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Wirtschaftliche Zerreißprobe China: Deflation frisst das Wachstum auf

Der erhoffte Aufschwung bleibt aus

Foto: Bloomberg

China steht vor einer wirtschaftlichen Zerreißprobe. Trotz massiver staatlicher Programme und Konsumanreize bleibt der erhoffte Aufschwung aus. Stattdessen beherrschen stagnierende Nachfrage, fallende Preise und tief verwurzelte strukturelle Schwächen das Bild. Eine gefährliche Deflationsspirale droht, das Fundament der Wirtschaft zu untergraben.

China: Konsumanreize mit begrenzter Wirkung

Die Inflation zeigt ein alarmierendes Bild. Im November stieg der Verbraucherpreisindex (CPI) lediglich um 0,2% im Vergleich zum Vorjahr – ein Wert, der hinter den ohnehin niedrigen Erwartungen zurückblieb. Ohne die kräftigen Preissteigerungen bei Lebensmitteln wie Schweinefleisch (+13,7 %) und Gemüse (+10 %) wäre die Inflation tief im negativen Bereich. Der Ökonom Michael Pettis an der Beijing University beschreibt die Situation drastisch: „Die CPI-Preise sind von August bis November mit einem annualisierten Rückgang von über 3,5% gefallen.“

China Deflation November

Auch abseits der Lebensmittelpreise zeigt sich der deflationäre Druck: Fahrzeuge wurden im Schnitt 4,8% günstiger, Haushaltsgeräte um 3,1%. Gleichzeitig sank der Erzeugerpreisindex (PPI), der die Fabriktorpreise misst, im November im Jahresvergleich um 2,5% – der 26. Rückgang in Folge. Unternehmen senken verzweifelt ihre Preise, oft unterhalb der Produktionskosten, um Lagerbestände zu reduzieren.

Eine staatliche Verschrottungsprämie für Autos und Haushaltsgeräte sollte die Konsumnachfrage ankurbeln. Laut der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua führte dieses Programm bis Ende November zu Käufen im Wert von knapp 1 Billion Yuan (ca. 130 Milliarden Euro). Doch der Effekt bleibt begrenzt. Michael Pettis betont: „Die tatsächliche Steigerung des Konsums ist marginal, bestenfalls 0,1 Prozentpunkte des BIP.“ Viele Haushalte nutzten die Prämie lediglich, um bestehende Budgets umzuschichten, ohne zusätzliche Ausgaben zu tätigen.

Politbüro deutet neue Maßnahmen an

Angesichts dieser Entwicklungen versprach das Politbüro auf ihrer Sitzung vorgestern, finanzpolitische Lockerungen durchzuführen. Konkrete Entscheidungen werden jedoch erst auf der Central Economic Work Conference am 11. und 12. Dezember erwartet. Beobachter fragen sich, ob Peking erneut zur „fiskalischen Bazooka“ greifen wird, obwohl die Verschuldung bereits beängstigende Ausmaße angenommen hat.

Bereits im Oktober kündigte die Regierung ein 2-Billionen-Yuan-Programm (ca. 260 Milliarden Euro) an, um lokale Verwaltungen bei der Reduzierung ihrer versteckten Schulden zu unterstützen. Doch wie die Finanzpublikation Yicai berichtete, sind 97% dieser Mittel bereits aufgebraucht. Die Schuldenlast der Kommunen, die Ende 2023 auf 14,3 Billionen Yuan (ca. 1,86 Billionen Euro) geschätzt wurde, bleibt ein massiver Bremsklotz für die finanzielle Stabilität des Landes.

Reformen in China dringend nötig

Tiefgreifende strukturelle Probleme wie Überproduktion und ineffiziente staatliche Eingriffe und die Konsumflaute bleiben ungelöst. Die politische Führung zögert, notwendige Reformen anzugehen, die kurzfristige wirtschaftliche Schmerzen verursachen könnten. Doch ohne diese Reformen wächst das Risiko einer noch tieferen Krise. Der Bloomberg-Ökonom Eric Drewel warnt: „Da sich der private Sektor in einer schwachen Verfassung befindet, ist eine stärkere staatliche Stimulierung erforderlich, um die Erholung der Wirtschaft anzukurbeln und Deflationsrisiken abzuwehren.“

Die Zeit drängt

Die bisherigen Maßnahmen verdecken lediglich die tieferliegenden Probleme. Die kommende Central Economic Work Conference könnte eine entscheidende Wegmarke werden – vorausgesetzt, die Führung wagt mutige Reformschritte. Doch bislang deutet wenig darauf hin, dass Peking bereit ist, den Kurs zu ändern. Die Gefahr ist offensichtlich: Je länger die Regierung zögert, desto größer werden die wirtschaftlichen und sozialen Kosten für China.

Die Deflation erodiert das Wachstum in China – und die Zeit für oberflächliche Lösungen läuft ab.



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2 Kommentare

  1. Ein Zitat von Capital.de:

    Erhebliche Teile von Chinas Wirtschaft hängt am Immobiliensektor. Inklusive nachgelagerter Industrien wie die Produktion von Stahl und Zement macht sie bis zu ein Drittel der Wirtschaftskraft aus. […] Viele Chines:innen kennen zur finanziellen Absicherung nichts anderes als Betongold. Dazu kommt die Verflechtung des Finanzsektors mit dem Bau.

    Wie sollen da Reformen möglich sein?

    In Deutschland lag der Anteil der Bauindustrie am BSP 2022 bei 6% (ohne Stahl und Zement). Selbst wenn es 10% wären, in China sind es 1/3!

  2. @ Robert, natürlich sehr schlechte Lage in China und die Abhängigkeit vom Betongold. Aber immerhin hat das planwirtschaftliche China die Immoblase und die Aktienblase platzen lassen ( müssen) und sie haben nie mit Nullzinsen gepusht. Im Westen könnte da noch einiges bevorstehen, denn die Abhängigkeit von Kryptos und total gehypten Aktien ist noch schlechter als die von Betongold und statt eineKorrektur zuzulassen wird immer mehr gestützt. Das heisst, der Westen macht jetzt mehr Planwirtschaft als die Schinesen.Fazit: Die Chancen im gefallenen China müssten jetzt grösser sein als vor allem beim überteuerten US- Markt und darum könnten Umschichtungen das Ami- Kartenhaus zu Fall bringen.

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