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Die Lage in China nach den Protesten China: Die Stille nach den Protesten

China Stille danach

Nachdem es in vielen Teilen von China am Wochenende zu Protesten kam, ist nun Ruhe eingekehrt. Derweil steigen die Corona-Infektionen weiter.

China: Über 40.000 Neuinfektionen

Für Sonntag rapportierte die National Health Commission 40.052 Corona-Neuinfektionen. Seit nun fünf Tagen steigen die Fallzahlen auf immer neue Höchststände. Dabei ist Chongqing, die größte Stadt der Welt mit einem Verwaltungsgebiet mit über 31 Millionen Einwohnern, mit knapp 10.000 Fällen am schlimmsten betroffen. Die Einwohner sind mittlerweile seit August mehr oder weniger in der Stadt eingesperrt. Heute wurde per Drohnen flächendeckend in der Innenstadt Desinfektionsmittel verteilt. Auch in Chongqing gab es gestern Proteste, die teilweise offenbar auch gewalttätig waren.

Weiter steigende Zahlen, wenn auch noch auf niedriges Niveau, meldet auch Shenzhen (126 Neuinfektionen). In Guangzhou stagnieren seit einigen Tagen die Infektionen auf einem Plateau von um die 8.000 Neuinfektionen. In der Hauptstadt Beijing stiegen die Zahl der Neuinfektionen auf etwas unter 4.000.

Keine neuen Proteste

Die Lage in den Städten scheint ruhig zu sein. Bis auf erhöhte Polizei-Aufgebote an den neuralgischen Punkten, verläuft das Leben weitgehend unter den gegebenen Umständen normal.

In Shanghai ist das Gebiet rund um die Wulumqi Road, das Zentrum der Proteste in Shanghai weiträumig mit Barrikaden abgesperrt. Die Geschäfte sind dort und in einigen Nebenstraßen geschlossen. In Baidu Maps, dem chinesischen Gegenstück zu Google Maps, wurde die Wulumqi Road in der Tat entfernt. Mindestens ein Lieferant von weißem Papier hat den Verkauf gestoppt. Passanten, vor allem Ausländer, werden auf der Straße von Polizisten angehalten und deren Telefone überprüft, ob sie Fotos von den Protesten gespeichert haben. Offenbar wurden die verhafteten Protestanten „nur“ in Administrativ-Haft genommen. In China hat die Polizei das Recht, Personen bis zu 10 Tage ohne richterliche Überprüfung einzusperren. Dies ist auch ein Zeichen, dass die politische Führung hier auf Deeskalation setzt.

Gemischte Signale

In Peking scheinen die Proteste in der Tat zumindest ein wenig Wirkung erzielt zu haben. Die Stadtverwaltung hat eine Verfügung herausgegeben, dass das Verbarrikadieren von Gebäuden bzw. Wohnkomplexen von nun an verboten sei.

In Shanghai hingegen wurde die Testfrequenz von bisher 72 Stunden auf 48 Stunden herabgesetzt. De facto bedeutet dies, dass die Einwohner nun alle 24 Stunden zum Test müssen.

In Guangzhou wurden alle Metro-Stationen in einem Distrikt geschlossen. In Shenzhen dürfen die Tests nicht älter als 24 Stunden sein. Darüber dürfen Restaurants und andere Geschäfte mit hohen Besucheraufkommen nur noch 50% ihrer Kapazität nutzen. Wer kann, soll von zu Hause arbeiten.

Quo Vadis, China?

Die Frage, die sich als allererstes stellt, ist, ob es erst einmal, ob die Proteste am Wochenende nur eine einmalige Eruption bleiben, oder ob es zu weiteren Unmutsbekundungen kommt. Der Großteil der chinesischen Bevölkerung hat wenig bis nichts von den Protesten erfahren. Im Moment deutet es eher daraufhin, dass es im Moment keine weiteren Demonstrationen geben wird.

Allerdings hat das Wochenende der Regierung sehr deutlich gezeigt, dass die Geduld der Bevölkerung am Ende ist. Ein weiteres Unglück, wie das in Urumqi, kann zu einem neuen Ausbruch von Protesten führen. Und solche Unglücke geschehen in China auch in normalen Zeiten recht häufig, aus einem Zusammenspiel von mangelnden Sicherheitsvorkehrungen und mangelnden Einsicht von potentiellen Gefahren. Dass Bauarbeiter in einem Bewohnten Gebäude offenes Feuer entfachen, ist keine Ausnahme, sondern eher die Regel.

Besonders alarmierend sollte für die Kommunistische Partei sein, dass sich offenbar die Mittelschicht mit den Studenten verbindet. Bisher gingen Proteste immer von den Wanderarbeitern aus. Die Proteste haben sich in die reichen Viertel der reichen Städte verlagert.

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Der 20-Punkte-Plan hat mehr Verwirrung als Klarheit und eher zu weniger, denn zu mehr Freiheit geführt. Die täglich durchgeführte Inner-Chinesischen Flüge befinden sich mittlerweile wieder auf dem niedrigen Niveau vom Mai dieses Jahres. Peking selber gleicht einer Geisterstadt. Aber trotz weiter steigender Zahl sieht die Stadt immer noch von Flächendeckenden Lockdowns ab.

Was man auch nicht vergessen darf: China befindet sich immer noch in einer Zeit des Interregiums. Formal gesehen ist Xi Jinping zwar in das Ständige Komitee der Kommunistischen Partei gewählt worden, aber noch nicht als Generalsekretär bestätigt worden. Auch die anderen Positionen, wie des Premierministers, sind noch nicht neu besetzt worden. Der höchstrangigste chinesische Führer, der heute auf der Titelseite zu sehen ist, ist der Außenminister Wang Yi.

Xi Jinping war seit seiner Rückkehr vom Asia Pacific Economic Cooperation nicht mehr in der Öffentlichkeit gesehen worden. Er befindet sich weiterhin im „Südlichen Palast“ in der Regierungssiedlung Zhongnanhai. Der nächste bekannte Termin ist ein Treffen mit dem Präsidenten des europäischen Rates, Charles Michel. Wie immer, wenn Xi Jinping längere Zeit nicht in der Öffentlichkeit zu sehen ist, sprießen die Gerüchte. Diese sollten nicht allzu ernst genommen werden. Dieses Mal heißt es, er hätte Covid. Zurückzuführen ist diese Geschichte, dass der Chief Executive, also der Bürgermeister von Hong Kong, John Lee, positiv auf Corona nach seiner Rückkehr vom Asia Pacific Economic Cooperation getestet wurde, wo er neben Xi Jinping saß.

Verkündet Xi Jinping auf dem Parteitag das Ende des Virus?

Aus vielen Gründen erscheinen weitere Öffnungsschritte im Moment unwahrscheinlich. Auch mit den bisherigen Maßnahmen steigen die Infektionszahlen, aber weiterhin stehen nicht genügend Krankenhausbetten, insbesondere Intensivbetten, zur Verfügung. Dabei hat die kalte Jahreszeit, in der Erkältungskrankheiten ohnehin häufiger auftreten, noch gar nicht richtig begonnen.

In knapp zwei Monaten steht mit dem Frühlingsfest eine der Haupreisezeiten an. Die Verantwortlichkeiten werden es mit Sicherheit nicht zulassen, dass durch eine laxe Reisepolitik weitere Hotspots entstehen. Die nächste Reisewelle wäre dann erst wieder im Mai, sieht man vom Qingming, dem Gräberfestival, ab.

Im März finden die „Zwei Sitzungen“ statt und damit das Interregium. Bis dahin sollte spätestens die Winterwelle vorbei sein und Xi Jinping könnte mit Öffnungschritten beginnen, um dann im Oktober auf dem Nationalkongress endgültig den Sieg Chinas über das Virus verkünden zu können. Dies hätte sowohl für  Xi Jinping, als auch den neuen Premierminister den Vorteil, die schlechte wirtschaftliche Entwicklung Li Keqiang in die Schuhe schieben zu können..



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