Von Markus Fugmann
Wer von Ihnen den „Revisor“ des russischen Schrifstellers Gogol gelesen hat, kann sich in die derzeitige psychologische Lage einiger chinesischer Beamter sicher gut hinein versetzen: bei Gogols Komödie „der Revisor“ bricht nämlich auch Panik bei den Beamten einer (russischen) Provinz aus, weil laut eines Gerüchts ein „Revisor“ der Zentralregierung inkognito nach dem rechten sehen will. Alle Beamten sind korrupt und faul, es herrscht panische Angst vor dem Besuch. Davon profitiert ein Taugenichts, der seine Rechnungen nicht zahlt und in Saus und Braus leben kann, weil alle Beamten ihn für den Revisor halten und ihm ständig (Schweige-)Geld zustecken. Als der Schwindel schließlich auffliegt, ist der Taugenichts längst über alle Berge – und der echte Revisor im Anmarsch!
Eine solche Geschichte könnte sich derzeit auch in China abspielen. Denn Peking hat eine landesweite Untersuchung angekündigt und will Vertreter der Regierung in die Provinzen schicken, wie die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua gestern berichtete. Sie sollen sicher stellen, das das Wachstumsziel der Regierung auch ja erreicht wird und die Strukturreformen umgesetzt werden, die Peking beschlossen hat.
Denn Peking sagt: einige Regionen und Provinzregierungen tun nicht das, was sie tun sollen – denn einige Beamte seien „faul“ bei ihrer Arbeit und würden so verhindern, dass China das trotz geradezu unendlicher Weisheit der Führung in Peking angestrebte Wachstumsziel verpassen könnte. Und daher hat man „Inspektoren“ in die Provinzen geschickt, die der Beamtenschaft (also durchweg Parteimitgliedern) etwas unter die Arme greifen sollen. Direkt vor Ort sollen daher Pekings Maßnahmen dann zur Entfaltung kommen, indem den „faulen“ Beamten auf die Sprünge geholfen wird!
Sie sollen so helfen, wie Xinhua formuliert, „(to) keep economic growth within a reasonable range and ensure the main objectives and tasks of this year’s economic and social development will be completed“.
Das ist bereits die dritte Entsendung solcher Inspektoren in die Provinzen in den letzten Jahren. Faktisch geht es wohl vor allem darum, dass die Inspektoren den von Peking geplanten Abbau von Überkapazitäten im Bereich Kohle und Stahl voran treiben sollen. Denn eines ist klar: die lokale Beamtenschaft vor Ort hat wenig Interesse daran, die Schließung etwa von Firmen voranzutreiben, die Kohle und Stahl produzieren – so würde sich die Arbeitslosigkeit in ihren Provinzen nämlich massiv erhöhen, was den Provinzregierungen nicht eben gelegen kommen dürfte, zumal Peking nicht wirklich einen Plan hat, was mit den Entlassenen eigentlich passieren soll.
Damit kommt letztlich die ganze Absurdität einer wie in China staatlich gelenkten Planwirtschaft ohne jede transparente Öffentlichkeit auf den Punkt! Denn die lokale Beamtenschaft Chinas hat Furcht vor Peking, und neigt daher dazu, die in die Hauptstadt gemeldeten Wirtschafts-Zahlen aus ihrer Region ein wenig „aufzuhübschen“, um sich nicht den Unmut der Regierung zu zu ziehen. Schon deswegen ist den BIP-Zahlen Chinas so wenig zu trauen, weil massive Interessen sowohl der lokalen Beamtenschaft als auch Pekings, das sein Gesicht nicht verlieren will, die Neigung zu besseren Zahlen stark erhöht.
Alleine im August sind darüber hinaus Hunderte von Beamten verschiedener Provinzen abgesetzt worden – weil sie beispielsweise öffentliche Gelder auf das eigene Konto gelenkt hatten. In einigen Regionen hat Peking sogar Hotlines einrichten lassen, sodass die Bevölkerung Fälle von Korruption direkt melden kann.
Es wird Zeit, dass bald eine chinesische Version des „Revisors“ erscheint – die die ganze Verlogenheit und Absurdität des Regimes beleuchtet – und zeigt, was wirklich abläuft im Reich der Mitte..
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