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Bundesbank: „Systematische Unterschätzung von Risiken“ nimmt zu

Die Deutsche Bundesbank hat heute ihren „Finanzstabilitätsbericht 2018“ vorgestellt. Daraus geht unter anderem hervor, dass die systemischen Risiken im Finanzsystem zunehmen, und dass sie auch unterschätzt werden! Zitat auszugsweise:

Somit gewinnt die bereits im Finanzstabilitätsbericht 2017 thematisierte Gefahr der systematischen Unterschätzung von Risiken an Bedeutung: Denn in der langen Phase niedriger Zinsen, günstiger Finanzierungsbedingungen und der anhaltenden Hochkonjunktur könnten Abwärtsszenarien zunehmend aus dem Blick geraten und deren Auswirkungen ausgeblendet werden. Die vergangene Entwicklung könnte zu optimistisch in die Zukunft fortgeschrieben werden, künftige Kreditrisiken tendenziell unterschätzt und die Verlusttragfähigkeit überschätzt werden. Krisen- und Abschwungperioden könnten so nur noch unzureichend in die Risikobewertung vieler Marktteilnehmer einfließen. Negative makroökonomische Entwicklungen könnten durch das Finanzsystem verstärkt werden, wenn viele Marktteilnehmer gleichermaßen „in den Rückspiegel“ schauen und dann gleichgerichtet reagieren.

Und weiter heißt es Zitat:

Die vergangenen Finanzstabilitätsberichte haben gezeigt, wie sich in einer langen Phase niedriger Zinsen und hohen Wirtschaftswachstums Verwundbarkeiten aufgebaut haben. Diese Verwundbarkeiten umfassen eine Unterschätzung von Kreditrisiken, die Überbewertung von Vermögenswerten und Kreditsicherheiten, etwa bei Immobilien, und die mit der Fristentransformation von Finanzinstituten einhergehenden Zinsänderungsrisiken.

Ein unerwarteter starker Konjunktureinbruch dürfte mit einer erheblichen Korrektur der Vermögenspreise verbunden sein. Somit würde er mehrere der genannten Verwundbarkeiten gleichzeitig offenlegen: Steigende Verluste durch Kreditausfälle und eine erhöhte Risikovorsorge würden damit einhergehen, dass Vermögenstitel und Kreditsicherheiten an Wert verlieren. Verluste würden die freien Eigenkapitalpuffer der Banken mindern.

Die Deutschen Banken hätten seit der Finanzkrise mehr Eigenkapital aufgebaut, was positiv zu bewerten sei. Allerdings schreibt man auch Zitat:

Allerdings sind die genannten Verwundbarkeiten nicht auf einzelne Banken begrenzt, sondern betreffen das gesamte Bankensystem. Damit geht das Risiko einher, dass eine Vielzahl von Banken gleichzeitig auf unerwartete Entwicklungen reagiert, um ihre von der Aufsicht oder vom Markt geforderten Eigenkapitalquoten einzuhalten. Bei einem konjunkturellen Abschwung und den damit verbundenen möglichen Verlusten können die Banken allerdings intern kaum Eigenkapital aufbauen. Und auch am Markt dürfte es in einem solchen Szenario nur schwer möglich sein, neues Eigenkapital aufzunehmen. So verbliebe nur die Möglichkeit, Verbindlichkeiten abzubauen, um so die Kapitalquoten zu stabilisieren (Deleveraging).

Im Ergebnis könnte das Bankensystem die Kreditvergabe übermäßig einschränken oder bestehende Kreditlinien kürzen. Dann würde es seine zentrale volkswirtschaftliche Funktion nur noch unzureichend erfüllen. Das Deleveraging des Finanzsystems könnte einen konjunkturellen Abschwung verstärken.

Bundesbank zur Risikovorsorge

Auch äußert sich die Bundesbank besorgt über eine niedrigere Risikovorsorge der Banken. Dies könne noch zu einem Problem werden. Zitat:

Die seit vielen Jahren gute konjunkturelle Lage hat zu einer rückläufigen Zahl der Insolvenzen von Unternehmen und Haushalten in Deutschland geführt. Diese gesunkenen Kreditrisiken spiegeln sich in einer niedrigen Risikovorsorge der Banken und geringeren regulatorischen Eigenkapitalanforderungen wider. Dies gilt insbesondere für große, systemrelevante Institute, die eigene Risikomodelle verwenden. Die gesunkenen Risikobewertungen und die geringere Risikovorsorge haben mit dazu beigetragen, dass sich die Eigenkapitalquoten der Banken erhöht haben. Durch diese niedrigen Risikobewertungen ist der Bankensektor gegenüber einem Szenario verwundbar geworden, in dem die Kreditrisiken plötzlich wieder steigen – zum Beispiel bei einer unerwarteten Eintrübung der Konjunktur und höheren Insolvenzraten. In einem solchen Fall dürften die Eigenkapitalpuffer der Banken nicht nur durch Verluste aus Kreditausfällen unter Druck geraten. Vielmehr können steigende Risikogewichte die Eigenkapitalanforderungen ebenfalls erhöhen.

Probleme sieht die Bundesbank auch bei Immobilien als Sicherheiten. Zitat:

Angesichts der dynamischen Preisentwicklung und der bestehenden regionalen Überbewertungen bei Wohnimmobilien besteht jedoch die Gefahr, dass der Wert von Kreditsicherheiten überschätzt wird. Bei deutlichen Preiskorrekturen könnte der Erlös von Immobilien bei einem Verkauf nicht ausreichen, >um die Verluste aus Kreditausfällen abzudecken. Ein Stresstest zeigt, dass ein Konjunktureinbruch und fallende Immobilienpreise die Immobilien-Kreditportfolios deutscher Banken teilweise empfindlich treffen würden.

Alle von der Bundesbank benannten Risiken kann man hier von Seite 7-13 nachlesen.

Bundesbank Vorstand
Der Bundesbank-Vorstand. Foto: Frank Rumpenhorst / Bundesbank CC BY-NC-ND 2.0



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