Chinesische Aktien setzen auch in dieser Woche ihren jüngsten Höhenflug fort, nachdem ein massives Stimulus-Paket eine Wende an Chinas Aktienmärkten eingeleitet hatte. Die gerade heißbegehrten China-Aktien sprangen am Mittwoch in Hongkong aufgrund von Konjunkturwetten zeitweise um mehr als 8 % noch oben. Damit stiegen die in Hongkong notierten Werte so stark wie seit fast zwei Jahren nicht mehr und trugen zur derzeitigen Euphorie bei, als die Händler von einem Feiertag zurückkehrten. Bei dieser rasanten Rally gibt es aber auch Verlierer: Die Leerverkäufer, die massiv gegen die chinesischen Aktienmärkte gewettet haben und nun tief unter Wasser stehen.
China-Aktien: Höhenflug hält an
Der Hang Seng China Enterprises Index setzte heute seine Rally fort und kletterte um bis zu 8,5 %, damit verlängerte er seine Gewinnserie auf 13 Tage in Folge. Wie Bloomberg berichtet, führten Immobilienentwickler die Zuwächse an, wobei ein Index, der den Sektor abbildet, um bis zu 35 % anstieg und damit einen neuen Tagesrekord aufstellte, während der Index der Brokerage-Aktien, ein Barometer für die Risikostimmung, um 32 % zulegte. Die chinesischen Festlandmärkte bleiben indessen bis zum 8. Oktober wegen eines einwöchigen Feiertags geschlossen.
„Hedgefonds und Investmentfonds, die zuvor untergewichtet waren, investieren nun in chinesische Werte“, so Billy Leung, Investmentstratege bei Global X Management in Sydney. „Diese Bewegungen werden durch eine breitere Umkehr an den Schlüsselmärkten wie Kupfer und den Währungen des asiatisch-pazifischen Raums unterstützt, die durch den erneuten Optimismus in Bezug auf das chinesische Wachstum angetrieben wird.
Stimulus-Paket leitet Wende ein
Die Stimmung gegenüber Aktien in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt hat seit Anfang letzter Woche einen dramatischen Umschwung erlebt, als die Behörden eine Reihe von Stimulierungsmaßnahmen vorstellten, die Zinssenkungen, die Freigabe von Cash für Banken und Liquiditätshilfen für Aktien umfassten. In vier großen Städten wurden außerdem die Beschränkungen für den Erwerb von Wohneigentum gelockert, und die Zentralbank senkte die Hypothekenzinsen.
Die Zuversicht wächst, dass der dreijährige Abwärtstrend chinesischer Aktien, der durch die stotternde Wirtschaft und die mehrjährige Immobilienkrise ausgelöst wurde, durch die Konjunkturpakete gestoppt werden konnte. Die Anleger hätten eigentlich reichlich Grund vorsichtig zu bleiben, denn es gab im Februar schon eine Rally, die wieder in sich zusammengefallen ist. Doch diesmal scheint der Anstieg nachhaltiger zu sein, obwohl es nach der rasanten Rally durchaus zu Rücksetzern kommen kann.
Chinas Aktienmärkte sind günstig
Bislang tragen die attraktiven Bewertungen chinesischer Aktien nach ihrem lang anhaltenden Rückgang dazu bei, Anleger anzulocken.
Trotz des jüngsten Kursanstiegs wird der Hang Seng China Enterprises Index immer noch mit weniger als dem Neunfachen der geschätzten Gewinne für die nächsten 12 Monate gehandelt, also deutlich weniger als der Hälfte des S&P 500, wie von Bloomberg zusammengestellte Daten zeigen.
Die Brokerhäuser legten am Mittwoch zu, da sie optimistisch sind, dass sie zu den Hauptprofiteuren des Aktienhandels gehören werden, da sie bei jedem Handel eine Provision erhalten. Der Aktienkurs von China Merchants Securities legte um bis zu 76 % zu, während Guolian Securities Co. um fast 50 % stieg.
Hedgefonds im Kaufrausch
Nach Angaben von Goldman Sachs stürzen sich Hedgefonds in einem noch nie dagewesenen Tempo auf chinesische Aktien. Leveraged Funds tätigten im September Nettokäufe asiatischer Aktien in Rekordhöhe, angeführt von China und Hongkong, wie aus den Daten des Prime Brokerage Desks der Investmentbank hervorgeht.
Der milliardenschwere Investor David Tepper kauft verstärkt „alles“, was mit China zu tun hat, während der weltgrößte Vermögensverwalter BlackRock chinesische Aktien jetzt übergewichtet. Mount Lucas Management mit Sitz in den USA hat sich bei börsengehandelten China-Fonds positiv positioniert, während GAO Capital mit Sitz in Singapur chinesische Large-Cap-Aktien kauft.
„Wenn die weitere Politik die Erwartungen übertrifft, kann die Hausse meiner Meinung nach drei Monate bis ein halbes Jahr andauern“, sagte Bo Pei, ein Aktienanalyst bei US Tiger Securities Inc. „Eine Korrektur inmitten eines so starken Anstiegs wäre jedoch nicht ungewöhnlich. Wichtig ist, ob der Kurs nach der Korrektur weiter steigen kann. Ich persönlich bin da recht zuversichtlich.“
Chinas Aktienmärkte stehen an der Spitze
Die chinesischen Aktienmärkte stehen an der Spitze der weltweiten Aktienbenchmarks, die im vergangenen Monat gestiegen sind. Der Hang Seng China Enterprises Index ist mit einem Plus von 31 % der Spitzenreiter, während der Hang Seng Index mit 28 % an zweiter Stelle liegt.
„Wir sehen die wirtschaftlichen Aussichten Chinas positiver“, schrieb Sylvia Sheng, globale Multi-Asset-Strategin bei JP Morgan Asset Management, in einer Kundenmitteilung. „Positive Signale von der chinesischen Regierung und den Aufsichtsbehörden sowie deren verstärkte Konzentration auf die Unterstützung des Wirtschaftswachstums und die Stabilisierung des Immobiliensektors sollten dazu beitragen, die Marktpreise zu stützen und den Aktienmärkten Schwung zu verleihen.“
Wo Gewinner sind, gibt es auch Verlierer
Die Verlierer sind diejenigen, die gegen chinesische Aktien gewettet haben. Einem Bericht von S3 Partners zufolge hat die dramatische, durch Konjunkturmaßnahmen ausgelöste Rally chinesischer Aktien Händler, die gegen in den USA notierte Aktien wetten, rund 6,9 Mrd. USD an Mark-to-Market-Verlusten (Buchwertverlusten) gekostet.
Der chinesische Leitindex CSI 300 ist seit seinem Tiefpunkt am 13. September um mehr als 27 % gestiegen, unterstützt durch eine Reihe von Maßnahmen zur Stärkung der Konjunktur und zur Lockerung der Geldpolitik, während der Nasdaq Golden Dragon Index der in den USA notierten chinesischen Aktien um mehr als 36 % gestiegen ist. Die zwischenzeitlichen Gewinne der Leerverkäufer seit Jahresbeginn in Höhe von rund 3,7 Mrd. USD wurden dadurch vollständig zunichte gemacht. Die Short-Positionen liegen nach Angaben des Marktanalyseunternehmens nun rund 3,2 Mrd. USD im Minus.
„Vor der jüngsten Erholung bauten Leerverkäufer ihre Positionen in einem fallenden Markt gewinnbringend auf“, so Ihor Dusaniwsky, Managing Director of Predictive Analytics bei S3, in dem Bericht. Seit dem Aufschwung haben sich die Leerverkäufe deutlich verlangsamt, fügte er hinzu.
Bevor Peking die Akteinmärkte mit seinen Konjunkturplänen überraschte, waren Leerverkäufe chinesischer Aktien eine beliebte Strategie, wobei eine Reihe von Marktbeobachtern den das Land sogar als „uninvestierbar“ bezeichneten. Vor einem Monat gaben 19 % der Befragten in einer Umfrage der Bank of America unter globalen Fondsmanagern noch an, dass Leerverkäufe chinesischer Aktien die am stärksten nachgefragte Strategie sei, gleich nach Long-Positionen in den sogenannten „Magnificent Seven“-Technologieaktien.
Schmerzen für Leerverkäufer
Die schmerzhaftesten Geschäfte für Leerverkäufer waren Alibaba Group Holding und JD.com laut S3-Daten. Auf der anderen Seite haben Händler, die gegen Nio, Li Auto, XPeng und PDD Holdings gewettet haben, immer noch schwarze Zahlen geschrieben.
Trotz des jüngsten Anstiegs der in den USA notierten chinesischen Aktien haben es die Leerverkäufer den Daten zufolge noch nicht eilig, ihre Positionen einzudecken. Sollte die Aktienmärkte jedoch weiter steigen, rechnet S3 damit, dass ein erheblicher Teil der Leerverkäufe in diesem Sektor die Aktienkurse noch weiter nach oben treiben wird, da sich der Short-Squeeze fortsetzen dürfte.
„Der Aktienkurs von BABA könnte am stärksten profitieren, wenn die Leerverkäufe beginnen, sich in großem Umfang einzudecken, da die Aktie in dieser Rally vermehrt Leerverkäufe verzeichnete“, so Dusaniwsky. „Da die Leerverkäufe einen Teil des Drucks durch die Long-Käufe nicht mehr ausgleichen, könnten die Deckungskäufe zusammen mit den Long-Käufen den Kurs steiler werden lassen.“
FMW/Bloomberg
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