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China – opfert es im Handelsstreit seine Wachstumsstrategie?

Trump glaubt Chinas Regierung durch den Rückgang der chinesischen Wirtschaftsaktivitäten „weich kochen“ zu können. Wenn er sich da nicht täuscht

Der Handelsstreit zwischen den USA und China ist im vollen Gange. Präsident Trump hat erst kürzlich verlautbart, dass er keine Eile verspüre, mit China einen Deal abzuschließen. Anscheinend glaubt er die chinesische Regierung durch den Rückgang der chinesischen Wirtschaftsaktivitäten „weich kochen“ zu können, um sie zu substanziellen Zugeständnissen zu bringen. Wenn er sich da nicht täuscht!

 

China – neue Leidensstrategie

Wenn man sich die letzten Aktionen der chinesischen Regierung und die Äußerungen der Führung zum Fortgang der Auseinandersetzung betrachtet, so kommt man nicht umhin, eine neue Qualität in der Dimension festzustellen. Es scheint, dass die Regierung in Peking sogar bereit sei, ihre wichtigste Legitimation in der Bevölkerung, das Versprechen vom wirtschaftlichen Aufstieg, zu opfern, um im Handelskrieg nicht klein beigeben zu müssen.

Die Regierung hatte ihren Bürgern versprochen, das Pro-Kopf-Einkommen zwischen 2010 und 2020 zu verdoppeln. Hierzu müsste die chinesische Wirtschaft in den kommenden Quartalen jedoch um mindestens 6,2 Prozent wachsen.

Peking scheint derzeit aber einen Einbruch des Wachstums hinzunehmen, wie die Investmentbank Morgan Stanley feststellt, die bereits mit einem Rückgang der Wachstumsrate in China auf 5,7 Prozent im vierten Quartal rechnet, sollten die neuesten Strafzölle erhoben werden und Peking mit Gegenmaßnahmen reagieren.

 

Das Waffenarsenal der Chinesen

China hatte seit Beginn der Handelsstreitigkeiten immer mit Gegenmaßnahmen reagiert, allerdings mit sehr moderaten, was sich derzeit anscheinend ändert. In der letzten Woche wurde mit der Abwertung der eigenen Währung eine neue Eskalationsstufe in den Handelsstreit eingeführt. Peking ließ den Yuan am Montag die Schwelle von sieben Yuan je Dollar durchbrechen, wodurch chinesische Waren automatisch günstiger werden. Das wird die Zölle teilweise ins Leere laufen lassen. Hinzu könnten sich weitere Maßnahmen anschließen. Manche Marktbeobachter gehen davon aus, dass das Ziel ist, einen Regierungswechsel bei den US-Präsidentschaftswahlen 2020 herbeizuführen. Mit folgenden Mitteln:

China will keine Sojabohnen mehr aus den USA einführen, was die Farmer dort trifft – eine der wichtigsten Wählergruppe Trumps:

„Die chinesische Regierung könnte ihre Bürger zum Boykott amerikanischer Waren auffordern“, sagt Luca Paolini, Chef-Stratege bei der Schweizer Privatbank Pictet. „Sie könnte beispielsweise dazu aufrufen, keine iPhones mehr zu kaufen.“ Für Peking wäre es sicher nicht schwer, die Stimmung in der Bevölkerung so aufzuheizen, dass diese dem Aufruf folgt. Apple macht immerhin ein Sechstel seines Umsatzes in China. Dies hätte nicht nur Folgen für die Aktie, sondern auch für weitere Technologie-Firmen und den Aktienmarkt in den USA als Ganzes.

Hinzu kommen die großen chinesischen Bestände an US-Anleihen, wie Andrew Bosomworth, Deutschland-Chef von Pimco feststellt. China besitzt US-Schuldscheine im Wert von über 1,1 Billionen Dollar und ist damit der größte ausländische Gläubiger des Landes. Zwar würde ein Abverkauf den Kurs der Papiere einbrechen und den Zins steigen lassen – aber verlangt Trump derzeit nicht einen Rückgang der Zinsen in den USA, um die Konjunktur zu stützen und seine Wiederwahl zu sichern? Bisher ging man immer davon aus, dass dies die Chinesen unterlassen würden, wegen der Selbstschädigung, aber gleichzeitig würde es die USA treffen.
Was ist mit den für die High-Tech-Industrie so essenziellen Seltenen Erden, für die China derzeit eine Monopolstellung besitzt?

Bisher konnte der chinesische Machthaber seine Pläne ohne große Proteste umsetzen, solange er für wachsenden Wohlstand bei den Bürgern sorgte. Hierauf scheint die letzte große Rede des Regierungschefs Xi Jinping an sein Volk abzuzielen. Sein Appell an den Patriotismus, an die Bereitschaft der Chinesen einen wirtschaftlichen Preis dafür zu zahlen, gegenüber Trump standhaft zu bleiben.

 

Fazit

Man setzt in Peking anscheinend darauf, dass es bei einem weiteren Rückgang der Wirtschaft in China über Europa, Japan und die Emerging Markets schlussendlich auch die USA treffen wird. Sollten die USA 2020 in eine Rezession rutschen, würde es für den jetzigen Amtsinhaber einen erheblichen Erklärungsnotstand bei seinen Wählern geben, schließlich sorgte der Präsident lautstark und sehr medienwirksam für eine Verschärfung des Handekskriegs, für teurere Einfuhren und für eine Störung der weltweiten Handelsketten.

Eine Wiederwahl wäre insbesondere dann extrem schwer, wenn der US-Aktienmarkt über 20 Prozent korrigierte (Eintritt in einen Bärenmarkt), weil dann allein schon der Vermögensverlust von über sieben Billionen Dollar den US-Konsumenten in die Knie zwänge.

Kurzum: Wenn das oben Skizzierte tatsächlich die neue Strategie Chinas ist, bekäme die Wirtschaftswelt ein echtes Problem, dem auch die Notenbanken nicht leicht entgegenwirken könnten.

China hatte der globalen Wirtschaft 2009 mit einem schuldenfinanzierten Infrastrukturprogramm aus der Patsche geholfen (deshalb stehen auch 65 Millionen Wohneinheiten ungenutzt im Lande), es könnte umgekehrt auch die Welt jetzt in eine Schrumpfungsperiode zwingen, um sich von den USA nicht zu gesichtsverletzenden Zugeständnissen erpressen zu lassen. Keine schöne Vision, speziell für das Exportland Deutschland.

 

China ist möglicherweise dabei, seine Wachstumsstrategie zu ändern - mit gravierenden Folgen für die Weltwirtschaft



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6 Kommentare

  1. @Wolfgang Müller, das sind einige sehr interessante, fundierte und jederzeit mögliche Thesen, die Sie hier äußern. Machen Sie weiter so, Ihre Artikel sind eine wertvolle Bereicherung dieser ohnehin schon guten FMW-Seiten.

    Das Arsenal Chinas scheint dahingehend noch gut gefüllt, während es bei Trump schon deutlich schlechter aussieht. Da hat der typisch schießwütige amerikanische Cowboy sein Magazin wohl etwas zu früh entleert. Ich persönlich fände es zwar wesentlich besser, wenn sich alle „Feinde der großartigen Nation“, an deren Fronten der POTUS gerade zündelt, poltert und droht (Kanada, Mexiko, China, Europa, Vietnam, große Teile Mittelamerikas, Türkei, Russland) zusammenschließen und die großartigste Wirtschaft des Planeten isolieren würden. Gleichwohl weiß ich natürlich, dass dies nur eine Utopie, ein frommer Wunsch bleiben muss.

  2. China kann unmöglich Gewinnen solange die USA das hier tun: 1.Mos. 12, 3 “ Wer Israel verflucht wird verflucht, wer Israel segnet wird gesegnet“ nicht umsonst ist die USA stärkstes militärisch und wirtschaftlichstes Land der Welt, nicht umsonst ist die Wirtschaft der USA seit 121 Monaten im Aufschwung, durch Trumps Israel Unterstützung wird es den USA noch weiter gut gehen.
    Sei es durch Technologiediebstahl durch staatliche Hacker,dazu erzwungenen Technologie Transfer, Subventionen für eigene Unternehmen, Abschottung des eignen Marktes aber im Ausland kaufen sie massiv Firmen auf. China beansprucht zusätzlich 90% des südchinesisches Meeres für sich dazu den unabhängigen Staat Taiwan, denn wollen sie ja laut Xi Jinping Anfang dieses Jahres und vor einigen Wochen notfalls mit Gewalt sich einverleiben. China erpresst die Länder der Welt indem sie nur mit China Geschäfte machen dürfen wenn sie keine politische Verbindung zu Taiwan haben.
    CHina kann nur verlieren, Pech für China und alle USA hater.

    1. @Burkhard Weis

      „…durch Trumps Israel Unterstützung wird es den USA noch weiter gut gehen…“

      Versteh ich nicht. Israel ist im Vergleich zu China und USA doch ziemlich unbedeutend. Und was hat es mit dem Bibelzitat auf sich? Ist das so ein religiöser Tic?
      Ist mir da etwas Wichtiges entgangen?

      1. Du hast wie es aussieht meinen Kommentar nicht ganz gelsen oder scheinst die Zusammenhänge die ich dort geschrieben habe nicht zu verstehen.

  3. Warum sollte China seine US-Anleihen auf den Markt werfen?

    1. Braucht China nicht selber die Staatsanleihen (=Dollar?) als Bezahlmittel, um im internationalen Handel Waren zu erwerben, bzw. die Seidenstraße zu bauen?

    2. Sollten die Chinesen die Anleihen plötzlich auf den Markt werfen, spränge nicht 3min später die Fed ein und nimmt sie vom Markt?

    3. Was bekommt man für Staatsanleihen überhaupt? Dollar? Macht das finanztechnisch überhaupt Sinn, wenn man sich vom amerikanischen Währungssystem lösen will?

    Kennt jemand die Mechanismen?

  4. Was mir noch einfällt. Wir sollten Hongkong nicht aus dem Blick verlieren. Augenscheinlich wird dort heftig gezündelt. Ausgang offen? Oder macht China die „Schotten“ wie auch immer dicht. Was passiert, wenn China Hongkong wirklich abgrenzt.

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