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China: Wirtschaft schrumpft womöglich um 10-20%!

Shanghai ist die Finanzmetropole in China

China selbst versucht den Eindruck zu erwecken, als sei das Coronavirus nur eine kurze Episode in der Geschichte des Landes gewesen, da dem Wirtschaftswachstum kaum etwas anhaben könnte. Angeblich wird eine Rücknahme der Wachstumserwartungen auf 5% bis 5,5% diskutiert, doch das wäre angesichts der wochenlangen Unterbrechung der Wirtschaftsaktivität und dem Ausfall fast aller Kunden weltweit immer noch ein erstaunlich hohes Wachstum (Industrieproduktion brach massiv ein). Die Daten von China Beige Book legen hingegen nahe, dass die chinesische Wirtschaft deutlich härter getroffen wurde.

China Beige Book verlässt sich nicht auf die offiziellen Zahlen aus China, sondern befragt pro Quartal 3.300 Unternehmen in China und greift die Daten damit direkt an der Quelle ab. Erstaunlich dabei ist, dass jede der untersuchten Branchen eine Verschlechterung der Situation meldete. Es ist also nicht so, wie viele denken und auch in den Aktienkursen einpreisen, dass der Lebensmitteleinzelhandel das Geschäft seines Lebens mache. Auf einen kurzen Spike beim Umsatz folgt der Kater – dann nämlich, wenn die Menschen seltener aus dem Haus gehen und kaum noch etwas einkaufen, weil es zuhause schon genügend Vorräte gibt. Zudem dürfte in der Krise eher günstiger eingekauft werden, was die Margen des Einzelhandels schrumpfen lässt.

Analysten und Aktienmärkte sind noch zu optimistisch, was China angeht!

Auf Basis der eigenen Daten hält das China Beige Book eine Kontraktion um 10% bis 11% im 1. Quartal für nicht unwahrscheinlich. Das Wirtschaftsforschungsinstitut Capital Economics rechnet gar mit bis zu 20%. Und eine eventuelle Erholung der Wirtschaft liegt nun nicht mehr nur allein in der Hand der chinesischen Regierung. Selbst wenn China alle Fabriken wieder auf Volllast laufen lassen könnte, was derzeit angesichts noch nicht vollständig aufgehobener Schutzmaßnahmen gar nicht ginge, fehlt es trotzdem noch an der Nachfrage nach den hergestellten Produkten. Denn mit unter Quarantäne stehenden Abnehmern im Rest der Welt lässt sich schlecht Geschäfte machen.

Insofern ist es verwunderlich, dass sich Chinas Aktienkurse in diesem Jahr deutlich besser halten als die in Europa und den USA. China ist wirtschaftlich inzwischen genauso von der Entwicklung in diesen Regionen betroffen wie die Regionen selbst. Nicht nur der Aktienmarkt preist den Abschwung in China noch nicht in Gänze ein. Auch Analysten sind bis jetzt deutlich optimistischer und rechnen nur mit einer Rezession im Umfang von -6%. Grund könnte sein, dass sich Analysten auf die Angaben aus China verlassen, die eine weitgehende Normalisierung bereits im März verkündete. Doch die von China Beige Book befragten Unternehmen gaben an, dass sich die Lage bis Mitte März sogar noch verschlechterte.

Sind global zu optimistische Aussichten in Aktien eingepreist?

Dass es mit dem Wiederanfahren der Industrie im Land nicht getan sein wird, zeigt auch der Immobilienmarkt, der für rund 25% des Bruttoinlandsprodukts verantwortlich zeichnet. Sowohl Barclays als auch China Beige Book melden einen katastrophalen Umsatzrückgang. Barclays beziffert ihn im Jahresvergleich mit 40% im März und 70% im Februar, während China Beige Book lediglich Punktwerte vergibt. Der Index fiel von +70 Punkten im 1. Quartal 2019 auf -29 im 1. Quartal 2020. Ein Umsatzrückgang auf dem Immobilienmarkt trifft nicht nur Immobilienentwickler und die Bauindustrie schwer, sondern dürfte auch den gefühlten Wohlstand der Immobilienbesitzer empfindlich beeinträchtigen. Den gleichen Effekt gibt es auch in den USA, was stets die Konsumlaune drückt.

Wenn der Markt die Auswirkungen der Krise in China noch gar nicht recht antizipiert hat, und darauf deuten die relativ geringen Kursverluste in China hin, ergeben sich für Anleger hier Gewinnmöglichkeiten? Wahrscheinlich ja, aber sonderlich groß werden sie nicht sein. Das durchschnittliche KGV an der Shanghai Stock Exchange blieb mit einem Wert von etwa 13 nicht nur praktisch unverändert in der Krise, es liegt auch über dem Niveau von 2019. Der Markt hatte in China aber bereits Risikoabschläge verglichen mit den westlichen Aktienmärkten eingepreist. Beim DAX liegen wir aktuell bei 14, beim Dow Jones bei knapp 15.

Wenngleich es relativ zu Europa und den USA keine übermäßig optimistischen Kurse in China gibt, so könnten die Aktienkurse global betrachtet noch zu positive Geschäftsentwicklungen einpreisen. Vor allem Unternehmen aus Branchen ohne Nachholeffekt werden keine V-förmige Erholung zeigen können. Kinos, Restaurants, Hotels, Tourismuskonzerne, Shoppingcenter, Taxiunternehmen und Digitalkonzerne, die auf Werbeeinnahmen setzen, all diese Unternehmen werden nach der Krise nicht auf einmal die bislang nicht verkauften Hotelzimmer, Taxifahrten und Restaurantessen zusätzlich verkaufen. Für diese Unternehmen ist jetzt verlorener Umsatz auf Dauer verloren. Eine V-förmige, schnelle Erholung, wie auch China sie ankündigt, wird es daher kaum geben können.



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