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Pekings Durchhalteparolen China im Handelskrieg: Peking ruft Wirtschaftskrise aus

Ökonomen warnen vor Illusionen

China im Handelskrieg Peking ruft Krise aus

Bei ihrer ersten Sitzung nach Einführung der US-Zölle spricht die Führung in China erstmals offen von einem internationalen Handelskrieg. Zwischen Stärke-Inszenierung und Krisenmanagement ringt Peking um wirtschaftliche Stabilität. Politbüro, Zentralbank und Ministerien mobilisieren alle Hebel.

Das Politbüro stellt die Weichen neu – flankiert von Zentralbank, Handelsministerium und Planungsbehörden. Mit Fiskalprogrammen, Liquiditätsspritzen und markigen Ankündigungen will man den wirtschaftlichen Druck lindern. Doch hinter der Kulisse wächst die Unsicherheit, ob der staatlich orchestrierte Kraftakt wirklich trägt.

China im Handelskrieg: Peking ruft Wirtschaftskrise aus

Am vergangenen Freitag versammelte sich das Politbüro der Kommunistischen Partei Chinas zu der ersten Sitzung seit der Einführung der US-Zölle. Erstmals sprach die Führung offen von einem „internationalen Wirtschafts- und Handelskrieg“. China müsse sich wappnen, um „die Grundlagen für eine anhaltende wirtschaftliche Erholung zu stabilisieren“, während externe Schocks die Weltwirtschaft erschüttern.

Das Politbüro kündigte eine aktivere Fiskal- und Geldpolitik an, mit einem klaren Fokus auf die Binnennachfrage. Konkret forderte es, „die Einkommen von hohen, mittleren und niedrigen Einkommensgruppen zu erhöhen, den Dienstleistungskonsum energisch zu entwickeln und die Rolle des Konsums als Treiber des Wirtschaftswachstums zu stärken“. Zhu Min, Experte am China Center for International Economic Exchanges, sieht darin ein Signal der Stabilität: „Die Zentralregierung gibt allen die Gewissheit, dass wir fiskalpolitische Maßnahmen und monetäre Liquidität haben, sodass Vertrauen entsteht.“

China: Notenbank PBoC stabilisiert mit Liquiditätsschub

Die chinesische Zentralbank (PBoC) hatte zu diesem Zeitpunkt schon gehandelt und 600 Milliarden Yuan (82,23 Milliarden US-Dollar, 79,89 Milliarden Euro) über ein einjähriges Medium-Term Lending Facility (MLF) in den Finanzmarkt injiziert. Dies stellt eine Netto-Cash-Injektion von 500 Milliarden Yuan (66,57 Milliarden Euro) dar und ist die größte seit Dezember 2023. Diese Maßnahme, die auf Druck von Investoren nach einer lockeren Politik folgte, soll die Wirtschaft stützen und neue Staatsanleihen unterstützen.

Gleichzeitig stehen 1,7 Billionen Yuan (226,50 Milliarden Euro) an Reverse-Repos zur Rückzahlung an, ein Rekordwert, der die Liquidität belastet. Die PBoC will den Druck abfedern und die Dringlichkeit einer Senkung der Reserveanforderungsquote (RRR) verringern, während sie ihren Fokus auf kurzfristige Zinssätze verlagert. Der stellvertretende Gouverneur der PBOC betonte zudem die Stabilität des Finanzsystems, versprach eine „angemessen lockere“ Geldpolitik und die Stabilisierung des Yuan, um Devisenrisiken zu minimieren.

Außerdem betonte das Politbüro, dass China weiter die Globalisierung eintrete und kündigte etwas verklausuliert Reformen an. Zhang Monan, Forscherin am China Center for International Economic Exchanges, positionierte China als Vorreiter: „Angesichts des weltweiten Vormarschs von Handelsschutzmaßnahmen ist China zu einem aktiven Befürworter und energischen Unterstützer der Globalisierung geworden. Es nutzt seine offenen Märkte, um globale Ressourcen anzuziehen und etabliert sich als ein Verfechter offener Volkswirtschaften.“

Pekings Durchhalteparolen

Bei der Vorstellung der Pläne durch die chinesische Führung strahlte sie Zuversicht aus. Der stellvertretende Leiter des Staatlichen Planungsausschusses sprach davon, dass das Wachstumsziel von rund 5 % erreicht werde, trotz der US-Zölle und verwies auf positive Faktoren, wie, dass im ersten Quartal die Exporte gesteigert wurden, oder die KI-Industrie im Jahresvergleich einen Wert von 700 Milliarden Yuan (93,28 Milliarden Euro) überschritt – ein Hoffnungsschimmer in stürmischen Zeiten.

Auch der stellvertretende Handelsminister meldete ein stabiles Exportwachstum im April und versprach, die Importe auszuweiten sowie neue Auslandsmärkte zu erschließen, die von einem neuen Kreditinstrument unterstützt werden sollen.
Daneben organisiert die Regierung „Matchmaking-Veranstaltungen“ und richtet über JD.com einen Fonds von 200 Milliarden Yuan (26,69 Milliarden Euro) ein, um Exporteure beim Übergang zum Binnenmarkt zu unterstützen. Aber aktuelle Daten zu den Einkaufsmanagerindizes aus China zeigen, dass der Handelskrieg klare Spuren hinterlässt.

Ökonomen warnen vor Illusionen

Vieles von dem, was die Führung vortrug, hört sich nach Realitätsverweigerung und reinem Wunschdenken an.

China als „offen“ zu bezeichnen trifft den Sachverhalt kaum. Die Volksrepublik hat strenge Kapitalflusskontrollen und zahlreiche Marktzugangsbeschränkungen. Dazu kommt intransparentes politisches Handeln und die Benachteiligung ausländischer Marktteilnehmer. Die gerade angekündigte Öffnung des Kapitalverkehrs zeigt, wie zögerlich China tatsächlich bei der Öffnung ist.

Gleiches trifft für den Export zu. Die zitierten Zahlen beziehen sich auf den Status „ante mortem“, also vor der Verkündung der Strafzölle. Neue Märkte zu erschließen, wird schwierig werden. Schon jetzt stöhnt die Welt unter den chinesischen Überkapazitäten. Der CPCA warnte schon davor, dass die Autoxporte dieses Jahr wahrscheinlich rückläufig sein werden. Und die Autoexporte in die USA sind praktisch nicht existent. Der Caixin Einkaufsmanager am Mittwoch wird einen ersten Eindruck vermitteln, wie die Realität nach der Einführung der Zölle aussehen wird.

Der chinesische Konsum ist seit Jahren chronisch schwach, lokale Finanzbedingungen sind angespannt, und Steuersenkungen oder Subventionen schaffen nur neue Probleme. Exporteure klagen über geringe Margen, hohe Retourenquoten und das Risiko von Zahlungsausfällen im Inland – ein harter Kontrast zu den Großaufträgen aus dem Ausland.

In der Tat bietet Chinas riesiger Binnenmarkt theoretisch Hoffnung, doch Ökonomen mahnen zur Vorsicht. „Maßnahmen im Zusammenhang mit dem sozialen Sicherheitsnetz, insbesondere Renten- und Finanzreformen, sind längst überfällig und entscheidend“, sagt Minxiong Liao, leitender Ökonom bei TS Lombard.

Michael Pettis, Professor für Finanzwissenschaften an der Universität Peking, ist noch skeptischer: „Die Vorstellung, dass Exporteure einfach ihre Verkäufe vom Export auf den Binnenkonsum umstellen können, ist reine Fantasie. Die Binnennachfrage ist viel zu schwach, um die Produktion zu absorbieren. Der einzige Weg, die Nettoexporte zu verringern, ohne Fabriken zu schließen, besteht darin, den Binnenkonsum durch höhere Konsumentenkredite oder Haushaltsdefizite zu steigern.



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1 Kommentar

  1. Ich vermute eher das die ausländische Konkurenz im Inland noch stärker behindert werden wird. Ein gutes Beispiel ist der Flugzeughersteller Boeing. Würde mich nicht wundern, wenn man jetzt mehr Aufträge für den chinesischen Flugzeughersteller sehen wird. Buy Chinese, also. Die chinesische Regierung glaubt nicht an Konsum, das wird sich jetzt nicht ändern.

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