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Peking wird nervös China: Wirtschaft enttäuscht Hoffnungen, Großstädte schrumpfen

Chinas Großstädte schrumpfen - Demografie wird ein Faktor

China Wirtschaft enttäuscht

Diese Woche hat das National Bureau of Statistics (NBS) weitere enttäuschende Daten zur Wirtschaft in China veröffentlicht. Das Resultat läßt weitere Zweifel aufkommen, ob China nach drei Jahren ohne Wachstum in diesem Jahr eine Erholung sehen wird, wie viele Analysten erwartet und wie es auch alle politischen Entscheidungsträger in Peking gehofft hatten.

China: Schwache Wirtschaft enttäuscht Hoffnungen

Natürlich wird China sein Wachstumsziel von fünf Prozent für das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in diesem Jahr erreichen – es wäre politisch inakzeptabel, dies nicht zu tun. Die Frage ist, ob dies größtenteils durch gesundes Wachstum erfolgen wird, wie erhofft, durch Konsum, private Investitionen und Exporte. Oder doch nur durch eine schuldengetriebene ungesunde Expansion, bei der es sich um staatliche Infrastrukturinvestitionen und den Wohnungsbau handelt. Dies wird geschehen, wenn Beijing erneut auf die Stimulierungsmittel zurückgreift.

Einzelhandel in China unter den Prognosen

Die Einzelhandelsumsätze stiegen um 18,4% und lagen damit jedoch unter den Prognosen der Ökonomen, die einen Anstieg von 21% erwartet hatten, beschleunigten sich jedoch deutlich gegenüber dem Anstieg von 10,6% im Vormonat. Dies war der dritte Monat in Folge mit einem Wachstum im Einzelhandel und das stärkste Tempo seit März 2021. Allerdings befanden sich in den Vorjahremonaten weite Teile Chinas im Lockdown, daher sind iese Anstiege eher als „mau“ zu  bezeichnen.

In den ersten vier Monaten des Jahres stieg die Aktivität im Einzelhandelssektor um 8,5 %. Im Vergleich zum Vormonat stiegen die Einzelhandelsumsätze im April um 0,49 % und damit langsamer als im März (0,78%). Die Einzelhandelsumsätze wurden im vergangenen Monat durch Autokäufe und Restaurantausgaben angekurbelt.

Industrie bleibt hinter Erwartungen

Die Industrieproduktion in China stieg zwar im April im Jahresvergleich um 5,6%, verglichen mit den von Ökonomen erwarteten 10,9% war das aber enttäuschend, auch wenn sie sich gegenüber einem Anstieg von 3,9% im März beschleunigte. Es war der zwölfte Monat in Folge, in dem die Industrieproduktion wuchs, und der schnellste Anstieg seit September letzten Jahres, der hauptsächlich vom verarbeitenden Gewerbe und dem Bergbau getragen wurde, nachdem die Nullzinspolitik aufgehoben worden war.

In den ersten vier Monaten des Jahres stieg die Industrieproduktion um 3,6% gegenüber dem gleichen Zeitraum im Jahr 2022. Im Jahr 2022 war die Industrieproduktion um 3,6% gestiegen. Im April stieg die Industrieproduktion gegenüber dem Vormonat nur um 0,12 % und blieb damit gegenüber März unverändert. Die Automobilherstellung trug dazu bei, die Industrieproduktion im letzten Monat anzukurbeln, während die Textil- und Pharmaproduktion weiterhin schrumpfte.

Die Anlageinvestitionen (Bau-Sektor) stiegen in den ersten vier Monaten des Jahres 2023 im Jahresvergleich um 4,7% auf 14,75 Billionen Yuan, womit die Marktprognosen von 5,5 % verfehlt wurden und der Anstieg von 5,1 % im vorangegangenen Zeitraum nachließ.

Die Immobilieninvestitionen fielen in den ersten vier Monaten des Jahres um 6,2 % und damit stärker als im ersten Quartal (-5,8 %). Das NBS erklärte, dass trotz der Anzeichen einer Erholung der Immobiliennachfrage in China die Immobilieninvestitionen und -entwicklungen weiterhin rückläufig sind. Es fügte hinzu, dass sich der Immobilienmarkt insgesamt in einer Anpassungsphase befindet und Anstrengungen zur Stabilisierung des Marktes erforderlich sind.

Die Industrieunternehmen in China erzielten im ersten Quartal 2023 einen Gesamtumsatz von 31,18 Billionen Yuan (etwa 4,5 Billionen US-Dollar), das ist ein Rückgang von 0,5 % gegenüber dem Vorjahr. Der Gesamtgewinn betrug 1,51 Billionen Yuan (ca. 218 Milliarden US-Dollar), was einem Rückgang von 21,4 % im Jahresvergleich entspricht, so das NBS.

Rekord bei Jugendarbeitslosigkeit

Die städtische Arbeitslosenquote Chinas ging im April auf ein 16-Monats-Tief von 5,2 % zurück, gegenüber 5,3% im Vormonat. Die Arbeitslosenquote der 16- bis 24-Jährigen stieg jedoch von 19,6% auf ein Rekordhoch von 20,4%. Im Jahr 2023 werden rund 12 Millionen mehr Hochschulabsolventen auf den Arbeitsmarkt drängen. Der Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit erfolgt, nachdem die Zahl der Erwerbstätigen in den letzten drei Jahren um mehr als 41 Millionen Menschen zurückgegangen ist. China hat also ein erhebliches Demografie-Problem.

Unterdessen blieb die Arbeitslosenquote in 31 Großstädten und Gemeinden im April unverändert bei 5,5%. Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit der Beschäftigten in Unternehmen im ganzen Land stieg im April auf 48,8 Stunden gegenüber 48,7 Stunden im Vormonat. Für das Jahr 2023 hat die Regierung eine Arbeitslosenquote von etwa 5,5 % angestrebt, wobei etwa 12 Millionen neue Arbeitsplätze in den Städten geschaffen werden sollen. Hierbei gilt zu beachten, dass die Arbeitslosigkeit nur gemessen an den Einwohnern wird, die ein „Hukou“, also eine Registrierung in der jeweiligen Stadt, besitzen. Die Arbeitslosenquote ist also vermutlich höher.

Alle vier First-Tier-Cities mit Bevölkerungsrückgang

Nach einem Bericht der „Global Times“ verzeichnete auch Guangzhou, die Hauptstadt der südchinesischen Provinz Guangdong, nach den am letzten Freitag veröffentlichten jährlichen Zensusdaten einen Rückgang der Bevölkerung der Stadt um 76.500 im Vergleich zu 2021 auf 18,73 Millionen Einwohner. Dies ist der erste Rückgang in der Stadt seit 20 Jahren. Damit ging zum ersten Mal seit Jahrzehnten die Bevölkerung in allen vier sogenannten 1st Tier-Cities – Beijing, Shanghai, Guangzhou und Shenzhen – zurück.

Immobilienmarkt in China wieder schwach

Der chinesische Immobilienmarkt und die Immobilienentwicklung, die seit mehr als einem Jahrzehnt wichtige Bestandteile des chinesischen Wachstums waren, bleiben weiterhin unter Druck. Dies liegt an Liquiditäts- und Finanzproblemen, die aufgrund von verschärften Kreditbedingungen zu einer Reihe von Zahlungsausfällen geführt haben.

Die Investitionen in den Immobiliensektor sanken im ersten Quartal um 5,8 Prozent, die Verkäufe von Wohnungen gingen um 1,8 Prozent zurück und der Neubau von Wohnungen ging drastisch um 19,2 Prozent im Jahresvergleich zurück.

Chinas Investitionen in die Immobilienentwicklung von Januar bis April gingen im Jahresvergleich um 6,2 Prozent auf 3,55 Billionen Yuan zurück. Der Verkauf von Wohnimmobilien von Januar bis April verzeichnete einen Rückgang von 0,4 Prozent auf 376 Millionen Quadratmeter, während der Gesamtumsatz im Jahresvergleich um 8,8 Prozent auf 3,97 Billionen Yuan stieg.

Die Preise für neue Wohnimmobilien in China zeigten im April ein langsames Wachstum, mit einem Anstieg von 0,4 Prozent im Vergleich zu 0,5 Prozent im März. Bedenken über die Erholung des Immobiliensektors bestehen weiterhin, da Investitionen und Verkäufe rückläufig sind. Die Konjunkturmaßnahmen der Regierung in Beijing haben die Stimmung verbessert, aber langfristig besteht Unsicherheit.

Die geringeren Investitionen in die Immobilienentwicklung haben direkte Auswirkungen auf die Einnahmen der Städte und Kommunen. So beliefen sich im ersten Quartal die Einnahmen aus dem Verkauf von Land der lokalen Regierungen in China auf 872,8 Milliarden Yuan (126,8 Milliarden US-Dollar), was einem Rückgang von 27 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Dies folgt auf einen Rückgang um 27,4 Prozent im gleichen Zeitraum des letzten Jahres.

Rohstoffe in China weiter im Abwärtstrend

Der Rohmaterialienindex in China verzeichnete in den letzten Wochen eine gewisse Volatilität. Von Oktober 2022 bis April 2023 war ein allgemeiner Abwärtstrend zu beobachten, jedoch zeigt sich nun eine leichte Erholung. Heute lag der Index bei 144 Punkten, was einem Anstieg von 0,70 Prozent im Vergleich zur Vorwoche entspricht.

Diese Woche wurde der Kohlepreis mit 891 Yuan (ca. 129,46 US-Dollar) pro Tonne verzeichnet, was einem weiteren Rückgang von 0,50 Prozent im Vergleich zur Vorwoche entspricht. Die Kohlepreise setzten also auch in dieser Woche ihren Abwärtstrend fort. Die Stahlpreise hingegen setzten ihren Abwärtstrend ebenfallls fort. Diese Woche notierten die Stahlpreise mit 7.200 Yuan (ca. 1.046,62 US-Dollar) pro Tonne, was einem weiteren Rückgang von 1,30 Prozent im Vergleich zur Vorwoche entspricht. Damit spiegeln die Stahlpreise die schwache Verfassung des Immobilienmarktes wider.

Im Bereich Lithium gab es eine interessante Entwicklung. Nach einem Rückgang von Oktober 2022 bis April 2023 scheint der Markt nun eine Erholung zu verzeichnen. Der Lithiumpreis liegt bei 209.500 Yuan (ca. 30.496,35 US-Dollar), was einem Anstieg von 16,71 Prozent im Vergleich zum Vormonat entspricht.

Oberflächliche Erholung der Tourismusindustrie

Oberflächlich betrachtet scheint sich die Tourismusindustrie zu erholen. Der Bund in Shanghai und andere Sehenswürdigkeiten in China sind wieder von Touristen bevölkert. Und auch die Restaurants sind wieder voll. Allerdings ist wieder ein Trend zu beobachten, der lange überwunden schien: Die Touristen meiden die Sehenswürdigkeiten, für die man Eintritt bezahlen muss. Über die Mai-Feiertage war zu beobachten, dass immer mehr Kurztrips absolviert werden, was Essens- und Hotelkosten minimiert. Die Flugbewegungen befinden sich weiterhin auf dem Niveau des Jahres 2019, was bedeutet, dass das Aufkommen an Flügen vergleichbar ist mit dem vor der COVID-19-Pandemie. Um den Mangel an Piloten zu beheben, hat Air China eine australische Flugschule mit einer Anfrage nach kommerziellen Piloten überflutet.

Frachtraten nahezu unverändert

Der Drewry World Container Index (WCI; Index für Frachtraten)) zeigt weiterhin eine seitwärts Bewegung an. Er ist um 1% im Vergleich zur Vorwoche gesunken und liegt um 78% niedriger als in derselben Woche des Vorjahres. Der aktuelle WCI Composite Inde für einen 40-Fuß-Container liegt derzeit bei 1.719 US-Dollar, was einen deutlichen Rückgang im Vergleich zum Höchststand von 10.377 US-Dollar im September 2021 darstellt. Der Index liegt um 36% unter dem 10-Jahres-Durchschnitt von 2.688 US-Dollar, was auf eine Rückkehr zu normaleren Preisen hindeutet, bleibt aber 21% höher als der Durchschnitt von 2019 (vor der Pandemie) von 1.420 US-Dollar.

Während die Raten von Shanghai nach Rotterdam um 4% auf 1.542 US-Dollar pro 40-Fuß-Container gefallen sind, blieben die Raten von Shanghai nach Los Angeles, Rotterdam nach Shanghai, Shanghai nach Genua und Shanghai nach New York auf dem Niveau der Vorwoche.

 



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1 Kommentar

  1. Die China-Politik von Bundeskanzler Olaf Scholz erinnert mich an die kompetente China-Politik von Bundeskanzler Helmut Schmidt, Bundeskanzler Helmut Kohl, Bundeskanzler Gerhard Schröder und Bundeskanzlerin Angela Merkel.

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