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China: Unternehmen fliehen aus dem Reich der Mitte

Guangzhou ist eine der Mega-Städte in China

Die Unsicherheiten wegen des Handelskriegs mit den USA sowie billigere Wettbewerber in Südostasien locken Unternehmen aus China weg.

China hat ein Demografie- und Kostenproblem

Der chinesisch-amerikanische Handelskrieg hat bereits viele Handelsketten aufgesprengt und sorgt nachhaltig für Unsicherheit bei Investitionsentscheidungen. Die nachvollziehbare Strategie des Landes, seine Abhängigkeit von dem zunehmend als unzuverlässig geltendem Handelspartner USA zu reduzieren, ist verständlich. Die Entkoppelung der beiden Volkswirtschaften zwingt jedoch viele Unternehmen, die dort aktuell noch für den US-Markt produzieren, ihren Standort zu verlagern. Natürlich gibt es keine Sicherheit, dass in Zukunft nicht auch die neuen Lieblingsdestinationen für Neuinvestitionen wie Vietnam, Kambodscha, Indonesien, die Philippinen oder Indien ebenfalls in den Fokus amerikanischer Strafzölle geraten. Aber es sprechen noch mehr Gründe für diese neuen angesagten Standorte in Südostasien. Vor allem die deutlich niedrigeren Arbeitskosten und die weitaus günstigere Bevölkerungsstruktur geben einem Investment in den 10 ASEAN-Staaten eine interessante Perspektive.

China hatte im Jahr 1979 aus Angst vor einer unkontrollierten Bevölkerungsexplosion die Ein-Kind-Politik eingeführt – mit nachhaltigen Folgen für die Altersstruktur. Noch im Jahr 1960 lag die Reproduktionsrate bei 5,5 Kindern pro Frau. 1975 hatte sie sich bereits auf 3,0 reduziert und fiel in Folge der kommunistischen Familiensteuerung bis Mitte der neunziger Jahre auf unter 2,0 Kinder pro Frau. Gemäß den Daten der Weltbank sank die Geburtenrate im Jahr 2016 auf nur noch 1,6 Prozent. Parallel dazu stieg die Lebenserwartung, bedingt durch den steigenden Wohlstand der Chinesen, von 43,7 Jahren im Jahr 1960 auf 76,25 Jahre im Jahr 2016.

Diese Entwicklung konfrontiert das bevölkerungsreichste Land der Welt früher als geplant mit den Herausforderungen einer Überalterung der Gesellschaft. Der Grund dafür ist die sogenannte Nettoreproduktionsrate, bei der nur weibliche und damit gebärfähige Nachkommen eine Rolle spielen. Da in China aus traditionellen Gründen Jungen gegenüber Mädchen als Nachwuchs präferiert wurden, fällt diese Rate sehr ungünstig aus. Die Anzahl der Töchter je Frau liegt in China bei nur noch 0,726 und damit weit unter der Erhaltungsrate von 1. In Deutschland, das bereits mit den Herausforderungen der auf den Kopf gestellten Alterspyramide konfrontiert ist (z. B. im Rentensystem), gibt es ein Mutter-Tochter-Verhältnis von 0,688. Schaut man sich jedoch die ASEAN-Staaten, wie die Philippinen an dann liegt diese Rate dort bei 1,414 Töchter pro Mutter, in Indonesien bei 1,137 und in Bangladesch bei 1,022.

Im Vergleich mit westlichen Industriestaaten und Japan hat China bei dem Durchschnittsalter seiner Bevölkerung seit Einführung der Ein-Kind-Politik ebenfalls stark aufgeholt: In Deutschland liegt diese im Durchschnitt bei 42,1 Jahren und im „Land der Vergreisung“ in Japan bei knapp 43 Jahren. In China bereits jenseits der 38 Jahre.

Durchschnittsalter in China

Alle damit einhergehenden Probleme, wie Gesundheitsversorgung, Pflege, Rentenfinanzierung und altersgerechter Umbau von Gebäuden und Infrastruktur, stehen China noch bevor. Aber vor allem junge, motivierte Fachkräfte werden, siehe Japan und Deutschland, zur Mangelware im Reich der Mitte. Und das ist ein nachhaltiges Problem für die Industrie. Die Frage, inwieweit China diese Herausforderung durch qualifizierte Migration lösen kann, ist in Anbetracht der stark eingeschränkten Freiheitsrechte und der zunehmenden Totalüberwachung der Bevölkerung in dem diktatorischen Land noch offen. Aber mit ausreichend Geld kann man natürlich versuchen, Fachkräfte zu locken. Manchem ist Geld ja wichtiger als Freiheit.

Die Karawane zieht nun weiter

Der Trend, Produktion zu verlagern, dreht sich nun jedenfalls in eine andere Richtung – weg von China. Neues Hauptziel der Investoren sind die kostenmäßig weitaus günstigeren und mit einer jüngeren Bevölkerung gesegneten ASEAN-Staaten und zunehmend auch Afrika. Die Bevölkerung Indonesiens ist beispielsweise im Schnitt nur 29,7 Jahre alt, die in Bangladesch gar nur 26,4 Jahre.

Die Arbeitskosten liegen in den ASEAN-Staaten nur bei einem Bruchteil der zuletzt in China stark gestiegenen Löhne. Die Betriebskosten in China sind auch deshalb gestiegen, weil das Land versucht, seine Lieferketten von einem exportorientierten zu einem konsumgetriebenen Modell umzugestalten, was hohe Anlaufinvestitionen und später operativ deutlich weniger Effizienz bedeutet (Geringere Produktivität im Dienstleistungssektor als im Industriesektor). Außerdem sind die Löhne in den letzten Jahren vor allem in den Ballungszentren und in den Wirtschaftssonderzonen stark angestiegen.

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