Von Markus Fugmann
Für die Aktienmärkte in China scheint es bereits eine Gewissheit zu sein: die Notenbank People´s Bank of China wird zeitnah die Geldpolitik weiter lockern. So stieg der Shanghai Composite in die Nähe eines 7-Jahreshochs und gewann 1,6%, auch in Shenzhen ging es 1,2% nach oben. Die Märkte im Reich der Mitte preisen ein, dass die Notenbank des Landes „hinter der Kurve“ ist und demnächst agieren muß.
Der wichtigste Grund: die Zinssätze am Interbankenmarkt Chinas sind so hoch wie noch nie seit Aufzeichnnung (also seit 2004) – durchschnittlich liegen sie für 7-Tagsausleihen bei 4,41%. Chinas Notenbank hatte zuletzt im Februar die Zinsen um 0,25% gesenkt – nach einem vorherigen Schritt im November 2014. Aber das scheint nicht zu reichen, wie die hohen Interbank-Zinsen zeigen.
Schon seit Monaten fließt Kapital aus China ab – daher sinken auch die Zinsen bei der Interbank-Kreditvergabe nicht, da eben dieses Kapital ein rares Gut ist. Wenn aber der Interbanken-Markt hohe Zinsen verlangt, strahlt das auf die Realwirtschaft aus: auch die Kredite an Firmen bleiben teuer – und das ist der Regierung in Peking ein Dorn im Auge. Daten, die Kapitalflüsse des Yuan messen, zeigen, dass seit Dezember so viel Kapital aus China abgeflossen ist wie seit 2007 nicht mehr.
So hatte Premier Li Keqiang am Wochenende erneut betont, dass die Regierung aktiv werde, sollte sich abzeichnen, dass das Wachstum am unteren Ende der Erwartungen bleiben werde. Und genau das zeichnet sich nach den überwiegend enttäuschenden Daten der letzten Wochen ab. Die Märkte erwarten daher, dass die Regierung noch in diesem Monat die sogenannte reserve-ratio, also das für die Vergabe von Krediten durch Banken hinterlegte Kapital, erneut senken wird. Analysten in China gehen davon aus, dass dies bis zu 20mal in den nächsten Jahren passieren wird.
Das dürfte auch deshalb passieren, weil der Regierung immer klarer wird, dass der schwache Euro die deflationären Tendenzen aus Europa nach China exportiert – die Erzeugerpreise sind in China nun seit 36 Monaten in Folge rückläufig. So zeigte sich heute Nacht das Finanzmministerium Chinas über die schnelle Abwertung des Euro besorgt – und das wiederum könnte bedeuten, dass Peking den Yuan, der nach wie vor an den Dollar gekoppelt ist, zeitnah weiter abwerten läßt. China wird mitspielen im Abwertungs-Wettkampf – der Sog der EZB wird auch im Reich der Mitte die Geldpolitik weiter aufweichen. Mal sehen, ob die amerikanische Fed in einem solchen Umfeld überhaupt in der Lage ist, die Zinsen zu senken..
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Auch im Devisenmarkt greift die chinesische Notenbank ein. Heute steigt CNY gegeüber Dollar wieder deutlich. Alle Maßnahmen sollen gemeinsam eine weitere Kapitalflucht aus China verhindern.