Die britischen Kapitalmärkte spielen seit Tagen verrückt und zeigen damit Bank of England und vor allem der britischen Regierung die gelbe Karte. Man schaue dazu nur auf den folgenden Chart, der bis Mitte September zurückreicht. Die Rendite für zehnjährige britische Staatsanleihen war nach starken Schwankungen die letzten Tage wieder stark angestiegen (orange Linie). Aber ganz am Ende erholt sie sich wieder. Seit gestern fällt sie vom Hoch bei 4,66 auf jetzt 4,26 Prozent. Ebenso sehen in in der blauen Linie das britische Pfund gegen den US-Dollar. Seit heute früh alleine steigt der Wechselkurs von 1,1080 auf 1,1325 – ein kräftiger Anstieg binnen weniger Stunden! Gibt es also Hoffnung für die britischen Märkte?
Angst muss man haben, weil die Bank of England zuletzt klar machte, dass sie ihre Stützungskäufe für britische Staatsanleihen am morgigen Freitag den 14. Oktober beenden wird. Ab Montag könnte es also zu einem Crash kommen am gesamten britischen Kapitalmarkt? Niemand weiß nichts genaues. Aber Halt. Heute Nachmittag keimt Hoffnung auf. Nachdem die britische Regierung heute früh noch signalisierte, dass die die Bank of England bei einem Crash im Regen stehen lassen könnte, womit sie dann der Sündenbock wäre, so sehen wir jetzt einen Hoffnungsschimmer bei Premierministerin Liz Truss.
Nachdem die britische Regierung bereits Ende September großvolumige Steuererleichterungen auf Pump zurückgezogen hatte um die Kapitalmärkte zu beruhigen, wird nun vermutlich nachgelegt. Denn je solider die Haushaltsführung, desto erleichterter sind die Märkte (sinkende Anleiherenditen + steigendes Pfund). Wie Bloomberg aktuell berichtet, bereitet sich die Regierung der britischen Premierministerin Liz Truss nämlich darauf vor, nach dem wochenlangen Chaos auf den Finanzmärkten einen zentralen Teil ihrer Steuersenkungsagenda aufzugeben – eine mögliche Änderung, die das Pfund und die Staatsanleihen in die Höhe schnellen ließ.
Beamte der Downing Street 10 und des Finanzministeriums arbeiten derzeit Optionen für Truss aus, aber es wurde noch keine endgültige Entscheidung getroffen, so eine mit der Angelegenheit vertraute Person, die nicht genannt werden möchte. Die Premierministerin könnte ihr Versprechen, die Körperschaftssteuer im nächsten Jahr unverändert zu lassen, aufgeben und sie stattdessen wie von ihrem Vorgänger Boris Johnson geplant anheben, so die Sun.
Beamte warten auf die Rückkehr von Schatzkanzler Kwasi Kwarteng aus Washington, wo er an Sitzungen des Internationalen Währungsfonds teilgenommen hat. Berichte über eine Kehrtwende in einer wichtigen wirtschaftspolitischen Frage in London, während er sich im Ausland aufhält, haben Spekulationen ausgelöst, dass er gezwungen sein wird, seinen Posten zu räumen. Von der US-Hauptstadt aus sagte Kwarteng, er werde „nirgendwo hingehen“ und versprach, seine Strategie fortzusetzen.
Truss‘ junge Regierung bemüht sich ihre wirtschaftliche Glaubwürdigkeit wiederherzustellen, nachdem sie die Finanzmärkte mit einem Steuersenkungsplan überrascht hatte, der nach Angaben des Institute of Fiscal Studies ein Loch von 60 Milliarden Pfund in den öffentlichen Finanzen hinterlassen hätte. Das Paket versetzte die Märkte in Aufruhr, ließ das Pfund gegenüber dem Dollar auf ein Allzeittief fallen und zwang die Bank of England, auf dem Anleihemarkt zu intervenieren, um den Zusammenbruch eines wichtigen Teils der Rentenindustrie zu verhindern.
FMW: Morgen ist der letzte Tag der Stützung der Anleihemärkte durch die Bank of England. Was wird am Montag geschehen? Und wird Kwasi Kwarteng gehen müssen? Wird Liz Truss wie vermutet beim Thema Steuern die Märkte weiter beruhigen? Die Action rund um den britischen Kapitalmarkt bleibt uns die nächsten Tage erhalten!
FMW/Bloomberg/Chart TradingView
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Das waren schon keine gelbe Karten mehr, das waren klare rote seitens der Märkte. Wenn die britische Regierung umsteuert wird sich die Situation ändern aber dann kann die Premierministerin ihren Schatzkanzler nicht mehr halten. Das Auslaufen der Anleihenkäufe seitens der BoE kann mal wohl eher als Drohung Richtung Downing Street bewerten, warum sonst wird jetzt auf einmal zurück gerudert?
Entgegen der landläufigen Meinung, bin ich der Ansicht das die BoE am längeren Hebel sitzt.
Für den Fall, daß Premierministerin Elizabeth Truss Schatzkanzler Kwasi Kwarteng entlässt, hat sie hoffentlich im selben/gleichen Atemzug einen Nachfolger(,) im Interesse einer stabilen Regierung parat.
Nicht schlecht, wenn die Regierung nicht spurt werden von den Märkten die Rentner in Geisselhaft genommen. Die Zentralbank muß es ausbügeln. Das sind ja schöne Aussichten für die Inflation.