Die zunehmend prekäre Lage der chinesischen Wirtschaft und die Aussicht auf eine Verschärfung des Handelskrieges mit den USA führen zu einem starken Anstieg der Kapitalflucht. Die Kapitalflucht aus China erreichte zuletzt sogar ein neues Rekordtempo. Dies drückt auch auf den Yuan, derzeit ist der Wechselkurs bei 7,29 Yuan für einen Dollar. Vor allem wegen der von Trump angedrohten Zölle ziehen Investoren Kapital in Milliardenhöhe ab. Demnach verzeichnete China im vergangenen Monat den größten Kapitalabfluss von seinen Finanzmärkten, da die Aussicht auf höhere US-Zölle weitere Risiken für die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt birgt.
Kaptialflucht aus China
Laut einem Bericht von Bloomberg überwiesen inländische Banken im Namen ihrer Kunden netto 45,7 Milliarden US-Dollar für Wertpapierinvestitionen ins Ausland, der höchste monatliche Abfluss seit Anfang 2016, wie aus am Montag veröffentlichten Daten der staatlichen Devisenbehörde hervorgeht. Dieser Betrag umfasst sowohl ausländische Investitionen in China als auch den Kauf ausländischer Wertpapiere durch Inländer.
Die zunehmende Kapitalflucht signalisiert, dass sich die Stimmung gegenüber dem asiatischen Land verschlechtert, da das Versprechen des designierten US-Präsidenten Donald Trump, Zölle in Höhe von 60 Prozent auf chinesische Waren zu erheben, den Handel zwischen den beiden Ländern zu dezimieren droht. Die Schwäche des Yuan und der lokalen Aktien sowie das große Zinsgefälle zwischen China und den USA erhöhen das Risiko eines Teufelskreises von Kapitalabflüssen.
„Es wird erwartet, dass die Zolldrohungen des designierten US-Präsidenten Trump und das Zinsgefälle die Kapitalflucht aus China verstärken werden“, sagte Ken Cheung, leitender Devisenstratege für Asien bei der Mizuho Bank. „Der Renditevorteil des Dollars dürfte die asiatischen Währungen auf breiter Front unter Druck setzen.
Chinas Finanzmärkte unter Druck
Chinesische Aktien haben seit Oktober an Aufwärtsdynamik verloren, da die von den Behörden angekündigten Konjunkturmaßnahmen hinter den Markterwartungen zurückblieben. Chinesische Benchmark-Staatsanleihen rentieren inzwischen weniger als halb so hoch wie US-Treasuries. Auch der Onshore-Yuan notiert in der Nähe eines Einjahrestiefs, während ein Dollar-Indikator nahe dem höchsten Stand seit 2022 notiert.
Angesichts dieser Herausforderungen könnte sich China weiterhin bemühen, die Wachstumsdynamik anzukurbeln und die Stimmung zu drehen, damit das Kapital wieder in niedrig bewertete lokale Vermögenswerte fließt, so Cheung. Doch der Negativtrend dürfte sich laut Bloomberg auch im neuen Jahr fortsetzen.
Bei einem wichtigen politischen Treffen in der vergangenen Woche signalisierte die chinesische Führung ihre Absicht, bis 2025 mehr öffentliche Kredite aufzunehmen und auszugeben und den Schwerpunkt der Politik auf den Konsum zu verlagern, um die Wirtschaft anzukurbeln. Das entscheidungsbefugte Politbüro von Präsident Xi Jinping versprach, bis 2025 eine „moderat lockere“ Geldpolitik zu verfolgen, was auf weitere Zinssenkungen hindeutet.
Offizielle Daten von Chinabond zeigen auch, dass ausländische Institutionen ihre Bestände an chinesischen Staatsanleihen im vergangenen Monat auf 2,08 Billionen Yuan (285,5 Milliarden US-Dollar) reduziert haben, den niedrigsten Stand seit September 2023. Daten von Bloomberg zufolge kauften chinesische Investoren vom Festland im November in Hongkong notierte Wertpapiere im Wert von 125 Mrd. HK$ (16 Mrd. USD), der höchste Wert seit mehr als drei Jahren.
FMW/Bloomberg
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Ich habe gleich recherchiert und das hier mit Datum August aus diesem Jahr gefunden:
Die deutschen Direktinvestitionen in China sind seit Jahresbeginn kräftig gestiegen – trotz Warnungen der Bundesregierung vor einer zu hohen Abhängigkeit von dem asiatischen Markt.
Genau deshalb spricht man vom „dummen, deutschen Geld“. Das letzte mal war das 2008, als die Deutschen die Wertpapiere kauften, die sonst keiner wollte. Und Banken genau diese Papiere ihren Kunden empfahlen. Ich nehme an, dass die Provision besonders attraktiv war.
Hallo @Robert,
das Thema ist tatsächlich etwas komplexer, als es auf den ersten Blick erscheint.
Der Beitrag von Stefan Jäger befasst sich mit dem Abzug von Geldern aus dem Wertpapierhandel, während Sie auf die Foreign Direct Investments (FDI) deutscher Unternehmen anspielen. Hierzu ist wichtig zu erwähnen, dass der Zufluss an FDI im Jahr 2023 um ganze 83 % eingebrochen ist. Aktuelle Zahlen liegen mir derzeit nicht vor, jedoch berichten die Handelskammern übereinstimmend, dass sich dieses schwierige Klima in etwa fortsetzt.
Auch bei den deutschen FDI ergibt sich ein differenziertes Bild. Zwei Aspekte verfälschen die Wahrnehmung: Zum einen konzentrieren sich die meisten Investitionen auf wenige große Konzerne wie Bayer, Henkel oder VW. Zum anderen werden Gewinne häufig in China reinvestiert, was ebenfalls als FDI gewertet wird. Dies hat zwei wesentliche Gründe: Erstens ist es vergleichsweise schwierig, Gewinne aus China abzuziehen, und zweitens verbleiben viele dieser Gewinne in Joint Ventures (JVs). Buchhalterisch werden sie jedoch der Muttergesellschaft zugerechnet und als FDI erfasst.
Eine weitere, etwas kuriose Entwicklung zeigt sich im Mittelstand: Chinesische Tochterunternehmen deutscher Firmen gründen zunehmend Niederlassungen in anderen asiatischen Ländern. Die dafür bereitgestellten Mittel werden zunächst ebenfalls als FDI in China registriert.
Falls Sie an einer vertiefenden Analyse interessiert sind, empfehle ich meinen Artikel vom Januar: „China: Ausländische Investoren fliehen – nur die Deutschen nicht“.
https://finanzmarktwelt.de/china-auslaendische-investoren-fliehen-nur-die-deutschen-nicht-301731/
Allerdings sind die dort zitierten IW-Daten inzwischen überholt, da die Deutsche Bank im April eine Korrektur vorgenommen hat – damit habe ich mich jedoch nicht im Detail befasst.
Ich hoffe, diese Erläuterungen bieten etwas mehr Klarheit zu diesem komplexen Thema.