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China: Schwache Wirtschaft, wenig Stimulus

China Wirtschaft Stimulus enttäuscht

Die Wirtschaft in China bleibt schwach – und bislang enttäuscht die Führung in Peking mit ihren Stimulusmaßnahmen. Ein Blick auf die Lage und Aussichten der Wirtschaft in China, die gerade für Deutschland von besonderer Bedeutung ist.

China: Hoffnungen auf konkrete Konjunkturhilfen für die Wirtschaft enttäuscht

Investoren hatten gehofft, dass der Staatsrat, das chinesische Kabinett, nach einem Treffen am vergangenen Freitag neue Unterstützungsmaßnahmen für die Wirtschaft ankündigen würde – besonders für den kriselnden Immobiliensektor. Bloomberg hatte tatsächlich die Ankündigung eines Konjunkturpaketes des Staatsrats vorhergesagt. Allerdings enttäuschte der Staatsrat und veröffentlichte keine konkreten Vorschläge. Stattdessen sagte er lediglich, dass er „neue Maßnahmen rechtzeitig prüfen“ werde, ohne weitere Einzelheiten anzugeben. „Die Schwelle für Konjunkturhilfen ist höher, und wenn es zu Eingriffen kommt, erfolgt eine allmähliche Lockerung anstatt einer Überflutung der Wirtschaft“, so eine Einschätzung. Xi Jinping hält weiterhin an seinem Streben nach hochwertigem Wachstum fest und wird seine Haltung voraussichtlich nicht ändern, insbesondere im Hinblick auf die Immobilienbranche.

In der Zwischenzeit setzen die Politiker in Peking weiterhin auf Nachfrage und Konsum. Am Dienstag betonte Wang Huning, Mitglied des Ständigen Ausschusses des Politbüros und führender politischer Berater, bei einem besonderen Treffen die Bedeutung von Forschung zur Wiederbelebung und Ausweitung des Konsums. Laut der staatlichen Xinhua betonte am selben Tag das 21st Century Business Herald in einem Interview mit dem Präsidenten der Shanghai University of Finance and Economics die kritische Bedeutung der Steigerung des Einkommens der Menschen, um die Nachfrage anzukurbeln. Präsident Leo forderte mehr proaktive fiskal- und geldpolitische Unterstützungsmaßnahmen und fügte hinzu: „Deflation ist viel beängstigender als Inflation“.

Einige Kommentatoren sind jedoch besorgt, dass Peking immer noch nicht genau herausgefunden hat, wie es die Nachfrage nachhaltig steigern kann. Michael Pettis, Professor an der Beijing Universität fasst die derzeitige Situation sehr gut zusammen:

„Es scheint eine ziemlich kontroverse Debatte unter den Entscheidungsträgern darüber zu geben, ob China zum alten Drehbuch der Angebotsseite zurückkehren sollte, um das Wachstum nicht weiter sinken zu lassen, oder ob es zu einem neuen Drehbuch der Nachfrageseite übergehen sollte. Ich glaube, die Verwirrung entsteht daher, dass zwar mittlerweile alle zugeben, dass Haushalte einen größeren Anteil am Einkommen erhalten sollten, aber niemand hat die kurzfristigen Auswirkungen einer Umkehrung von zwei bis drei Jahrzehnten des Flusses von Haushalten zu Herstellern wirklich durchdacht. Es ist nicht so, als würde man sich entscheiden, ob man einen Industriezweig stärker subventionieren sollte, zu Lasten eines anderen Industriezweigs. Dies bedeutet, den gesamten Prozess der Angebotsseite zu untergraben. Ich denke, das ist der nächste große konzeptionelle Schritt, den die Analysten unternehmen müssen.“

Gesenkte Erwartungen an Wachstum der Wirtschaft in China

Diese Woche senkten zwei Institute ihre Erwartungen für das chinesische Wirtschaftswachstum. Das Research-Institut der Bank of America (BofA) senkte ihre Vorhersage von 6,3% auf nun 5,7%.9 JP Morgan aktualisierte ihre Einschätzung von 5,9% auf 5,4%. Goldman Sachs hatte seine Prognose letzte Woche auf 5,4% gesenkt, während UBS nun ein Wachstum von 5,2% (zuvor 5,7%) erwartet.

Hoffnung der Tourismus-Industrie: Dragon Boat Festival

Vom 21. bis 23. Juni wird in China das Drachenbootfestival gefeiert, dessen Wurzeln im Tod des Dichters und hohen Offiziellen Qu Yuan liegen, der sich selbst ertränkte. Die Bewohner der Gegend suchten mit Booten nach seinem Körper, was den Ursprung der Drachenbootrennen darstellt. Da die Retter Qu Yuan nicht finden konnten, warfen sie Reis in den Fluss, damit er im Jenseits etwas zu essen hat. Daraus entstanden die Zongzi, die traditionell während des Festes gegessen werden. Das Drachenbootfestival ist einer jener kleineren Feiertage, die häufig für Tages- oder Kurztrips genutzt werden. Die Erfahrungen der letzten Monate lassen erwarten, dass es zwar eine weitere Erholung bei den Passagierzahlen sowohl bei Flug- als auch Bahnreisen geben wird, aber die Menschen sich weiterhin beim Konsum einschränken werden. Laut der chinesischen Flugaufsicht (Civil Aviation Administration) hat das Passagiervolumen bei den Fluglinien mittlerweile 94,8% des Niveaus von 2019 erreicht. Die Auswertung der Zahlen von Airportia bestätigt diese Einschätzung.

Reedereiumfrage lässt auf weiter schwache globale Entwicklung schließen

Die Reedereien zeichnen in einer Umfrage ein düsteres Bild über das Frachtvolumen und die Preise, die voraussichtlich nicht signifikant steigen werden. Im Sommer werden sogar weitere Preissenkungen erwartet. Das schwache Reederei-Geschäft lässt auf eine weitre schwache wirtschaftliche Entwicklung in den großen Wirtschaftszentren USA, Europa und China schließen.

Weitere Indizes für die Wirtschaft zeigen ebenfalls keine positiven Entwicklungen: zahlreiche Banken senkten die Erwartungen an das chinesische Wirtschaftswachstum. Trotz der Bemühungen, den Konsum anzukurbeln, blieben die Ergebnisse hinter den Erwartungen zurück. Der chinesische Staatsrat enttäuschte die Hoffnungen auf konkrete Konjunkturhilfen. Die Tourismusbranche hofft während des Drachenbootfestes auf eine Erholung, doch die Ausgaben der Menschen bleiben begrenzt.

Schwache Aussichten: Reeder verlieren die Hoffnung auf eine Hochsaison

Nach einer Umfrage der Lloyd’s List verlieren die Reeder die Hoffnung, dass das Frachtvolumen und damit die Preise sich signifikant erholen werden. Stattdessen erwarten sie, dass die Preise im Juni und Juli weiter sinken werden. Normalerweise steigen die Preise für Containertransporte im Laufe des Sommers an, um im September und Oktober ihren Höhepunkt zu erreichen. Letzte Woche fiel der Drewry World Container Index um 5 %. Dies geschah vor dem Hintergrund, dass die Wartezeiten vor den Häfen der amerikanischen Ostküste aufgrund von Streiks anstiegen, was normalerweise eher zu steigenden Frachtraten führen sollte. Normalerweise haben die Schiffe dann die Möglichkeit, über den Panama-Kanal an die Westküste auszuweichen.

Allerdings ist der Panama-Kanal derzeit aufgrund einer Dürre nur eingeschränkt nutzbar. Der Wasserstand ist gefallen, und die Schiffe können den Kanal nur mit geringerer Ladung durchqueren. Die Reeder verlangen für eine Kanaldurchfahrt einen Aufpreis von bis zu 300 US-Dollar pro Container. Mittlerweile sind die Tarifverhandlungen erfolgreich abgeschlossen, und es kann erwartet werden, dass sich die Wartezeiten an der Ostküste in den nächsten Tagen entspannen.

Diese Woche setzte der WCI seinen Abwärtstrend fort und verlor 3,5% auf 1.535,75 US-Dollar pro 40-Fuß-Container. Damit liegt er 78,9% niedriger als in derselben Woche des Jahres 2022. Trotzdem liegt er immer noch 8% über dem Durchschnitt von 2019 (vor der Pandemie) von 1.420 US-Dollar. Maßgeblich für den weiteren Abschlag waren die Routen von Shanghai in die USA und Europa.

In der Umfrage von Lloyd’s List gaben die Reeder an, dass die Nachfrage nach Containern in China weiterhin schwach bleibt. Dies deutet darauf hin, dass das Weihnachtsgeschäft ebenfalls schwach sein wird, was wiederum darauf schließen lässt, dass die großen Wirtschaftszentren – USA, Europa und China – sich weiterhin schwach entwickeln werden.

Rohstoffpreise stabil

Auf eine weiter schwache Exportbranche weist auch der Rohstoffindex hin, der um 0,4% gesunken ist. Letzte Woche gab es eine leichte Hoffnung auf eine zunehmende Nachfrage, als der Index um fast 2% stieg. Diese Hoffnung scheint nun wieder verflogen zu sein.

Auch die anderen Indizes geben keinen Anlass zur Hoffnung. Einzig der Kohlepreis stieg leicht um 2%. Die Stromproduktion nahm im Mai um 5,6% auf 688,6 Milliarden kWh zu. Damit verlangsamte sich der Anstieg im Vergleich zum April (+6,1%).

Sowohl die Stahl- als auch die Lithiumpreise haben sich nicht verändert. Da auf allen Ebenen Anreize für den Kauf von Elektroautos geschaffen werden, sollte dies eigentlich ein positives Zeichen für die Batteriehersteller sein und die Nachfrage nach Lithium steigern. Auch für die Baubranche werden weitere Stimuli erwartet, die den Stahlpreis stützen sollten. Vielleicht ist man in der Branche derzeit schon froh, wenn die Preise nicht weiter sinken.

Schwaches Shoppingfestival

Um den Konsum anzukurbeln, veranstalteten zahlreiche Städte Shoppingfestivals. Übergreifend fand vom 18. Mai bis zum 18. Juni das 618-Shopping-Festival der E-Commerce-Anbieter statt. Das 618-Festival ist nach dem Singles Day am 11.11. (Double-Eleven-Festival) das größte Shopping-Event in China. Ursprünglich war es auf den 18. Juni begrenzt, daher der Name. In den letzten Jahren wurde es sukzessive verlängert und dauert nun einen Monat.

Allerdings waren die Ergebnisse bescheiden. Obwohl die teilnehmenden Anbieter wie Alibaba, JD.com, Douyin (ByteDance) und Pinduoduo von höheren Verkäufen im Vergleich zum Vorjahr berichten, verschweigen sie gemeinsam den jeweiligen Bruttowarenwert (Gross Merchandise Volume (GMV)), mit dem sie in den letzten Jahren ihre Erfolge gefeiert haben. Die verfügbaren Zahlen lassen darauf schließen, dass die Umsätze hinter den Erwartungen zurückblieben und ein weiteres Zeichen für das schwache Konjunkturklima in China darstellen. Die Aktien von Alibaba und JD.com verloren in Hongkong nach der Bekanntgabe der Zahlen jeweils 2% bzw. 1,9%.



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