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Warum der Konsum gedämpft bleibt, solange Immobilienpreise fallen China: Erholung – aber wegen Immobilienmarkt kein Boom

China Wirtschaft Erholung

Einen Monat nach dem Ende der „Null-Covid“-Politik zeigt China eine Erholung, aber (noch) keinen Boom. Langfristige und globale Trends überlagern die kurz- und mittelfristige Entwicklung.

China: Immobilienmarkt und Demographie

Zu den langfristigen Trends gehören der Immobilienmarkt und die demografische Entwicklung, die zwei Seiten einer Medaille sind. 2022 war das Jahr, in dem die Bevölkerung Chinas zu schrumpfen begann. Im September hatte Forscher Yi Fuxian eine Studie vorgestellt, die besagte, dass die Einwohnerzahl wahrscheinlich von den Behörden zu hoch dargestellt wurde und bereits seit 2021 sinkt. Nun bestätigt auch die offizielle Statistik, dass die Bevölkerung tatsächlich abnimmt. Es ist bereits seit Jahren bekannt, dass die chinesische Rentenkasse wahrscheinlich bis 2035 leer sein wird.

Sowohl nach Berechnungen von Yi Fuxian als auch denen der chinesischen Behörden sinkt die Geburtenrate drastischer, als bisher angenommen. Dies erhöht den Druck auf die Rentenkasse. In den letzten Wochen hat die Diskussion um eine längere Lebensarbeitszeit zugenommen, aber dies wird in der Bevölkerung abgelehnt. Die durchschnittliche Rente in China beträgt 2.400 Yuan (ca. 340 Euro). Diese Summe reicht für Pensionäre, selbst in ländlichen Gegenden, kaum zum Überleben. Zudem sind nur 46% der Bevölkerung überhaupt anspruchsberechtigt. Das bedeutet, dass die Menschen privat vorsorgen müssen.

Vorsorge in China bedeutet in der Regel Wohneigentum. Die Vorsorge umfasst nicht nur die Rente, sondern auch Krankheiten oder Arbeitslosigkeit, wodurch der Immobilienmarkt in China eine zentrale Rolle spielt. Seit Monaten befindet sich dieser jedoch in einem Abwärtstrend. Auch im Januar setzte sich dies fort: In den 100 größten Städten fielen die Verkäufe um 32,5% gegenüber dem Vorjahr und 46,6% im Vergleich zum Dezember. Sowohl die Preise für neu errichtete Wohnungen als auch für bereits bewohnte Wohnungen sanken.

Obwohl die Preise für Neubauten nur minimal um 0,02% gegenüber Dezember und um 0,11% für schon bewohnte Wohnungen sanken, bleibt das grundlegende Problem bestehen. Die Kredite für den Kauf einer Wohnung sind normalerweise so ausgelegt, dass ein Gewinn beim Verkauf mit einkalkuliert wird. Wenn dieser jedoch wie im Moment nicht realisierbar erscheint, müssen Rücklagen gebildet werden, die dann nicht mehr für den Konsum zur Verfügung stehen.

Schwacher Automarkt in China

Dies lässt sich auch am Automarkt ablesen. Im Januar wurden 985.000 Einheiten verkauft, was einen Rückgang von 43% im Vergleich zum Dezember und 45% im Vergleich zum Jahr 2022 darstellt. Zum Vormonat hatte die Tatsache eine Rolle gespielt, dass staatliche Förderungen für elektrische Autos ausliefen oder reduziert wurden. Es wurden aber auch weniger klassische Verbrenner verkauft.

Reisen gut, Konsum mau

Gespannt waren die Beobachter, wie sich das Verhalten der Menschen zum Frühlingsfest darstellen würde. Das Frühlingsfest ist traditionell ein guter Indikator für die Stimmung.

Die chinesischen Eisenbahnen verzeichneten 300 Millionen Trips, was etwa 80% der Reisen vor Corona entspricht. Die Flugreisen bewegten sich auf ähnlichem Niveau. Das übertraf die Erwartung von etwa 75% Trips im Vergleich zu 2019. Auch an der Kinokasse war der Andrang mit etwa 80% des Vorkrisen-Niveaus höher als zuvor geschätzt und lag leicht über dem Ergebnis vom letzten Jahr.

JD.com, die zweitgrößte chinesische Online-Handelsplattform, vermeldete im Januar eine Steigerung der Transaktionen von 50% gegenüber dem Januar 2022. Damit liegt JD.com unter den Umsätzen von 2019.

Die Restaurants-Besuche zum chinesischen Neujahrsfest stiegen jedoch nur um ca. 40% im Vergleich zum Vorjahr und bleiben damit deutlich unter den Jahren vor Corona. Auch die Umsätze in den Casinos von Macau blieben um 50% geringer als im Januar 2020. Dies liegt nicht nur an einer allgemeinen Konsumzurückhaltung, sondern ist auch auf den Kampf gegen „Tiger und Fliegen“ (Anti-Korruptionskampagne unter Xi Jinping) zurückzuführen.

Wirtschaft vorsichtig optimistisch

Die Wirtschaft in China blickt vorsichtig optimistisch in die Zukunft. Die Einkaufsmanagerindizes befinden sich bei 50, was weder eine Expansion noch eine Kontraktion erwarten lässt. Allein der Caixin-Service-PMI betrug mit 54,7 so viel wie seit Mai 2022 nicht mehr.

Dabei spielt die globale Ausgangslage eine große Rolle. Die Unternehmen erwarten eine schwache Konjunkturentwicklung in den Absatzmärkten wie den USA und Europa. Darüber hinaus verschärft die Biden-Administration weitere Sanktionen gegen China. Traditionell sind die Auftragseingänge im Januar jedoch schwächer. Ein Trend wird sich erst im März abzeichnen, wenn das Weihnachtsgeschäft beginnt.

Hoffnung Tourismus

Die positive Einschätzung der Service-Industrie wird durch die Hoffnung auf eine gute Touristensaison genährt. Viele Sehenswürdigkeiten und Städte in China werben mit besonderen Promotions und Gutscheinen. Ab diesem Monat dürfen in China wieder beliebte Gruppenreisen angeboten werden. Zudem fallen die Einreisequoten für Hongkong. Im Laufe des Jahres werden die Flugverbindungen zu den traditionellen chinesischen Ferienzielen ausgebaut. Ein erster Hinweis wird das Grabpflegefest Qingming Anfang April liefern.

Die Hospitality-Industrie verzeichnete nach dem Ende der Neujahrsfest-Ferien 40% mehr Einstellungen als vor einem Jahr, was weniger als erwartet war.

Corona als Unwägbarkeit

Die heftige Corona-Welle direkt nach dem Ende der Maßnahmen ist vorüber. Durch die Reiseaktivitäten während des Neujahrsfestes wurde das Virus in den letzten Winkel des Riesenreiches getragen – ca. 85% der Bevölkerung haben sich infiziert. Zwischen 1,8 und 3,7 Millionen Menschen sind direkt oder indirekt durch das Virus verstorben. Damit ist Corona die größte Tragödie seit der Hungerkatastrophe, die sich zwischen 1959 und 1961 ereignete und 15 bis 55 Millionen Menschen dahinraffte.

Die Frage, die sich stellt, ist, ob noch eine oder mehrere weitere Wellen zu erwarten sind. Bisher ging die Nationale Gesundheitskommission davon aus, dass im März noch eine weitere Welle zu erwarten sei.

Erholung, aber kein Boom

Insgesamt zeichnet sich in China eine Erholung auf das Vor-Corona-Niveau ab, aber ein echter Boom steht den langfristigen und globalen Trends entgegen. China wird auch 2023 weiter versuchen, die Wirtschaft durch Investitionen anzukurbeln. Die Regierung wird allerdings weiterhin ihren Fokus auf Infrastrukturinvestitionen legen, obwohl diese mittlerweile bereits in einem guten Zustand sind und keine Folgeeffekte mehr nach sich ziehen. Um den Binnenkonsum zu steigern, müsste China den Immobilienmarkt ankurbeln. Eine wachsende Konsumnachfrage wird es nur geben, wenn auch die Immobilienpreise wieder anziehen.



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2 Kommentare

  1. d.h. China wird unsere Wirtschaft nicht wesentlich unterstützten können

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