingegangen sind. Wie UK auch schieben viele andere EU-Mitglieder Zahlungen vor sich her. Aber da UK austritt, könnte die EU nun darauf bestehen, dass der „offene Saldo“ beglichen wird. Es ist wohl kaum anzunehmen, dass UK einfach mal so diese Summe rausrückt, und in den zweijährigen Verhandlungen sagt: Hier habt hier das Geld, und gut ist.

Nein, es dürfte deutlich komplizierter sein. Vermeintlich werden die Briten versuchen Gegenrechnungen aufzumachen um die Forderung kleinzurechnen. Und letztlich wäre da beispielsweise einer der prominentesten Brexit-Hardliner, der nun amtierende Außenminister Boris Johnson. Der sagte jüngst, dass es unangemessen sei, dass UK große Geldsummen für seinen EU-Austritt an die EU zahlen solle. Es würde auch völlig ok sein, wenn UK ganz ohne Deal die EU verlasse, so Johnson. Im Klartext heißt das: Einigt man sich mit der EU auf keinerlei Kompensationszahlung, kommt einfach gar kein Scheidungsvertrag mit der EU zustande – dann gibt es einfach gar nichts.

Für diesen Fall sehen die EU-Verträge vor, dass nach zwei Jahren Frist (also am 29. März 2019) die Briten über einen „kalten“ Brexit aus der EU ausscheiden. Dann wird UK ganz einfach wie ein Land behandelt, dass in keinerlei Beziehung zur EU steht. Kein Freihandel, keine Handelserleichterungen, keine Reisefreiheit, kein gar nichts. Das würde in diversen Wirtschaftsbereichen Importzölle auf beiden Seiten bedeuten, unendlich viel Bürokratie usw.

Verlieren würde die EU zwar, aber deutlich stärker würde UK davon runtergezogen werden. Vom deutlich kleineren Markt UK (65 Millionen Menschen) würden viele internationale Konzerne in den größeren Markt wechseln (EU mit dann mehr als 440 Millionen Menschen). So nehmen wir es mal an, wenn man vom gesunden Menschenverstand ausgeht. Denn der Investor mit großen Investitionssummen und großen Verkaufsstückzahlen (siehe asiatische Autohersteller mit Standorten auf der Insel) brauchen Rechtssicherheit und können Importzölle der EU schon mal gar nicht gebrauchen. Dann doch lieber die Standorte in die EU verlagern – und dann doch am liebsten gleich nach Osteuropa – da spart man kräftig an den Gehaltskosten gegenüber UK – da gewinnt man doch gleich doppelt. Keine Zölle für Verkäufe innerhalb der EU und niedrigere Löhne!

Aber die ganze Sache muss nicht ganz so schlimm kommen. Brexit-Minister David Davis hatte vor Kurzem auch gesagt, dass Großbritannien durchaus bereit sei für einen zukünftigen freien Marktzugang zum EU-Binnenmarkt einen regelmäßigen Beitrag zu zahlen. Dies könne Teil der bevorstehenden Diskussion mit der EU sein. Möglich ist ein jährlicher Beitrag für den Zugang sowie die Einarbeitung der offenen Verbindlichkeiten der Briten in Raten, so dass die große Forderungssumme der EU in Raten abgefrühstückt werden könnte. Es käme kaum gut an beim britischen Wahlvolk, wenn man eine gigantische Summe als „Abstandszahlung“ präsentieren würde. EU-Ratspräsident Donald Tusk hat dann auch gleich heute folgenden Tweet veröffentlicht. Damit will man wohl zeigen: Wir als EU sind vorbereitet. Man darf gespannt sein, welche Rechnung die EU den Briten präsentieren wird.

Die britische Regierung dazu heute Zitat:


The UK’s Permanent Representative to the European Union, Sir Tim Barrow, has this morning informed the office of European Council President, Donald Tusk, of the UK’s intention to invoke Article 50 of the Lisbon Treaty on March 29, 2017.

This meets the UK’s longstanding commitment to trigger Article 50 by the end of March 2017.

Secretary of State for Exiting the European Union David Davis said:

Last June, the people of the UK made the historic decision to leave the EU. Next Wednesday, the Government will deliver on that decision and formally start the process by triggering Article 50.

We are on the threshold of the most important negotiation for this country for a generation.

The Government is clear in its aims: a deal that works for every nation and region of the UK and indeed for all of Europe – a new, positive partnership between the UK and our friends and allies in the European Union.



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5 Kommentare

  1. Liebe Finanzmarktwelt.. welche Rechtssicherheit gibt es in der EU bitte? Jede Bananenrepublik bitte bessere Konditionen als dieser vom sichtbaren Zerfall geplagte Haufen! Und wenn man mal vom gesunden Menschenverstand ausgeht dann kommt man zu dem Schluss das man lieber in ein Land investiert das auf langer Sicht existieren wird das ist von der EU bei bestem verstand nicht auszumachen. Die Praxis zeigt auch schon wohin die Reise geht .. große Konzerne wie Apple, Facebook bauen ihre Kapazitäten nicht in ihrer schönen EU aus sondern im good old UK. Dazu auch gerne empfohlen einige Kommentare der klügsten köpfte im Finanzbereich wie die rohstofflegende frank giustra über die EU anhören .. er sagt das klar das Ding wird rückabgewickelt!

    1. Apple baut seine Kapazitäten in UK aus woher haben Sie dass denn? die benötigen Zugang zum EU Binnenmarkt deswegen ist die Europazentrale auch in Irland….so lange nicht geklärt ist wie der Zugang von UK zum EU Binnenmarkt ist baut da kein großer internationaler Konzern irgendetwas aus eher ab die Banken fangen ja schon an abzuziehen.

  2. And the winner is UK.

  3. Welches Druckmittel hat die EU denn noch? Ich bin mir sicher dass die Briten keine große Summen mehr bezahlen werden. Die EU ist am Ende und kann eh nichts durchsetzen.

    1. Druckmittel sind Importzölle und langwierige Visavergaben für GB Bewohner Ok man schädigt sich damit auch selber aber die EU ist nunmal ein bisschen größer als GB die dann relativ mehr geschädigt werden können.

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