China erzielt Rekorde mit seinem Handelsüberschuss, doch die Kosten tragen andere: Europa steht unter Druck, während China seine wirtschaftlichen Probleme nach außen verlagert.
China schreibt erneut Handelsgeschichte, doch der Erfolg hat einen hohen Preis – vor allem für Europa. Während Chinas Exporte boomen, schrumpfen europäische Importe drastisch.
Rekordüberschuss von China bedroht Europas Wirtschaft
China erzielte 2024 mit 992,2 Milliarden US-Dollar den zweithöchsten Außenhandelsüberschuss, nur knapp unter dem Rekordwert von über einer Billion US-Dollar im Jahr 2022. Sowohl Exporte als auch Importe stiegen im Jahresvergleich um 5,8% bzw. 5,4%. Doch die wachsende Handelsbilanz Chinas sollte insbesondere Europa, und hier vor allem Deutschland, alarmieren. Der Anstieg der chinesischen Exporte geht klar zulasten des europäischen Marktes. Dennoch scheint diese Entwicklung weder in Brüssel noch in den Berliner Parteizentralen ausreichend Beachtung zu finden. Der US-Ökonom und ehemalige amerikanische Staatssekretär Brad Setser formulierte es treffend: „China wächst offensichtlich weiterhin aufgrund von Exporten und externer Nachfrage, was alle seine Handelspartner, nicht nur die USA, beunruhigen sollte.“
Abb. 1: Chinas Handelsbilanz 2013-2014. Datenquellen: 2013-2023: WIPS (HS4), 2024: Chinesischer Zoll
Die Handelsdaten zeigen, dass sich die Dynamik der vergangenen Jahre auch 2024 fortsetzt. Trotz zahlreicher Handelshemmnisse in den USA stiegen die chinesischen Exporte dorthin um 4,9%. Der indirekte Handel durch die ASEAN-Staaten verstärkt diesen Trend zusätzlich: Chinas Exporte in die ASEAN-Region wuchsen um 12%, was einen erheblichen Teil an die USA weitergeleitet wurde. Auch die Exporte in die EU legten um 3% zu, während nach Deutschland ein Anstieg von 6,5% verzeichnet wurde. Im Gegensatz dazu sanken die europäischen Importe nach China um 4,4%, während aus Deutschland sogar ein Rückgang von 10,7% registriert wurde.
Abb. 2: Prozentuale Veränderung im Handel zwischen Chinas wichtigsten Handelspartnern 2014. Datenquellen: Chinesischer Zoll
Handelsströme: ASEAN gewinnt, Europa verliert
Besonders interessant sind die Verschiebungen in den globalen Handelsströmen. Die ASEAN-Staaten sind der einzige große Handelspartner, der im Handel mit China Anteile gewinnen konnte. Im Vergleich dazu ist der relative Handel mit den USA und der EU nicht nur im Jahresvergleich, sondern auch über die letzten zehn Jahre rückläufig. Während die Handelsmaßnahmen der USA oberflächlich erfolgreich erscheinen, werden viele chinesische Produkte nur über den Umweg der ASEAN-Staaten in die USA exportiert.
Abb. 3: Verteilung der Anteile am chinesischen Außenhandel mit den wichtigsten Handelspartnern 2013-2014. Datenquellen: 2013-2023: WIPS (HS4), 2024: Chinesischer Zoll
BRICS-Staaten konnten ihren Anteil am Gesamthandel mit China in den letzten zehn Jahren nur leicht um 1% steigern – deutlich weniger als die ASEAN-Staaten, die ein Plus von fast 7% verzeichnen konnten. Bemerkenswert ist, dass China bei den BRICS-Staaten mehr importiert (11%) als exportiert. Diese dienen vor allem als Rohstofflieferanten, deren Produkte in China veredelt und anschließend weiterexportiert werden – häufig über die ASEAN-Staaten in den Globalen Norden. Ein kleiner Trendwechsel zeigt sich jedoch: Während Chinas Importe aus den BRICS-Staaten im letzten Jahr um 2,0% zurückgingen, stiegen die Exporte um 2,9%.
Abb. 4: Prozentualer Anteil am Handel zwischen Chinas wichtigsten Handelspartnern 2014. Datenquellen: Chinesischer Zoll
Mobilitätswende drückt Ölimporte – Russland zahlt die Zeche
Ein genauerer Blick zeigt, dass insbesondere Brasilien und Russland als BRICS-Partner neue Rollen im Handel mit China einnehmen. Brasiliens Exporte nach China stiegen um 22%, während die Importe um 5,3% sanken. Auch Russland wird für China zunehmend als Absatzmarkt wichtiger: Während die Importe stabil blieben, stiegen die Exporte um 4%.
Der Ukraine-Krieg hat Chinas Position im Handel mit fossilen Brennstoffen gestärkt. Während die Mengen an Kohle und Gas wuchsen, sanken die Kosten. Zwar behauptet der Kreml, dass die Einnahmen aus dem Verkauf fossiler Brennstoffe gestiegen seien, was in Rubel gemessen durchaus zutreffen mag. Doch der Rubel hat aufgrund seiner Abwertung gegenüber dem US-Dollar und der hohen Inflation erheblich an Kaufkraft verloren. Nach Berechnungen von CREA sanken die russischen Einnahmen aus fossilen Brennstoffen im Jahr 2024 um 5 % im Vergleich zu 2023. Für Russland ist dies ein Pyrrhus-Sieg, da es angesichts weggebrochener Absatzmärkte auf China angewiesen ist, welches wiederum erhebliche Preisnachlässe durchsetzt.
Abb. 5: Prozentuale Veränderung von Menge und Wert importierter ausgewählter Handelsgüter nach China 2014. Datenquellen: Chinesischer Zoll
Auch der Ausbau der Elektromobilität in China beeinflusst die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen. Etwa 70% des Ölverbrauchs entfallen auf den Verkehrssektor. Trotz steigender Zulassungszahlen von Elektrofahrzeugen sank der Verbrauch von Benzin und Diesel spürbar. Infolgedessen gingen auch die Rohölimporte 2024 mengen- und wertmäßig zurück.
Diese Entwicklungen spiegeln sich auch im Automobilmarkt wider. Eine Mischung aus Konsumschwäche und der Elektrifizierung des Verkehrs führte zu einem Einbruch der Fahrzeugimporte. Der chinesische Automarkt wird weitgehend von inländisch produzierten Fahrzeugen dominiert. Importiert werden hauptsächlich Luxusfahrzeuge, deren Einfuhr im vergangenen Jahr um fast 12 % zurückging.
Der Rückgang im Import bestimmter Rohstoffe zeigt sich ebenfalls im Markt für seltene Erden. Trotz wachsender Produktionszahlen von Elektrofahrzeugen benötigt der Markt weniger dieser Mineralien, da Batterien zunehmend effizienter werden und alternative chemische Zusammensetzungen nutzen.
Gleichzeitig stiegen die Importe von Halbleitern und zugehöriger Ausrüstung erheblich, während die Preise sanken. Es bleibt jedoch unklar, ob diese Produkte internationalen technologischen Standards entsprechen.
Chinas Strategie erfordert ein Antwort aus Europa
Chinas Außenhandelsbilanz für 2024 zeigt, wie das Land durch verstärkte Exporte seine internen wirtschaftlichen Probleme kompensiert. Diese Strategie stellt eine direkte Bedrohung für die europäische Wirtschaft dar. Trotz alarmierender Entwicklungen gibt es bislang keine ernsthaften Gegenmaßnahmen.
Die massiven Überkapazitäten Chinas, die den Weltmarkt überschwemmen, verschärfen diese Problematik und erhöhen das Konfliktpotenzial. Gewinner dieser Entwicklung sind die ASEAN-Staaten, die stark von der Zusammenarbeit profitieren. Die BRICS-Staaten hingegen profitieren nur marginal, während Russland zunehmend unter der Abhängigkeit von China leidet, da andere Absatzmärkte durch Sanktionen verloren gingen.
Europa muss dringend eine strategische Antwort entwickeln, um seine wirtschaftlichen Interessen zu schützen und die wachsenden Spannungen auf dem Weltmarkt zu entschärfen.
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So nach dem Motto:
Vorsicht!
Lieferant droht mit der Lieferung von billigen Produkten.
Viele Grüße aus Andalusien Helmut
@Helmut
Und wozu führen Fluten billiger chinesischer Produkte in Europa?
Ganz genau! Zur Zerstörung der eigenen Wettbewerbsfähigkeit, zu starken Abhängigkeiten, die man bekanntermaßen seit der russischen Erpressungskampagne 2021/22 in wichtigen Bereichen reduzieren muss und möchte, zu Deindustrialisierung, Insolvenzen und Abwanderung in staatlich höchst subventionierte andere Wirtschaftsräume.
Leider sind speziell in Deutschland solche Subventionen schwer als Planwirtschaft und Sozialismus verpönt.
Seltsam ist nur, dass alle anderen großen Volkswirtschaften in den Top Four dahingehend keinerlei Hemmungen an den Tag legen, egal ob die nun in eher wirtschaftlich oder gesellschaftspolitisch libertär, liberal, demokratisch, planwirtschaftlich oder kommunistisch organisiert sind.
Diese massiven staatlichen Eingriffe rund um den Globus potenzieren die Tendenzen von Deindustrialisierung, Abwanderung und Kapitalabflüssen bei Doofländern und Geisterfahrern, deren oberste Priorität seit 20 Jahren die Einhaltung einer ideologischen Schuldenbremse mit Idealziel einer Schwarzen Null ist.
Du lieferst also mal wieder einen sinnlos-sarkastischen Beitrag der Kategorie »kurzsichtig, selektiv, einseitig und substanzlos«.
Viele Grüße nach Andalusien von deinem größten Fan Helix!
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