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Bundesbank: So stark könnte die deutsche Wirtschaft einbrechen

Deutsche Wirtschaft unter Dampf

Der Ukraine-Krieg und die daraufhin eingeführten Sanktionen sorgen für eingeschränkte wirtschaftliche Aktivität, gestörte Lieferketten und drastisch steigende Preise. Die Dynamik der weiteren Kriegsentwicklung und der Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft ist nur schwer abzuschätzen. Darauf weist auch die Bundesbank in ihrer aktuellen Sonderveröffentlichung ihres Monatsberichts für April hin, bei der es um die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs geht. Dennoch hat sie ein verschärftes Szenario veröffentlicht, was bei einer Eskalation des Ukraine-Kriegs („Verschärftes Krisenszenario“) und einer drastischen Reduzierung der Energieimporte aus Russland denkbar ist. Auszugsweise bringen wir an dieser Stelle aktuelle Aussagen der Bundesbank. Im Wortlaut:

Aus den Simulationen für Deutschland ergibt sich, dass in dem verschärften Krisenszenario bei besonders hohen Rationierungseffekten kurzfristig mit einem Rückstand des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) in der Größenordnung von bis zu 5% gegenüber der Basislinie, welche die Projektion der Europäischen Zentralbank (EZB) vom März 2022 widerspiegelt, zu rechnen wäre. Die Anfang März abgeschlossene EZB-Projektion enthielt nur eine erste Einschätzung der Auswirkungen des Krieges. Im verschärften Krisenszenario würde das reale BIP im laufenden Jahr gegenüber dem Jahr 2021 um knapp 2 % zurückgehen. Außerdem würde die Inflationsrate längere Zeit erheblich höher ausfallen. In diesem Jahr würden die bereits sehr hohen Raten der Basislinie um rund 1½ Prozentpunkte überschritten, im kommenden Jahr um rund 2 Prozentpunkte.

In der Gesamtschau ergeben sich in dem verschärften Krisenszenario für Deutschland erhebliche negative BIP-Effekte. Das genaue Ausmaß
lässt sich aber selbst für ein definiertes Szenario nur schwer beziffern. Den hier vorgestellten Berechnungen zufolge könnte der BIP-Verlust in Deutschland im laufenden Jahr – nimmt man die Verluste laut makroökonometrischem Modell und der Input-Output-Rechnung zusammen – in der Größenordnung von bis zu 5% liegen. In den Folgejahren würden sich die Verluste wieder etwas reduzieren, vor allem, wenn die russischen Energielieferungen nach und nach teilweise substituiert werden können und die damit verbundenen Rationierungseffekte nachlassen.

Warum könnte die deutsche Wirtschaft so stark beeinträchtigt werden? Dazu die Bundesbank:

Ein starker unmittelbarer Effekt auf die Wirtschaftsaktivität geht den Simulationen zufolge von dem unterstellten scharfen Anstieg der
Rohstoffpreise aus. Die Transmission verläuft vor allem über zwei Wege: Erstens berücksichtigt die gesamtwirtschaftliche Produktionsfunktion in BbkM-DE Energie als dritten Produktionsfaktor neben Arbeit und Kapital. Die Verteuerung von Energie drückt über höhere Kosten des Energieeinsatzes die Faktornachfrage und damit auch die Energieimporte. Zweitens steigen, ausgehend von der HVPI-Energiekomponente, die Verbraucherpreise. Dies dämpft die Realeinkommen, sodass die privaten Haushalte ihre Konsumausgaben reduzieren.

Die deutschen Exporte sinken deutlich gegenüber ihrem Vergleichsniveau. Das liegt an der großen Bedeutung der Verluste auf den ausländischen Absatzmärkten für die deutschen Ausfuhren. Dies wird durch den gegenläufigen Effekt der steigenden internationalen preislichen Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft nicht ausgeglichen.

Die negativen Auswirkungen erhöhter Unsicherheit auf die gewerblichen Investitionen und den privaten Konsum verstärken den Rückgang der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage und somit die kontraktive Wirkung der anderen Transmissionskanäle.

In der Summe verringert sich das reale BIP im laufenden Jahr um knapp 2 % gegenüber dem Vergleichsniveau. Für die Folgejahre zeigen die
Simulationsergebnisse – getrieben durch den Einfluss der Rohstoffpreise – einen noch stärkeren Effekt. Darin inbegriffen ist bereits der
positive Fiskalimpuls, der aber nur einen verhältnismäßig kleinen Anteil auffängt. Allerdings ist davon auszugehen, dass es in einem solchen
Szenario über die berücksichtigten und die inzwischen zusätzlich geplanten staatlichen Maßnahmen hinaus zu weiteren fiskalischen Stützungsmaßnahmen kommen dürfte, um den negativen Effekt auf das BIP stärker abzufedern.

Totaler Energie-Lieferstopp

Bei einem totalen Lieferstopp russischer Energie wären es folgende Auswirkungen – die Bundesbank betont aber die große Unsicherheit der Modelle. Zitat:

Die ergänzenden Modellrechnungen ergeben für das laufende Jahr BIP-Verluste eines Energielieferstopps von 1% in der ersten und 3¼% in der zweiten Rechenvariante. In beiden Varianten gibt es deutliche Amplifikationseffekte durch die Input-Output-Verflechtungen. So ist die aggregierte Schockwirkung jeweils mehr als doppelt so groß, wenn Vorleistungsverflechtungen mit in den Blick genommen werden. Dies liegt daran, dass vor allem diejenigen Branchen stark von dem Schock betroffen wären, die näher am Anfang der Wertschöpfungsketten stehen, wie die Grundstoffproduzenten im Verarbeitenden Gewerbe.

Mögliche dramatische Preisanstiege bei Öl

Die Bundesbank erwartet (auch wenn genaue Preisziele wohl nur grobe Vermutungen sind) deutlich steigende Ölpreise, und nennt auch einen Preis. 170 Dollar im Brent-Öl seien denkbar. Zitat:

Auf den internationalen Märkten für Rohöl, Erdgas und Kohle ist Russland ein bedeutender Anbieter. Auch bei einigen Industriemetallen und landwirtschaftlichen Erzeugnissen entfallen bedeutende Weltmarktanteile auf Russland und die Ukraine. Europa ist aufgrund der geografischen Nähe und der ausgebauten Transportinfrastruktur in vielen Fällen der Hauptabnehmer dieser Erzeugnisse. Im Fall eines Embargos russischer Energieexporte durch wichtige Abnehmerländer ist daher davon auszugehen, dass die Rohstoffnotierungen ihre jüngsten Höchststände deutlich überschreiten werden. Das genaue Ausmaß der Preisreaktion ist allerdings nur schwer abzuschätzen. Da der Fokus hier auf einem relativ adversen Szenario liegt, wird angenommen, dass der Preis für ein Fass Rohöl der Sorte Brent auf über 170 US-$ steigt. Auch die Kohlenotierungen könnten dann kräftig klettern. Am stärksten dürften die Erdgaspreise in Europa anziehen, da russische Lieferungen kurzfristig nur schwer zu ersetzen sind. Bei Nichtenergierohstoffen wäre insgesamt mit moderateren Preisaufschlägen zu rechnen. In allen Fällen wird angenommen, dass die Notierungen im Frühjahr 2022 einen Höhepunkt erreichen. Im Anschluss sinken sie langsam (teils unter saisonalen Schwankungen). Es wird dabei zwar unterstellt, dass die Importverbote für russische Erzeugnisse über den gesamten Simulationszeitraum in Kraft bleiben, aber es wird auch berücksichtigt, dass es im Zeitablauf zunehmend Angebots- und Nachfragereaktionen in allen Teilen der Welt gibt.

Mögliche Einbußen der deutschen Wirtschaft



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3 Kommentare

  1. puh, kann ich da nur sagen. Ergebnis einer total deutschlandfreundlichen Merkel&Co.-Politik. Immer noch schmeißt unsere Politik-Elite die Mrd. raus – vorzugsweise zu unseren Freunden.

    Der Ukrainie-Krieg muß gestoppt werden: Kein Geld, keine Waffen dort hin. Russland muß wie auch immer, zum Waffenstillstand gezwungen werden.

    Mit immer mehr Waffen verlängert sich das Drama und trifft eben auch knüppelhart. Letztlich will ich nicht dafür aufkommen müssen, dass der Krieg völkerrechtsverletztend ist. Dass die Grünen so schnell und so intensiv zur Kriegspartei mutiert sind, erschreckt mich. Für mich sidn sie für viele Opfer mit verantwortlich . Es ist auch für uns eine Tragödie.

    1. @Peter, wusste ich es doch, die Grünen sind Schuld!
      Dabei ist die Lösung aller Probleme so einfach: „Russland muß wie auch immer, zum Waffenstillstand gezwungen werden.“

  2. Die Vereinten Nationen befassen sich auch mit der Situation der Weltwirtschaft. Der UN-Generalsekretär nimmt an den G20-Treffen teil. Die Russische Föderation ist wie Deutschland und die EU ein G20-Mitglied, eine Rohstoffmacht, und ein bedeutender landwirtschaftlicher Akteur. Letzteres trifft auch auf die Ukraine zu. Von daher ist es schon einmal grundsätzlich konstruktiv/zielführend, daß der UN-Generalsekretär aktuell sowohl das persönliche Gespräch mit dem russischen Präsidenten, als auch mit dem ukrainischen Präsidenten sucht.

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