Allgemein

China und Hongkong bilden ein ungleiches Paar

China ist Hongkongs größter Handelspartner und die zweitgrößte Quelle für Direktinvestitionen. Die nichtfinanziellen Investitionen des Festlandes in Hongkong beliefen sich 2018 auf 70,05 Mrd. US-Dollar, was 58,1 Prozent der Gesamtinvestitionen entspricht. Für den Waren- und Güterverkehr ist Hongkong eine Art Nabelschnur für das Festland: 44,2 Prozent der Festland-Exporte und 46,3 Prozent der Festland-Importe liefen über Hongkong. Im Jahr 2018 belief sich der Wert der durch Hongkong vom und zum Festland wiederausgeführten Waren auf 467,6 Mrd. US-Dollar und machte 89,1 Prozent des gesamten Wiederausfuhrhandelswerts Hongkongs aus. Hongkong ist zudem ein bedeutender Anbieter von Unternehmensdienstleistungen für China.

Fakt ist aber auch, dass die wirtschaftliche Bedeutung und Relevanz Hongkongs für Chinas Wachstum tendenziell abnimmt. Aber noch kann das Festland auf die Vorteile der ehemaligen Kronkolonie nicht verzichten, ohne enormen wirtschaftlichen Schaden zu erleiden, v. a. im Außenhandel.

Aktienmärkte

Die Bedeutung Hongkongs als Finanzmetropole ist für China ebenfalls sehr hoch. Hongkongs Kapitalmarkt hat mehrere Vorteile, die China noch fehlen. Erstens ein IPO-System, das ein relativ schnelles und deutlich einfacheres Listing als auf dem Festland ermöglicht. Zweitens das Fehlen von Kapitalverkehrskontrollen und drittens eine größere internationale Präsenz, die weltweites Kapital anzieht und Firmen vom chinesischen Festland hilft, sich dringend benötigtes Eigenkapital zu beschaffen. Die Hong Kong Stock Exchange (HSE) ist nach wie vor das bevorzugte Ziel für die meisten chinesischen Unternehmen, da die Aktienmärkte auf dem Festland restriktiver sind und höhere finanzielle Anforderungen stellen.

Viertens bietet Hongkong eine solide und hocheffiziente Finanzinfrastruktur und fünftens einen wirksamen Rechtsrahmen, der Transparenz und internationale Mindeststandards bietet. Daher können weder Shanghai noch Shenzhen Hongkong als chinesisches Finanzzentrum ersetzen. An der HSE notieren 1.146 Unternehmen vom chinesischen Festland, was fast 50 Prozent aller an der der Börse in Hongkong gelisteten Unternehmen entspricht. Gemessen an der Marktkapitalisierung machen diese Unternehmen fast 70 Prozent des Aktienmarktes in Hongkong aus. Allein die 16 größten an der HSE gelisteten Festlandunternehmen haben seit 1993 über Aktienemissionen in Hongkong mehr als 800 Mrd. US-Dollar eingeworben.

Mitte November 2014 wurde ein Programm mit dem Titel „Shanghai-Hong Kong Stock Connect“ gestartet, mit dem ein grenzüberschreitender Kapitalverkehr für den Zugang zu den jeweiligen Aktienmärkten ermöglicht wurde. Durch diese Vereinbarung können Anlegern bestimmte an der jeweils anderen Börse notierte Aktien über ihren lokalen Wertpapierbroker handeln. Vorher gab es keinen direkten Zugang für Privatanleger in Hongkong oder anderen Ländern zu chinesischen Dividendentiteln. Im Dezember 2016 wurde ein ähnliches Abkommen für die Börse in Shenzhen und die HSE ins Leben gerufen.

Auch deutsche Investoren können direkt in Hongkong Aktien chinesischer Festlandunternehmen erwerben. Einfacher und kostengünstiger ist jedoch der Kauf von Aktien-ETFs, die zum Beispiel den FTSE China A 50 Index abbilden. Der FTSE China A50 Index bietet Zugang zu den 50 größten chinesischen A-Aktien (A-Shares), die an den Börsen in Shanghai und Shenzhen in lokaler Währung gelistet sind. Alternativ bieten sich auch Indexprodukte auf den MSCI China an. Dieser Index umfasst die größten und umsatzstärksten an der Börse Hongkong notierten, chinesischen Unternehmen (H-Shares, B-Shares, Red Chips, P Chips). Für den Einstieg in den breiten Markt bieten sich ETFs auf den CSI 300 Index an. Damit erhalten Investoren Zugang zu den 300 größten und liquidesten in chinesischen Renminbi notierten und an den Wertpapierbörsen Shanghai und Shenzhen gehandelten Wertpapieren von in China ansässigen Unternehmen (A-Aktien).

Fazit

Trotz aller kulturellen, politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Unterschiede sind die beiden Ökonomien eng miteinander verwoben. China hat ein essenzielles Interesse daran, Hongkong als liberale und rechtssichere Handels- und Finanzmetropole zu erhalten. Der Kontrollwahn des Regimes in Peking kann jedoch die Vorteile, die Hongkong bietet, zerstören. Da dies nicht im Interesse Pekings ist, besteht die realistische Hoffnung, dass Hongkong noch einige Zeit eine der liberalsten Ökonomien der Welt bleibt.
Für Investoren aus Deutschland bietet Hongkong dank der Verbindungen zu den Börsen in Shanghai und Shenzhen einen direkten Zugang zu Aktien vom chinesischen Festland.



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