Die Wirtschaft in China enttäuscht im Mai: Konsum künstlich gestützt, Immobilienpreise fallen weiter, Industrie schwächelt. Eine echte Erholung bleibt vorerst aus.
China enttäuscht im Mai: Keine Erholung der Wirtschaft in Sicht
Nach Monaten, in denen die Wirtschaft in China auf dem Weg der Besserung schien, überwiegen wieder schlechte Nachrichten. Der Immobiliensektor schwächelt weiter, Industrieproduktion und Investitionen enttäuschen, und der überraschend starke Einzelhandelsumsatz erweist sich als künstlich aufgebläht. Subventionsprogramme wie die Verschrottungsprämie treiben den Konsum, doch strukturelle Probleme bleiben ungelöst.
Einzelhandel als trügerischer Lichtblick
Der Einzelhandelsumsatz stieg im Mai um 6,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, das stärkste Wachstum seit Dezember 2023 und über den Erwartungen der Analysten. Neben saisonalen Effekten wie den Mai-Feiertagen und dem Drachenbootfestival spielte die Verschrottungsprämie eine entscheidende Rolle, verstärkt durch Werbekampagnen für das 618-Shopping-Festival von JD.com. Das Programm, das den Austausch alter Geräte und Fahrzeuge gegen energieeffiziente Modelle fördert, generierte bis Ende Mai einen Umsatz von 1,1 Billionen Yuan (circa 132 Milliarden Euro).
Doch der Erfolg überfordert das System. Über zehn Städte, darunter Zhenjiang, Yangzhou und Suzhou, stellen die Auszahlungen vorübergehend ein, da die erste Förderrunde erschöpft sind. „Die Pausen resultieren aus Systemupgrades und Verzögerungen bei der Geldauszahlung, nicht aus einem Programmende“, erklärte ein Sprecher der Handelskammer Jiangsu. Ab 1. Juni führt Jiangsu ein quotenbasiertes System ein, das bis Jahresende laufen soll. Wu Xianjian von der Chinesischen Handelsvereinigung für Haushaltsgeräte betont, dass zweite und dritte Förderrunden geplant oder bereits verteilt werden, um die Lücke zu schließen. Dennoch sorgen die Unterbrechungen während des 618-Festivals für Unzufriedenheit bei Verbrauchern und Händlern.
Die Aufschlüsselung des NBS zum Einzelhandelsumsatz zeigt dann auch, dass neben Marken-Läden im Technikbereich vor allem Convenience-Stores profitieren. Mit anderen Worten: Kombiniert mit anderen Daten, wie der zur Mobilität der chinesischen Bevölkerung zeigt, dass die Menschen näher an ihrem Wohnort einkaufen, was darauf hinweist, dass die Arbeitslosenquote deutlich höher ist als die offizielle von 5 Prozent im Mai und dass die Menschen, wenn sie schon was anderes einkaufen als Lebensmittel, dazu vor allem die Umtauschprämie nutzen. Der Konsum ist also nicht nachfrage-, sondern subventionsgetrieben. Entsprechend sank auch der Verbraucherpreisindex um 0,1 Prozent, der vierte Rückgang in Folge, während die Erzeugerpreise um 3,3 Prozent einbrachen.
China: Immobilienpreise fallen schneller, Produktion schwächelt
Die Menschen halten auch deswegen ihr Geld zusammen, weil die Häuserpreise weiter gesunken sind und der Preisverfall sich entgegen dem Trend der letzten Monate wieder beschleunigt hat. Die Preise für neue Wohnungen sanken im Mai um 0,2 Prozent gegenüber dem Vormonat, der stärkste Rückgang seit Oktober letzten Jahres. Auf Jahresbasis fielen die Preise um 3,5 Prozent, nach einem Rückgang von 4 Prozent im April.
Die Industrieproduktion wuchs im Mai um 5,8 Prozent, ein Rückgang gegenüber 6,1 Prozent im April und unter den erwarteten 5,9 Prozent. Die Investitionen in Sachanlagen stiegen in den ersten fünf Monaten um 3,7 Prozent, verfehlten die Prognosen und lagen unter den 4 Prozent von Januar bis April. Diese Zahlen spiegeln die anhaltende Schwäche der Wirtschaft wider, die durch deflationäre Tendenzen und einen kriselnden Immobiliensektor belastet wird.
Die Verschrottungsprämie und andere Subventionen haben weitreichende Auswirkungen. Michael Pettis, Finanzprofessor an der Peking-Universität, betont: „Politische Maßnahmen zur Reduzierung von Arbeitsplatz- und Einnahmenverlusten für Unternehmen mögen wie ein rein innerstaatliches Problem erscheinen, aber da diese Politiken zu einem schnelleren Anstieg der Produktion als des damit verbundenen Konsums führen, sind sie auch effektiv Handelspolitiken.“ Die Förderung unrentabler Unternehmen und der Exportfokus erhöhen Chinas Sparquote und verschärfen Handelsungleichgewichte, was Spannungen mit Partnern wie den USA und der EU anheizt.
Peking blockiert Strukturwandel
Die Verschrottungsprämie kurbelt zwar kurzfristig die Nachfrage an, doch strukturelle Probleme wie Überkapazitäten und die Immobilienkrise bleiben ungelöst. Ohne Reformen, die den Markt effizienter gestalten, droht die Wirtschaft weiter an Schwung zu verlieren, zumal die Stärke im Export durch den Zollstreit bedroht ist. Der Einzelhandelsaufschwung ist ein positives Signal für die Wirtschaft, aber die anhaltende Deflation, schwache Investitionstätigkeit und der Immobilienabschwung zeigen, dass China weit von einer nachhaltigen Erholung entfernt ist. Der Druck, endlich nachhaltige Reformen durchzuführen, wird immer stärker. Denn je länger die Führung in Peking damit wartet, desto heftiger wird auch der Anpassungsschmerz.
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