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Bundesverfassungsgericht: EZB-Anleihekaufprogramm darf mit deutscher Beteiligung weiterlaufen, weil man in Ruhe auf den EuGH wartet

Vor dem Bundesverfassungsgericht liegen Eilklagen vom alten CSU-Grantler Peter Gauweiler sowie weiterer Euro-Skeptiker vor. Sie klagen gegen Deutschlands Teilnahme am seit 2015 laufenden EZB-Anleihekaufprogramm...

FMW-Redaktion

Vor dem Bundesverfassungsgericht liegen Eilklagen vom alten CSU-Grantler Peter Gauweiler sowie weiterer Euro-Skeptiker vor. Sie klagen gegen Deutschlands Teilnahme am seit 2015 laufenden EZB-Anleihekaufprogramm (Public Sector Purchase Programme oder auch PSPP). Damit kauft die EZB seit mehr als zwei Jahren pro Monat für 60 Milliarden Euro Anleihen von Eurozonen-Mitgliedsstaaten. Die Begründung der Eilklagen in Kurzform: Mit diesen Käufen finde eine (verbotene) Staatsfinanzierung durch die EZB statt. Das ist die Einführung des „Linke Tasche Rechte Tasche“-Prinzips (so möchten wir es mal frei formulieren). Die staatliche Notenbank druckt Geld, und leiht es dem Staat als Regierung. Man erschafft quasi Geld, was man sich selbst leiht. Auch würde die EZB laut Klägern ihr Mandat bei weitem überschreiten, und in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten eingreifen. Denn eigentlich geht es bei dem Mandat der EZB nur um „Geldpolitik“.

Diese Eilklagen hat das Bundesverfassungsgericht heute zurückgewiesen. Dies tue man, weil die Zustimmung zu so einem Eilantrag die Entscheidung in der Hauptsache vorwegnehmen würde. Aber hatten wir das nicht schon mal? Hatten Gauweiler und Co nicht schon mal geklagt und verloren? Es verhält sich so: Das Bundesverfassungsgericht hatte den Fall zur Entscheidung an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) weitergereicht. Solange wartet das höchste deutsche Gericht, denn man will seine endgültige Entscheidung erst fällen, wenn man quasi höchstrichterlich die Meinung des EU-Gerichts vernommen hat.

Aber wenn das PSPP aller Wahrscheinlichkeit nach nächstes Jahr stufenweise abgebaut wird und seinem Ende entgegensieht, müsste der EuGH nur ein wenig Zeit verstreichen lassen, und ein Urteil gegen die Anleihekäufe käme zu spät. Daher hatten Gauweiler und Co vor dem Bundesverfassungsgericht per Eilantrag versucht diesen Prozess vor dem höchsten deutschen Gericht quasi wieder zum Leben zu erwecken. Aber wie die deutschen Richter heute zeigen, warten sie weiter in Ruhe auf eine Antwort des EuGH. Wenn EuGH und/oder Bundesverfassungsgericht den Klägern recht geben würden, könnte/müsste der Bundesbank als der EZB untergeordneter regionaler Notenbank untersagt werden an den Anleihekäufen weiter teilzunehmen. Aber man sieht ja, die Gerichte haben Zeit…

Interessant an der heutigen Ablehnung einer Aussetzung der Anleihekäufe ist dieser Satz. Zitat:

Die Vorwegnahme der Hauptsache ist auch nicht ausnahmsweise zulässig, weil den Antragstellern sonst ein schwerer, nicht wieder gutzumachender Nachteil entstünde.

Heißt auf deutsch: Da wie vom Gericht auch in der Original-Veröffentlichung erwähnt Deutschland einen extrem großen Teil an den Anleihekäufen hat, würde die EZB-Politik des PSPP bei einem Ausstieg der Deutschen so schwerwiegend gestört, dass die gewünschten Resultate des PSPP in Gefahr wären. Aber genau darum geht es doch. Die Kläger wollen ja, dass dieser PSPP-Prozess gestoppt wird, weil das ganze Verfahren illegal sei. Daher kann man der Meinung sein, dass die Begründung der Richter doch recht schwach ist. Man kann natürlich auch anderer Meinung sein. Hier auszugsweise die heutige Veröffentlichung vom Bundesverfassungsgericht im Wortlaut:

Wesentliche Erwägungen des Senats:

1. Durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung soll lediglich ein Zustand vorläufig geregelt, nicht aber die Hauptsache vorweggenommen werden. Eine Vorwegnahme der Hauptsache steht der Zulässigkeit eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nur dann nicht entgegen, wenn eine Entscheidung in der Hauptsache möglicherweise zu spät käme und dem Antragsteller ausreichender Rechtsschutz nicht mehr gewährt werden könnte. Eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache ist anzunehmen, wenn der beantragte Inhalt der einstweiligen Anordnung und das Rechtsschutzziel in der Hauptsache zumindest vergleichbar sind, wenn also die stattgebende einstweilige Anordnung mit dem Zeitpunkt ihres Erlasses einen Zustand verwirklicht, der erst durch die zeitlich spätere Entscheidung in der Hauptsache hergestellt werden soll.

2. a) Danach können die Anträge keinen Erfolg haben. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung hätte, soweit dadurch der Ankauf von Staatsanleihen durch die Bundesbank im Rahmen des PSPP untersagt würde, nicht nur vorläufigen Charakter. Mit der Unterbrechung der Anleihekäufe durch die Bundesbank würde die Zielsetzung des PSPP, durch eine weitere Lockerung der monetären und finanziellen Bedingungen eine Anhebung der Inflation auf knapp 2 % zu bewirken, aufgrund des hohen prozentualen Anteils der von der Bundesbank getätigten Ankäufe jedenfalls stark eingeschränkt oder womöglich sogar verhindert werden. Eine antragsgemäße einstweilige Anordnung ginge daher über die bloße Sicherung des Status quo hinaus und wäre weitgehend identisch mit einer stattgebenden Entscheidung in der Hauptsache.

b) Die Vorwegnahme der Hauptsache ist auch nicht ausnahmsweise zulässig, weil den Antragstellern sonst ein schwerer, nicht wieder gutzumachender Nachteil entstünde. Nach einer Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union bleibt eine stattgebende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in der Hauptsache möglich, so dass die Antragsteller im Hauptsacheverfahren ihr Rechtsschutzziel erreichen können. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Gerichtshof der Europäischen Union den Antrag des Senats auf Durchführung des beschleunigten Verfahrens abgelehnt hat; denn er hat zugleich mitgeteilt, die Rechtssache mit Vorrang zu entscheiden.




Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Foto: Tobias Helfrich / Wikipedia (CC BY-SA 3.0)



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4 Kommentare

  1. unabhängige gerichte, blablabla …
    alles rechtsverdreherei !!!

  2. Moin, moin,
    tja, wer hätte das auch gedacht? Aber wen von den BRD Micheln interessiert es? Genau, niemanden, nur uns kritischen Beobachtern der Szene.

    1. dito, whenyoulike… :)

  3. da gab’s schon mal was…
    http://www.derhauptstadtbrief.de/cms/99-der-hauptstadtbrief-120/480-verfassungsrichter-dulden-die-kompetenzanmassung-der-ezb-nicht
    tausendmal berührt tausendmal ist nix passiert :)
    wer stoppt endlich mal die ezb mafia mit draghi ??

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