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China: Bremsklotz oder Wachstumslokomotive für 2020?

Wenn sich die Regierung jedoch wirklich um die Beschäftigung kümmern will, muss sie den Privatunternehmen größere Aufmerksamkeit widmen, die wesentlich produktiver sind als die chronisch unterausgelasteten und überschuldeten staatlichen Unternehmen (SOEs).
Der Privatsektor ist der Motor der chinesischen Wirtschaft, da er nach offiziellen Angaben mehr als 50 Prozent der Steuereinnahmen, 60 Prozent des BIP, 70 Prozent der Exporte und 80 Prozent der Arbeitsplätze repräsentiert. Doch viele Privatunternehmen haben Schwierigkeiten, sich zu finanzieren: Im Gegensatz zu Staatsunternehmen werden Kreditgesuche von Banken häufiger abgelehnt oder die Privaten erhalten Kredite zu höheren Zinssätzen. Die einzige Alternative ist oft der graue Kapitalmarkt mit Krediten zu Wucherzinsen.

Noch ausreichend Luft für Konjunkturstimuli

Auf der anderen Seite verfügt die Volksrepublik über eine prall gefüllte Pulverkammer an geld- und fiskalpolitischen Instrumenten, um der Wachstumsschwäche entgegenzuwirken. Das Land hält allein über 3,1 Billionen US-Dollar Währungsreserven (davon 95 Mrd. US-Dollar Goldreserven).

Damit entsprechen die Gesamtreserven Chinas ca. 22 Prozent des gesamten BIP (14,14 Billionen US-Dollar).Der Leitzins in Chinas (Loan Prime Rate – LPR) liegt nach vier Zinssenkungen im letzten Jahr bei aktuell 4,15 Prozent. Damit besteht noch komfortabler Spielraum für qualitative geldpolitische Lockerungsschritte. Gleiches gilt für die im internationalen Vergleich noch recht hohen Mindestreserveanforderungen für Banken, die aktuell 13,5 Prozent ihrer Einlagen bei der Peoples Bank og China vorhalten müssen, was den Kreditschöpfungsspielraum der Banken künstlich limitiert. Zum Vergleich: In der Eurozone liegt die Mindestreservepflicht aktuell bei einem Prozent (1%).

Die chinesische Zentralbank hat jüngst beschlossen, der Wirtschaft mehr als 800 Milliarden Yuan (104 Mrd. Euro) zuzuführen, indem der Barbetrag, den Finanzinstitute als Rücklage (Mindestreservesatz) vorhalten müssen, gesenkt wird. Damit soll die Liquidität im Bankensektor erhöht und eine günstigere Finanzierung für die Realwirtschaft gewährleistet werden.

Mit der jüngsten Senkung des Mindestreservesatzes um 0,5 Prozentpunkte für die meisten Finanzinstitute möchte die chinesische Zentralbank die Mittel für Finanzinstitute erhöhen, um speziell die Kreditvergabe an Privathaushalte und KMUs zu stimulieren.
Mittelständischen und kleineren Geschäftsbanken werden durch die Senkung des Mindestreservesatzes mehr als 120 Milliarden Yuan (15,6 Mrd. Euro) zusätzlicher Kreditspielraum eröffnet. Außerdem werden die Finanzierungskosten der Banken jährlich um etwa 15 Milliarden Yuan gesenkt (2 Mrd. Euro).

Fazit und Ausblick

Die Wachstumsrate in China durchläuft eine Phase der Normalisierung, was schon allein wegen des Basiseffekts in einem übergeordneten Lebenszyklus einer Volkswirtschaft normal ist. China ist in den letzten 30 Jahren vom industriellen Entwicklungsland zur Wirtschaftsmacht mit weltweitem Einfluss gereift. Damit einhergehen jedoch auch negative Begleiterscheinungen wie eine starke öffentliche und private Verschuldung. Dennoch hat China ausreichend geld- und fiskalpolitisches Pulver, um seine Wirtschaft trotz der genannten Herausforderungen zumindest zu stabilisieren. Der kurz bevorstehende Phase-1-Handelsdeal mit den USA ist in Bezug auf die Konjunkturaussichten Chinas und hier speziell im Hinblick auf die Exportentwicklung ebenfalls positiv zu werten.

Mittelfristig bleibt China jedoch mit großen Problemen konfrontiert, die von der Rivalität mit den USA, über die Verschuldung bis hin zur Demografie reicht. Ob diese Herausforderungen von dem Regime in Peking gelöst werden können, wird langfristig auch über das Schicksal der Kommunistischen Partei entscheiden. Für die Weltwirtschaft bleibt China in diesem Jahr der wichtigste Impulsgeber für das Wachstum und damit eine potenzielle Wachstumslokomotive, sofern die Regierung und die Zentralbank die Wirtschaft in ausreichendem Maße künstlich stimulieren.



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