Der Juli markierte einen Wendepunkt in China: E-Autos überholen Verbrenner. Doch massive Rabatte und Subventionen verhindern einen Absturz der klassischen Antriebe – vorerst. 2025 könnte alles anders werden.
Der Automarkt 2024 in China zeigt zwei Gesichter. Während E-Autos auf dem Vormarsch sind und Marktanteile gewinnen, halten sich klassische Verbrenner nur dank aggressiver Rabatte und staatlicher Förderungen über Wasser. Ein Blick auf die Zahlen und Trends zeigt, warum 2025 entscheidend für die Zukunft der Branche wird.
China: Die E-Autos überholen Verbrenner: Wendepunkt im Juli 2024
Der Juli 2024 markierte einen historischen Wendepunkt auf Chinas Automarkt: Erstmals übertrafen Fahrzeuge mit alternativen Antrieben (NEV) die Verkaufszahlen klassischer Verbrenner. Auf das gesamte Jahr betrachtet konnten sich die konventionellen Antriebe mit 52,1 % Marktanteil knapp behaupten. Doch das dürfte sich 2025 ändern. Nach Schätzungen wird der Anteil von NEVs auf über 57 % steigen – ein Trend, der die Verbrenner weiter unter Druck setzen wird.
Abb 1: Anteile nach Antriebsart 2024 und Projektion 2025. Quelle: CarNewsChina, CPCA, eigene Berechnungen.
Im Jahr 2024 wurden in China insgesamt 22,9 Millionen Fahrzeuge verkauft, ein Plus von 5.3 % gegenüber 2023. Davon entfielen fast 11 Millionen auf NEVs – ein beeindruckendes Wachstum von 41,6 %. Dieses Momentum spiegelt die zunehmende Elektrifizierung des größten Automarkts der Welt wider, bringt aber auch neue Herausforderungen mit sich.
Abb 2: Verkäufe Verbrenner und Autos mit alternativen Antrieben (NEV). Quelle: CarNewsChina.
Verbrenner-Verkäufe in China: Rabatte als Überlebensstrategie
Dass der Anteil der Verbrenner nicht stärker zurückging, lag vor allem an massiven Preisnachlässen. Im Durchschnitt sanken die Listenpreise für konventionelle Fahrzeuge um 20,5%. Bei NEVs waren die Reduktionen mit 9,1 deutlich geringer. Zusätzlich kommen oft Rabatte der Händler, Subventionen von der Zentralregierung, Provinzen und Kommunen sowie die Verschrottungsprämien hinzu. Diese Maßnahmen machen den Autokauf für viele chinesische Konsumenten attraktiver.
Abb 3: Rabatte auf Listenpreise von Verbrennern und Autos mit alternativen Antrieben. Quelle: Cui Dongshu.
Die staatlichen Programme stoßen aber zunehmend an ihre finanziellen Grenzen: Gegen Ende 2024 mussten viele Städte ihre Anreize einstellen, da die Mittel erschöpft waren. Währenddessen bleibt die Rabattschlacht der Hersteller ungebremst und ein zentrales Mittel, um Marktanteile zu sichern.
Chinas Kunden vertrauen neuen Modellen mehr
Gleichzeitig geraten klassische Verbrenner zunehmend ins Hintertreffen, weil Hersteller ihren Fokus verstärkt auf NEVs legen. Dadurch wächst nicht nur die Zahl neuer Elektro-Modelle, sondern auch die Alterung bestehender Verbrenner-Baureihen. Dazu kommt eine chinesische Besonderheit: Während in Europa neue Modelle oft mit Kinderkrankheiten starten und im Laufe ihres Lebenszyklus verbessert werden, gilt in China das Gegenteil. Dort genießen neue Modelle ein höheres Vertrauen. Doch je älter eine Modellreihe wird, desto mehr sparen die Hersteller an Komponenten, indem sie günstigere Alternativen einsetzen. Dies führt mit der Zeit zu Qualitätsproblemen, die das Interesse der Konsumenten zusätzlich schwächen.
Die Folge: Die Attraktivität der Verbrenner sinkt weiter – eine Entwicklung, die durch die wachsende Dominanz der Elektroautos noch verstärkt wird.
Hohe Rabatte, schwache Margen
Auch die internationalen Hersteller spüren den zunehmenden Druck. Ein Blick auf die Verkaufszahlen zeigt, dass heimische Marken wie BYD und Geely nicht nur bei NEVs dominieren, sondern auch bei der Gesamtmarkt-Durchdringung voranschreiten. Internationale Anbieter kämpfen nicht nur mit diesen starken Konkurrenten, sondern auch mit der wachsenden Präferenz der chinesischen Käufer für lokal produzierte Fahrzeuge. Dies zwingt sie zu hohen Rabatten, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Im Durchschnitt mussten ausländische Hersteller Rabatte in Höhe von 21,2 % auf ihre Listenpreise gewähren.
Die Auswirkungen der Preiskämpfe zeigen sich auch in der Profitabilität der Branche. Laut CPCA betrug die durchschnittliche Gewinnmarge in China 2024 lediglich 3,3%. Zum Vergleich: Internationale Hersteller erzielten im ersten Quartal 2024 deutlich höhere EBIT-Margen, etwa BMW mit 11,1% und Mercedes-Benz mit 10,8%. Volkswagen lag mit 6,1% im Mittelfeld, was zeigt, dass die Wolfsburger im Vergleich mit der chinesischen Konkurrenz besser abschneiden, aber auch sie unter dem Preisdruck leiden. Volkswagen liegt wie in den letzten Monaten auf Platz 16 der beliebtesten Hersteller von NEV-Autos. Im Dezember 2024 konnte VW rund 12.000 Fahrzeuge mit alternativen Antrieben absetzen, ein geringer Anteil im Vergleich zu den Marktdominanten BYD und Tesla.
Abb 4: Verkäufe im Dezember 2024 von Autos mit alternativen Antrieben in China. Quelle: Cui Dongshu, eigene Berechnungen.
Während NEV-Marktführer wie Tesla (5,5%) und BYD (4,6%) ebenfalls geringe Margen aufweisen, ist das Problem bei traditionellen Herstellern besonders ausgeprägt. Vor allem in der Elektro-Sparte von Ford zeigt sich der harte Wettbewerb: Ford steht mit einer Rendite von nur 2,9 % besonders unter Druck.
China: Preiskrieg entscheidet über Gewinner und Verlierer
Das Jahr 2025 wird für die chinesische Automobilindustrie ein weiteres schwieriges Jahr. Die Verkaufszahlen des Jahres 2024 verdeutlichen, dass der Absatz von Autos im Wesentlichen von Rabatten und staatlichen Förderungen abhängt – und nicht von einer starken Binnennachfrage. Darunter leiden die Margen, die im internationalen Vergleich schwach sind.
Die wirtschaftliche Gesamtlage bleibt angespannt, und es ist absehbar, dass viele kleinere Hersteller den Preiskrieg nicht überleben werden. Gleichzeitig nutzen neue Akteure die Dynamik, um sich im Markt zu positionieren.
Doch eines bleibt klar: Die Elektrifizierung wird den Markt weiterhin prägen und die Verbrenner noch stärker unter Druck setzen. Hersteller, die auf Innovation und Kostenreduktion setzen, könnten davon profitieren – der Rest wird auf der Strecke bleiben.
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