Allgemein

China und die neue globale Produktionsordnung China gewinnt: USA in der Importfalle – Teil 2

China hat indirekte Handelswege in die USA ausgebaut. Trotz massiver US-Investitionen in High Tech-Produktion sind die Resultate mau.

Containerschiff
Grafik: Tawatchai07-Freepik.com

Chinas Strategie hat die globalen Handelsströme umgeformt und die USA in eine fatale Importabhängigkeit getrieben. Der zweite Teil unserer Mini-Serie beleuchtet die Hintergründe. China dominiert nicht nur die globalen Märkte, sondern hat die USA in eine gefährliche Importfalle geführt. Während Handelskonflikte eskalieren, wächst Chinas Kontrolle über Produktionsketten und Handelsströme – oft unbemerkt.

Dieser Artikel ist der zweite Teil der dreiteiligen Mini-Serie zur neuen globalen Produktionsordnung. Der erste Teil, „Die Macht der Fabriken: China baut – die Welt bebt“, analysierte Chinas Aufstieg zur Werkbank der Welt. In diesem Artikel liegt der Fokus auf den Handelsströmen und der fatalen Abhängigkeit der USA.

Milliarden für nichts? Die Grenzen der US-Industrieprogramme

Seit 2018 versuchen die USA verzweifelt, ihre wirtschaftliche Abhängigkeit von China zu verringern. Strafzölle, massive Subventionen und Industrieprogramme wie der Inflation Reduction Act und der CHIPS and Science Act sollten Chinas Dominanz eindämmen und die heimische Produktion in den USA stärken. Doch trotz milliardenschwerer Investitionen bleibt das erhoffte Ergebnis aus: Statt die Abhängigkeit zu verringern, hat sich die Situation sogar verschärft.

Die USA haben enorme Summen investiert, um die heimische Produktion in Schlüsselindustrien wie Halbleiter und grüne Technologien zu fördern. Doch die Ergebnisse sind ernüchternd. Die Produktionskapazitäten bleiben weit hinter den Erwartungen zurück, während gleichzeitig strukturelle Hürden wie hohe Produktionskosten und Fachkräftemangel die Bemühungen ausbremsen. Statt der erhofften Reindustrialisierung zeigt sich, dass die USA weiterhin auf Importe aus China angewiesen sind – und das nicht nur bei Konsumgütern, sondern zunehmend auch bei High-Tech-Produkten.

Entwicklung der US-Produktion seit der ersten Trump-Präsidentschaft Abbildung 1: US-Produktion seit 2017: Keine Steigerung Datenquelle: WTM, eigene Berechnungen

Neue Handelswege, gleiche Abhängigkeit: Chinas versteckter Einfluss

Die Handelsdaten verdeutlichen ein klares Muster: Chinas Exporte wachsen kontinuierlich. Gleichzeitig scheint es, als würden die USA diesen Anstieg nahezu automatisch aufnehmen. Zwar ist die direkte Importquote aus China von fast 22% im Jahr 2017 auf etwa 13% in diesem Jahr gesunken, doch diese Zahlen täuschen über eine tiefere Entwicklung hinweg.

US-Importe im Vergleich zu China-Exporten

China exportiert längst nicht mehr nur einfache Konsumgüter. Immer häufiger dominieren High-Tech-Produkte wie Batterien, Drohnen und Elektrofahrzeuge die Exportströme. Oder wie Noah Smith es treffend ausdrückte: „Machen Sie sich bewusst, dass die USA und ihre Verbündeten nicht nur bei Drohnen- und Batteriefertigung hinter China zurückbleiben – wir fallen in allen Bereichen der Fertigung zurück.“ Gleichzeitig hat China die Kontrolle über globale Lieferketten ausgebaut – von Rohstoffquellen bis hin zur Endmontage.

Auch wenn die Handelsströme heute vermehrt über Länder wie Mexiko oder die ASEAN-Staaten laufen, bleibt der Ursprung vieler Produkte chinesisch. Das zeigen nicht nur die Exportvolumen Chinas, sondern auch die Abhängigkeit anderer Länder, die chinesische Komponenten weiterverarbeiten und in die USA liefern.

Andere Länder ersetzen Lieferungen aus China Abbildung 3: Importe in die USA aus Mexiko, den ASEAN-Staaten und China. Quelle: Bureau of Economic Analysis (BEA)

Die wahren Gewinner: ASEAN-Staaten und Mexiko

Die von der US-Regierung erhoffte Verlagerung der Produktion ins Inland bleibt bisher aus. Stattdessen entstehen neue logistische Knotenpunkte in Ländern wie Mexiko oder den ASEAN-Staaten, die zunehmend als Vermittler im Handelsverkehr zwischen China und den USA fungieren. Ein genauer Blick auf die Handelsdaten zeigt, dass nicht nur die direkten Importe aus China zunehmen, sondern auch die indirekten Wege immer wichtiger werden.

ASEAN-Staaten wie Vietnam, Thailand oder Malaysia, aber auch Mexiko, spielen hier eine Schlüsselrolle. Besonders auffällig ist der Trend, dass chinesische Unternehmen bestimmte Produktionsschritte bewusst auslagern, um den US-Zöllen zu entgehen. Die von der Trump-Administration angestoßenen Strafmaßnahmen haben also vor allem eines erreicht: Sie haben logistische Netzwerke geschaffen, die den Fluss chinesischer Waren in die USA lediglich umleiten, statt ihn zu stoppen.

Steigende ASEA-Exporte nach USA und Europa Abbildung 4: Exporte Chinas in die ASEAN-Staaten vs. Exporte ASEAN in die EU und USA. Datengrundlage chinesischer Zoll und WITS.

Der Anstieg der Exporte aus ASEAN-Staaten in Richtung der USA korreliert direkt mit dem Rückgang von Chinas direkten Lieferungen. Doch dieser Umweg über Drittländer bringt nur eine scheinbare Diversifikation. Die Herkunft der Waren bleibt oft chinesisch, auch wenn die Lieferpapiere etwas anderes suggerieren. Dabei profitieren diese Länder nicht nur von zusätzlichen Handelsvolumina, sondern auch von einer geopolitischen Verlagerung der Aufmerksamkeit.

Die wirtschaftliche Tragweite dieser Entwicklungen wird von Branchenexperten wie dem Peterson Institute for International Economics (PIIE) kritisch betrachtet. Sie warnen davor, dass die Umgehung von Zöllen den USA potenzielle Einnahmen entzieht und die Abhängigkeit von importierten Waren weiter zementiert. Diese Situation wird von Analysten daher oft als eine „Importfalle“ beschrieben, aus der es kaum ein Entkommen gibt.

Währenddessen bleibt die Inlandsproduktion in den USA weiterhin auf einem Niveau, das weit hinter den Erwartungen der Industrieprogramme zurückbleibt. Obwohl mit dem Inflation Reduction Act und dem Chip Act milliardenschwere Investitionen in die Halbleiterindustrie und grüne Technologien flossen, zeigt sich kaum eine signifikante Veränderung. Die Produktionslücke, die durch billige Importe geschlossen wird, bleibt unverändert groß.
Vietnam, Thailand, Malaysia und andere ASEAN-Staaten spielen als Zwischenstationen eine immer größere Rolle. Auch Mexiko hat stark an Bedeutung gewonnen und China als wichtigstes Importland der USA abgelöst. Doch die scheinbare Diversifikation ist trügerisch: Die Handelsdaten belegen, dass die Waren meist chinesischen Ursprungs bleiben. Der Umweg über Drittländer sorgt nur dafür, dass chinesische Produkte weiter in den USA landen, wenn auch über alternative Routen.

Peking gegen den Rest: Wer gewinnt den Produktionskrieg?

Doch die Implikationen dieser Entwicklungen betreffen nicht nur die USA. Auch Europa steht vor ähnlichen Herausforderungen. Die Frage, wie sich Chinas Dominanz in den globalen Lieferketten weiterentwickeln wird, könnte die Handelsordnung der Zukunft prägen. Droht ein umfassender Handelskrieg zwischen China, den USA und Europa?



Kommentare lesen und schreiben, hier klicken

Lesen Sie auch

11 Kommentare

  1. Trump hatte von Zöllen von 25% für Kanada und Mexiko gesprochen gehabt. Also, er hat das mit dem Umgehen der direkten Zölle mitbekommen. Ich glaube alle anderen Länder sollen ebenfalls höhere Zölle zahlen.

    Aus deutscher Sicht muss man noch erwähnen, dass wir mit unserem massiven Exportüberschuss natürlich auch ein Ziel sind. Insofern wäre es nicht schlecht wenn die energieintensive Wirtschaft die Produktion zB in die USA auslagert. In China heißt es ebenfalls schon länger – in China, für China – denn da mauert man genauso. Macht die EU übrigens auch, man frage da bei den Briten nach.

  2. ich sag doch immer wieder und bleibe auch dabei die Marktwirtschaft regelt gar nichts außer das Elend. und wer so billig produzieren kann der hat nun mal die macht.

    1. @Fritz
      Es ist ebenso traurig wie bezeichnend, dass Ihr kurzer Kommentar am letzten Tag des Jahres auch einer der wenigen guten und zutreffenden des gesamten Jahres ist.

      Nichts kann mit billionenschweren und gezielten staatlichen Subventionen in Regionen mit niedrigen Arbeitslöhnen konkurrieren, vor allem keine sog. freie Marktwirtschaft auf Basis von libertärem Narzissmus. Vor allem dann nicht, wenn die Teilnehmer dieser Marktwirtschaften derart abgrundtief dämlich sind, ihr historisch gewachsenes gebündeltes Know-how zugunsten kurzfristiger vorübergehender Rekordgewinne an kommunistische Planwirtschaften zu verschenken. Oder neue Zukunftsmärkte leichtfertig der Hoffnung auf ein Weiter-so bei Technologien des letzten Jahrtausends zu opfern. Siehe etwa die gewollte „kreative“ Zerstörung der Solarindustrie durch die FDP Anfang der 2010er Jahre.

      Die logische Konsequenz jetzt heißt Hinterherhecheln, Jammern, Weinen, Wehklagen und Schuldige dort zu suchen, wo es keine gibt.

  3. das Kapital geht immer dahin ,wo es die besten Bedingungen findet. Das wusste schon Karl Marx.
    Der gelbe Mann vom Yangtse hat nur die Chancen genutzt,die ihm die westlichen Vertreter der Grossindustrie geboten haben.
    von daher bleibt mein Mitleid für unsere politischen Analphabeten sehr begrenzt. Außerdem werden preiswerte Produkte für diejenigen gebraucht ,die von staatlicher Unterstützung oder von geringen Löhnen leben müssen. sollte sich eines Tages der Kommunismus in form des bedingungslosen Grundeinkommens etablieren,dann geht es garnicht ohne billige Produkte!

  4. Jahrzehnte waren meine Hauptgeschäfte in Asien. Schon seinerzeit konnte man erahnen das Europa und die USA bald auf dem Abstellgleis sein werden. Heute 2024/2025 bin ich wieder über Dubai/Abu Dhabi , Bangkok,Singapur, Shanghai unterwegs. Die Entwicklung in den letzten Jahren konnte ich persönlich mit ansehen und erleben und prophezeie in 50 Jahren ist Europa die Dritte Welt.

    1. @Uli Lenefer
      „In 50 Jahren ist Europa die Dritte Welt.“
      Dieser Prophezeiung kann ich nur zustimmen. In 50 Jahren wird der Mittelmeerraum mit seinen gut 500 Millionen Anrainern nicht oder kaum mehr bewohnbar sein, falls die Treibhausgas-Emissionen weiterhin so ungebremst fortschreiten. Die Folgen sind Hitzewellen an Land und im Meer, zunehmender Wassermangel, häufigere Unwetter, Massensterben im Meer, eskalierende ökonomische Ungleichheiten und Massenmigration Richtung Norden mit all ihren gesellschaftlichen Verwerfungen.
      https://www.spektrum.de/news/klimawandel-am-mittelmeer-am-rand-des-oekologischen-kollapses/2199217

      1. @Albert Uhl. Ich stimme Ihrer Einschätzung zu. In Südspanien, z.B. in Andalusien, leiden die Menschen heute schon unter fast unerträglichen Dürreperioden. Wer dort ein Grundstück besitzt und auch noch investiert hat, der kann das finanztechnisch direkt wieder als Abschreiber deklarieren.

    2. Tausende neu produzierte Tesla stehen in Brandenburg auf einem alten Militärflughafen rum und täglich werden es mehr, Elon wird aber heute bestimmt wieder Absatzrekorde melden.

      Mit dem Kursplus an der Börse könnte man alle Autos verschrotten und sogar noch Gewinn machen.

      Der US Aktienmarkt Budenzauber nähert sich dem Ende – was sind schon 50% Korrektur nach Jahren des Überschwangs. China hat Probleme mit den Immobilien aber Amerika mit seiner Überbewertung der Technologie Aktien.

  5. Der gute Doi hat China auch schon pessimistischer gesehen. Die Brics mit China werden wohl dem Westen noch arg zu schaffen machen.

  6. China ist ganz klar ein Major Player.
    Ist deswegen der „Westen“ gleich die „Dritte Welt“, wie manche es in den Kommentaren beschreiben?

    Sicherlich nicht. Das zeugt sowohl von einer Missachtung der Tatsachen, als auch einem mangelndem Selbstvertrauen in die eigene Landeswirtschaft.

    Im aktuellen Zyklus hat China als Werkbank schlicht einen strategischen Vorteil, doch wir sehen, dass dieser auch kein Allheilmittel ist. Stichwort: China wird alt bevor es reich wird.
    Nur weil die Wirtschaft in China wächst heißt das nicht, dass sie schnell *genug* wächst. Man blicke nur einmal mit einem kritischen Auge auf die Entwicklung des Immobilienmarktes in China. Dagegen wird wohl der Immobiliencrash der USA im Jahre 2008 wirken wie ein Picknick.

    China ist ein ernstzunehmender Player auf der Weltbühne und, was der Artikel eigentlich vermittelt, ist nicht der Untergang des Westens, sondern der Denkanstoß: wie gehen die USA und Europa mit den politischen Strategien Chinas um? Wie schützt sich der „Westen“ und wie kann er selbst aus dieser Situation gestärkt hervorgehen.

  7. @hanso, ja China als nicht- marktwirtschaftliches Land hat immerhin die Aktien und Immo- Märkte fallen lassen und kann auf tiefem Niveau aufbauen. Der kapitalistische Westen mit der Notenbank – Planwirtschaft
    hat das bisher immer unterdrückt. Da kommt noch einiges auf uns zu und China inkl.Brics wird wohl grosse Vorteile haben. Autos, Flugzeuge, Drohnen , Eisenbahnen und vieles mehr werden wohl in China zum Exportartikel werden, und der hochgezüchtete Westen kann im Gegenteil diese Exporte nach China vergessen.Und zudem, diese Entwicklung wäre auch ohne Krieg und Sanktionen früher oder später gekommen.Der Grossteil des Weltbevölkerungswachstums passiert in Afrika wo die die Chinesen als Langfristdenker stark investieren und die Westler gerade hinausgekippt werden.

Hinterlassen Sie eine Antwort

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert




ACHTUNG: Wenn Sie den Kommentar abschicken stimmen Sie der Speicherung Ihrer Daten zur Verwendung der Kommentarfunktion zu.
Weitere Information finden Sie in unserer Zur Datenschutzerklärung

Meist gelesen 7 Tage