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Agiert Peking an den Problemen vorbei? China: Politbüro mit der Bazooka – aber das Hauptproblem bleibt

Der Zeitpunkt der Maßnahmen ist kein Zufall!

China Politbüro
Foto: Bloomberg

Überraschend ist am gestrigen Donnerstag das Politbüro in China zu einer Sondersitzung zusammengetreten – ein ungewöhnlicher Schritt, besonders zu dieser Zeit im September. Bereits am Dienstag hatte die Zentralbank ein umfassendes Stimulus-Paket verkündet, doch nun geht die Regierung noch einen Schritt weiter: Das Politbüro kündigt zusätzliche, weitreichende Maßnahmen an, um die Wirtschaft zu stützen. Die Lage ist offenkundig so schlecht, dass Peking in Panik geraten ist.

Ist die Führung um Xi Jinping nun endlich bereit, die von vielen Experten lange geforderte „Bazuka“ zu zünden? Ist der Leidensdruck durch die schwächelnde Wirtschaft und die Angst, das ehrgeizige 5%-Wachstumsziel zu verfehlen, nun so groß, dass drastische Maßnahmen unausweichlich geworden sind?

China: Stabilisierungsmaßnahmen für den Immobilienmarkt

Im Mittelpunkt der Besprechung stand die Stabilisierung des Immobilienmarktes. Das deutliche Bekenntnis, einen weiteren Preisverfall zu verhindern, markiert einen bemerkenswerten Wandel gegenüber früheren Positionen. Noch vor kurzem betonte die Regierung, dass Wohnungen vornehmlich zum Wohnen und nicht zur Spekulation genutzt werden sollten. Die aktuelle Wende deutet darauf hin, dass die wirtschaftliche Stabilität Vorrang erhält, da die Immobilienpreise für die allgemeine Finanzstabilität in China entscheidend sind.

Zudem sicherte das Politbüro umfangreiche Maßnahmen zur Förderung des Privatsektors und des Kapitalmarktes zu. Es wird erwartet, dass der Zugang zu Finanzmitteln erleichtert wird – ein Schritt, der die Kapitalmärkte beleben und das Vertrauen der Anleger stärken soll. Kommentatoren wie Hao Hong betonen die Bestätigung eines „doppelten Bodens“ in den chinesischen Indizes, was darauf hinweist, dass Peking steigende Aktienmärkte sehen möchte.

Marko Papic von BCA Research sieht in dieser Sitzung das Erreichen eines „Policy Bottom“, bei dem die Politik sich von der Vermeidung moralischer Risiken hin zu Maßnahmen zur Vermeidung politischer Risiken bewegt. Dies deutet auf eine verstärkte fiskalische Unterstützung hin, da monetäre Stimuli allein offenkundig nicht mehr ausreichen.

Die klare Zusage, private Unternehmen zu „retten“, ist ein zentrales Signal dieser Sondersitzung. Das Politbüro hat explizit angekündigt, den privaten Sektor stärker zu unterstützen – ein klares Eingeständnis der wichtigen Rolle, die private Unternehmen für Chinas Wirtschaft spielen, nachdem Xi Jinping zuvor vor allem auf Staatskonzerne gesetzt hatte. Diese Ankündigung steht im Zusammenhang mit weiteren Maßnahmen, die darauf abzielen, den Zugang zu Finanzmitteln zu erleichtern, das Vertrauen in den Kapitalmarkt zu stärken und die Beschäftigungslage zu verbessern.

Mit diesen Schritten zeigt die Regierung, dass sie bereit ist, umfassende Maßnahmen zu ergreifen, um das Wachstumsziel von 5% für 2023 doch noch zu erreichen. Der Druck, sowohl die wirtschaftliche als auch die soziale Stabilität zu sichern, ist enorm. Die politischen Entscheidungsträger in China wissen, dass der private Sektor eine zentrale Rolle in diesem Balanceakt spielt – daher die entschiedene Rhetorik, diesen Bereich zu „retten“ und neue wirtschaftliche Impulse zu setzen.

Finanzielle Unterstützung für einkommensschwache Gruppen

Zusätzlich zu den bereits angekündigten Maßnahmen plant die Regierung, 150 Milliarden Yuan (etwa 19,5 Milliarden Euro) als direkte finanzielle Unterstützung an einkommensschwache Bevölkerungsgruppen zu verteilen. Diese Maßnahme wird als Schritt zur Verbesserung der sozialen Absicherung gesehen und könnte in den kommenden Monaten durch weitere fiskalische Unterstützung ergänzt werden, um das allgemeine Wohlergehen zu fördern.

Darüber hinaus sollen Anreize geschaffen werden, um Unternehmen zu ermutigen, eigene Aktien zurückzukaufen. Dies soll das Vertrauen in den Kapitalmarkt stärken und langfristige Investitionen fördern. Die chinesische Wertpapieraufsichtsbehörde (CSRC) betont dabei die Notwendigkeit, die grundlegenden Systeme für langfristige Investitionen zu verbessern und die Aufsicht über langfristige Kapitaltransaktionen zu verstärken.

Kapitalinjektion soll Banken stützen

Ein weiterer Schritt ist die geplante Kapitalinjektion in Höhe von einer Billion Yuan (etwa 135 Milliarden Euro) in die größten Banken des Landes. Diese Maßnahme zielt darauf ab, die Kapitallage der Banken zu stärken, nachdem diese von Peking gezwungen worden waren, die Hypothekenzinsen zu senken und damit auf Marge zu verzichten. Nun sollen sie die Wirtschaft weiter unterstützen, indem sie in die Lage versetzt werden, mehr Kredite zu vergeben.

Der chinesische Yuan hat kürzlich seinen höchsten Wert gegenüber dem US-Dollar seit über einem Jahr erreicht. Dies verschärft den Deflationsdruck, dem die chinesische Exportwirtschaft ausgesetzt ist, da der starke Yuan Exporte verteuert und damit die Nachfrage im Ausland senkt.

In der nächsten Woche beginnt die „Golden Week“ und der Jahrestag der Gründung der Volksrepublik China. Die Dringlichkeit der Politbüro-Sitzung verdeutlicht, dass die Führung erkannt hat, dass das Stimulus-Paket der Zentralbank vom Dienstag allein nicht ausreichen wird, um eine wirtschaftliche Trendwende herbeizuführen. Trotzdem bleibt China bei seiner Strategie, die Angebotsseite und nicht wirklich die Nachfrageseite zu fördern. Und das ist eines der Hauptprobleme bei den Maßnahmen!

Die einzige Maßnahme, die direkt die Nachfrage – und damit den Konsum – ankurbeln könnte, ist die finanzielle Unterstützung für einkommensschwache Familien. Dies zeigt, dass die Führung um Xi Jinping bemüht ist, für eine positive Stimmung zum Nationalfeiertag zu sorgen. Es bleibt jedoch fraglich, ob diese Maßnahmen ausreichen, um das allgemeine Vertrauen in China und die wirtschaftliche Stimmung nachhaltig zu drehen.



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2 Kommentare

  1. wenn das so funktioniert wie beabsichtigt wird der inflationstreibende effekt auf den inzwischen eingepreisten zinssenkungszyklus insb. im westen noch ein interessanter teil der story. der taumel in der aktuellen gier berücksichtigt das wohl nicht wirklich.

    @fugmann: mir ist schon klar, dass man geld verdienen muss, trotzdem möchte ich anmerken – sofern das überhaupt in ihrer hand liegt, dass die neue werbung durch dieses videofenster richtig nervt.

    1. @ost, liegt auch in meiner Hand, bespreche das mit dem Team..

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