Gao Shanwen, Chefökonom bei SDIC Securities und ehemaliger Berater des chinesischen Staatsrates, hat mit einer Rede ungewöhnlich offenen Rede in China für Aufsehen gesorgt. Seine Worte, gesprochen auf einer Investorenkonferenz in Shenzhen, zeigen die Spannungen zwischen den offiziellen Narrativen und der Realität der Wirtschaft des Landes. Obwohl seine Rede inzwischen zensiert wurde, hat sie eine Welle der Diskussionen.
Gao Shanwen ist kein Außenseiter. Als etablierter Ökonom mit tiefen Einblicken in Chinas Wirtschaftspolitik hat er in der Vergangenheit immer wieder kritisch auf Schwachstellen hingewiesen. Doch seine jüngste Rede ist beispiellos in ihrer Offenheit und hat sich wie ein Lauffeuer verbreitet. Was macht seine Aussagen so brisant?
China: Vertrauen in Wirtschaftsdaten sinkt
Eine der zentralen Thesen Gao Shanwens betrifft die Ungenauigkeit der offiziellen Wirtschaftsdaten. Er schätzt, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) Chinas in den letzten drei Jahren um bis zu zehn Prozentpunkte überschätzt wurde. „Die Diskrepanz zwischen Konsumwachstum, Investitionen und der Erwerbsbevölkerung und den gemeldeten Zahlen ist unübersehbar“, erklärte er. Tatsächlich glaubt Gao Shanwen, dass das reale Wachstum 2024 nur etwa zwei Prozent betrug – weit entfernt von den offiziell verkündeten fünf Prozent.
Diese Erkenntnis ist nicht unbedingt neu. Auch in der Vergangenheit hat China seine Wachstumszahlen je nach Bedarf nach unten oder oben „korrigiert“. Doch Gao Shanwen drückt dies ungewöhnlich offen aus – und das Besondere ist, dass seine Rede einige Tage lang online blieb, bevor sie gelöscht wurde.
Arbeitsmarkt: Die verschwundenen 47 Millionen
Noch alarmierender als die Wachstumszahlen ist Gao Shanwens Analyse des Arbeitsmarktes. Seit Beginn der Pandemie fehlen laut seinen Berechnungen 47 Millionen Arbeitsplätze in städtischen Gebieten – fast zehn Prozent der städtischen Erwerbstätigen. Diese Menschen tauchen in den offiziellen Statistiken nicht auf. Viele von ihnen haben die Städte verlassen und sind in ländliche Gebiete zurückgekehrt, um dort ihren Lebensunterhalt zu sichern.
Das Problem mit den Arbeitslosenzahlen liegt im System der offiziellen Statistiken. Nur Personen, die zuvor einen sozialversicherungspflichtigen Job in der Stadt hatten, in der sie auch mit ihrem „Hukou“ – der offiziellen Registrierung es Wohnsitzes – gemeldet sind, können sich arbeitslos melden. Viele Chinesen, die nach ihrer Schulzeit oder ihrem Studium in eine andere Stadt ziehen, um dort zu arbeiten, verzichten jedoch darauf, ihren „Hukou“ umzumelden. Die bürokratischen Hürden sind hoch, und die Umregistrierung ist kompliziert und langwierig. Ohne diese Umregistrierung bleiben sie in den Statistiken unsichtbar, auch wenn sie ihre Arbeit verlieren.
„China ist ein Land voller lebhafter älterer Menschen, lethargischer Jugend und verzweifelter Mittelschicht“, erklärte Gao Shanwen. Diese Beschreibung bringt die tiefgreifenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Spannungen auf den Punkt. Die Jugend, einst Hoffnungsträger der chinesischen Wirtschaft, sieht sich unsicheren Jobperspektiven und stagnierenden Einkommen gegenüber. Die Folge: Konsumzurückhaltung und ein Einbruch der Nachfrage – eine gefährliche Dynamik in einer Wirtschaft, die zunehmend auf Binnenkonsum angewiesen ist.
Diese Unsicherheiten zeigen sich auch in den sinkenden Einstiegsgehältern. Nach Berechnungen der Online-Jobplattform Zhaopin fielen diese 2023 um 1,3 % auf 10.420 Yuan (ca. 1.349 Euro) und sanken 2024 weiter auf 10.058 Yuan (ca. 1.302 Euro). Für junge Menschen, die ohnehin mit begrenzten Karrieremöglichkeiten und steigendem Wettbewerb konfrontiert sind, verschärfen solche Entwicklungen das Gefühl der Perspektivlosigkeit. Viele verzichten auf größere Anschaffungen oder schieben Entscheidungen wie den Kauf eines Hauses oder die Gründung einer Familie auf.
Wirtschaftskrise: Wirklich nur „zyklisch Belastung“?
Gao Shanwen schloss seine Rede mit einer optimistischen Note, indem er die aktuellen Probleme als „zyklische Belastungen“ bezeichnete, die mit den richtigen Maßnahmen überwunden werden könnten. Doch diese Einschätzung wird von vielen internationalen Analysten und Wissenschaftlern infrage gestellt.
Die Mehrheit der Analysten geht davon aus, dass China sich nicht in einem vorübergehenden zyklischen Abschwung befindet, sondern vor einem strukturellen Wandel steht. Die alternde Bevölkerung, die durch hohe Schulden belastete Immobilienwirtschaft und die abnehmende Wettbewerbsfähigkeit vieler Branchen deuten darauf hin, dass Chinas wirtschaftliche Probleme tiefer reichen als von Gao Shanwen beschrieben. Seine Wortwahl war offenbar so vorsichtig gewählt, um innerhalb der Grenzen des politisch Erlaubten zu bleiben. In den chinesischen sozialen Netzwerken kursierte eine Interpretation seiner Rede, dass die Regierung zwar viel getan habe, aber noch mehr tun müsste. „Das bedeutet im Grunde, dass die Regierung bisher nicht genug getan hat.“
Perspektivlosigkeit dominiert Arbeitsmarkt in China
Ein zentrales Problem in Gaos Rede ist die Kluft zwischen der Qualität der Arbeitsplätze und den Erwartungen der Bevölkerung. Laut Gao Shanwen haben viele der zurückgekehrten Arbeitskräfte in ländlichen Gebieten Jobs mit geringem Einkommen oder ohne soziale Absicherung angenommen. Für die Jugend bedeutet dies eine Zukunft voller Unsicherheit – sie sparen, anstatt zu konsumieren, und schieben große Entscheidungen wie den Kauf eines Hauses oder die Gründung einer Familie auf.
Auch die Mittelschicht steht unter Druck. Infolge der Immobilienkrise und stagnierender Einkommen erleben viele Menschen in den besten Jahren ihres Lebens einen sozialen und wirtschaftlichen Abstieg. Der Konsum in Regionen mit vielen jungen Menschen ist schwächer als in Gebieten mit älteren Einwohnern – ein umgekehrtes Bild zu dem, was man erwarten würde.
Ein langer Weg in die Zukunft
Gao Shanwen prophezeit eine Phase des „langfristig niedrigen Wachstums“, die bis 2030 andauern könnte. Zwischen den Zeilen warnt er jedoch davor, dass die Probleme sich ohne entschiedene Maßnahmen weiter verschärfen könnten. Während internationale Analysten auf tiefgreifende Reformen drängen, scheint Peking eher auf kurzfristige politische Steuerung zu setzen.
Die Rede von Gao Shanwen ist bemerkenswert, weil sie nach chinesischen Maßstäben ungewöhnlich direkt war. Seine klare Sprache und die Offenheit, mit der er unbequeme Wahrheiten aussprach, heben sie von der sonst oft verklausulierten Rhetorik ab. Überraschend war auch, wie lange diese Rede und die anschließenden Diskussionen unzensiert blieben – ein seltenes Phänomen in einem politisch sensiblen Umfeld.
Gleichzeitig verdeutlicht die Rede, dass die wirtschaftlichen Schwierigkeiten Chinas wesentlich tiefgreifender sind, als die Regierung es bisher zugibt. Besonders auffällig war die vergleichsweise deutliche Kritik an der politischen Führung, die Gao Shanwen vorsichtig formulierte. Mit dieser Kritik steht er nicht allein.
Die entscheidende Frage bleibt, ob die chinesische Regierung den Warnungen Gehör schenken und tiefgreifende Reformen anstoßen wird – oder ob sie weiterhin auf oberflächliche Maßnahmen setzt, um die Symptome der Probleme zu kaschieren. Je länger die Regierung zögert, um so heftiger werden später die Schmerzen.
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Es ist überraschend wie offen diese Probleme angesprochen werden, versteckt sich dahinter nicht nur der Beweis für die unter Druck geratene chinesische Wirtschaft, als auch ein Pulverfass das zu explodieren droht.
Eine Jugend ohne Perspektive ist oft das, was zu tiefgreifenden Veränderungen führt.
Gerade die angekündigten Sanktionen dürften die Lage noch einmal deutlich verschlechtern.
@
ja, ja, diese arme, dumme, ungebildete, perspektivenlose chinesische jugend,
gott sei es gedankt, dass es in deutschland ganz, ganz anders ist,
besonders durch die besonderen vorzeigeviertel wie berlin kreuzberg u.a., wo man als erkennbarer
homosexueller oder kippatragender jude seines lebens nicht sicher ist
und sich die polizei gar nicht mehr hintraut, laut berliner polizeipräsidentin barbara slowik-meisel, 20.11.2024
das ist das deutschland, dass sich küchenhilfen oder andere gut/bessermenschen gewünscht haben
daher jedem das seine
@1150
jaja, immer den whataboutism zur Hand. Wie primitiv ist doch, immer nur bis zur nächsten Hauswand zu gucken. Und das lustigste: einen Nazispruch zu benutzen, der an einem Lager prangte, das die Vernichtung der Juden zur Aufgabe hatte und dann über Juden zu schreiben, die (angeblich) ihres Lebens nicht sicher sind – von jemanden, der Ausländer massenhaft abschieben will. Wie groß ist eigentlich bei so jemanden die kognitive Dissonanz?
Wenn du schon den Spruch benutzt, dann doch bitte in seiner vollen Länge:
Iuris praecepta sunt haec: honeste vivere, alterum non laedere, suum cuique tribuere.
Aber wahrscheinlich ist das ja die logische Konsequenz: Wer solche Worte benutzt, der führt kein ehrenhaftes Leben und respektiert auch nicht das Leben anderer.
die autochthone schrumpfende deutsche mehrheitsbevölkerung hat inzwischen schon reichliche erfahrungen
machen dürfen, welchen wert ehrbegriffe und respekt der importierte gegenüber seinen alimentierer hat,
auch die linke bagage hat schon, bis hin zu öffenlichen mordaufrufen, oft bewiesen, wozu sie fähig ist.
jedem das seine – wer wind sät, wird sturm ernten
ich seh‘ mir das mittlerweile aus sicherer entfernung an
@1150
Und der nächste Whataboutism. Selbstreflexion unserer ausländerfeindlichen und völkischen Bubble? 0! Aber wie heißt es doch so schön: Τί δὲ βλέπεις τὸ κάρφος τὸ ἐν τῷ ὀφθαλμῷ τοῦ ἀδελφοῦ σου, τὴν δὲ δοκὸν ἐν τῷ σῷ ὀφθαλμῷ οὐ κατανοεῖς;
Sag mal, wenn du dir das aus sicherer Entfernung ansiehst: Assimilierst du dich eigentlich so, wie du es von den hiesigen Ausländern erwartest? Sprichst du auch zu Hause nur die Sprache deines Gastlandes? Ehrst du nur und ausschließlich die Traditionen deines Gastlandes? Sicherlich nicht. Oh, diese Doppelmoral!
Wer hier nicht wohnt, der hat kein Mitspracherecht.
Also… Schweigefuchs!