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China: Wirtschaftskrise, Deflation und Unsicherheit

In China läuft die Wirtschaft nicht rund. Deflation und Ungleichgewichte strahlen auf auf das Ausland aus. Ein Lagebild.

Foto: user6702303-Freepik.com

Die Deflation in China verschärft die wirtschaftliche Unsicherheit: Während Exporte boomen, schrumpfen die Gewinne. Die Folgen treffen nicht nur China, sondern auch die globalen Märkte.

China: Wirtschaftskrise und Deflation

China steckt in einer Wirtschaftskrise, geprägt von Deflation, sinkenden Exportgewinnen und wachsender Unsicherheit. Die Preisrückgänge belasten den Binnenmarkt, während Überproduktion die Exporte unter Druck setzt. Die Folgen reichen weit über Chinas Grenzen hinaus und treffen besonders exportabhängige Länder wie Deutschland.

Die nächste Deflationswelle rollt

Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt steckt fest – und das nicht erst seit gestern. China befindet sich in seinem fünften deflationären Zyklus seit den frühen 2000ern, doch die jüngste deflationäre Phase dauert nun seit September an. Nach einer kurzen Erholung durch das Frühlingsfest, bei dem die Menschen traditionell mehr Geld ausgeben, sind sowohl der Verbraucherpreisindex als auch der Erzeugerpreisindex in ihren deflationären Trend zurückgekehrt. Im Februar sank der Verbraucherpreisindex um 0,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und fiel damit erstmals seit über einem Jahr wieder unter die Nullmarke. Gleichzeitig ging der Erzeugerpreisindex, der die Preisentwicklung auf Herstellerebene misst, um 2,7 Prozent zurück und setzt damit seine seit September 2022 andauernde Abwärtsbewegung fort.

Grafik zeigt Entwicklung des Konsumerpreisindexes und Erzeugerpreisindex in China Abbildung 1: Entwicklung des Konsumerpreisindexes (CPI) und Erzeugerpreisindex (PPI). Source: NBS

Diese Zahlen verdeutlichen die anhaltenden wirtschaftlichen Spannungen in China, das mit schwacher Binnennachfrage, einem angeschlagenen Immobiliensektor und sinkenden Gewinnmargen im Exportsektor zu kämpfen hat. Seit der globalen Finanzkrise treten immer wieder Phasen der Deflation auf, die dann von kurzen Inflationsschüben abgelöst werden. Diese Zyklen entstehen vor allem durch das Wechselspiel aus staatlichen Stimulusmaßnahmen und strukturellen Problemen in der Wirtschaft. Während fiskalische Impulse oder erhöhte staatliche Investitionen kurzfristig für eine Belebung sorgen, kehrt die Wirtschaft oft in den deflationären Zustand zurück, sobald diese Maßnahmen auslaufen. In China zeigt sich dieses Muster besonders deutlich: Nach Phasen massiver Kreditvergabe oder Infrastrukturprojekte folgt oft eine erneute Abschwächung der Nachfrage, die sich in sinkenden Preisen widerspiegelt. Die aktuelle Deflationsphase könnte sich daher als besonders hartnäckig erweisen, da es der Regierung zunehmend an fiskalischem Spielraum fehlt, um dem Trend wirksam entgegenzusteuern.

Abbildung 2: Chinas deflationäre Phasen. Source: Gerard DiPippo

Chinas Konsumkrise: Immobilien, Tourismus, Dienstleistungen

Die Deflation wirkt sich unterschiedlich auf verschiedene Sektoren aus. Während die Lebensmittelpreise leicht gestiegen sind, gehen die Preise in anderen Bereichen weiter zurück. Besonders deutlich wird dies im Dienstleistungssektor, insbesondere bei Tourismus und Gastronomie. Seit der Corona-Pandemie zeigt sich ein klares Muster: Zwar reisen die Menschen wieder mehr, doch sie geben während ihrer Reisen weniger aus, vor allem bei Übernachtungen und Verpflegung. Dieser Trend setzt die Dienstleistungsbranche weiter unter Druck und verdeutlicht, dass die Erholung in diesem Bereich keineswegs gesichert ist.

Abbildung 3: Subkomponenten des Konsumentenpreisindexes Februar 2025. Source: Gerard DiPippo

Die chinesische Regierung hat bereits angekündigt, den Konsum zu stützen, doch viele Experten bezweifeln, dass die bislang vorgesehenen Maßnahmen ausreichen. Denn das Problem liegt nicht nur in einer schwachen Nachfrage, sondern auch in einer tiefgreifenden Verunsicherung der Verbraucher. Der Immobiliensektor, lange Zeit einer der wichtigsten Stützpfeiler des Wirtschaftswachstums, ist schwer angeschlagen. Der Wertverlust von Immobilien führt zu einem erheblichen Wohlstandsverlust, insbesondere in der Mittelschicht. Hinzu kommt, dass dieser Wertverlust in vielen Fällen dazu führt, dass höhere Schlusszahlungen am Ende der Hypothekenlaufzeiten fällig werden. Die Kombination aus geschrumpftem Vermögen, steigenden finanziellen Verpflichtungen und der allgemeinen Unsicherheit über die wirtschaftliche Zukunft sorgt dafür, dass die Verbraucher extrem zurückhaltend beim Konsum sind.

Mehr Waren, weniger Profit: Exportdilemma

China exportiert derzeit große Mengen an Waren, doch die Erträge aus diesen Exporten sinken. Ein Hauptgrund ist die massive Überproduktion, die Unternehmen zwingt, ihre Preise immer weiter zu senken, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Während die Exportzahlen also steigen, reichen die daraus resultierenden Gewinne nicht aus, um die wirtschaftlichen Probleme im Inland auszugleichen. Gleichzeitig bleibt die Binnenwirtschaft schwach, da Konsumenten und Unternehmen nur zögerlich investieren. Ohne eine nachhaltige wirtschaftspolitische Strategie, die sowohl den Binnenmarkt stärkt als auch den Druck auf die Exporteure verringert, bleibt die wirtschaftliche Unsicherheit bestehen.

Die chinesische Regierung spricht von der Notwendigkeit, neue Wachstumssektoren zu fördern. Tatsächlich gibt es zwei parallel existierende Narrative zur chinesischen Wirtschaft. Einerseits gibt es das Bild der makroökonomischen Schwäche mit Deflation, stagnierenden Konsumausgaben und strukturellen Problemen. Andererseits stehen massive Investitionen in Zukunftstechnologien wie Künstliche Intelligenz, erneuerbare Energien und Halbleiter im Raum. Doch während diese Branchen langfristig eine wichtige Rolle spielen könnten, ist ihr aktueller Anteil an der Gesamtwirtschaft noch zu gering, um die bestehenden Schwächen auszugleichen.

Abbildung 4: Anteil der „New Economy“ am BIP. Source: Gerard DiPippo

Die geldpolitischen Maßnahmen der chinesischen Zentralbank zeigen bislang nur begrenzte Wirkung. Zwar wurden die Zinsen gesenkt und Liquidität bereitgestellt, doch die Nachfrage nach Krediten bleibt verhalten. Konsumenten und Unternehmen scheuen sich, neue Schulden aufzunehmen, da das Vertrauen in eine baldige wirtschaftliche Erholung fehlt. Während fiskalische Anreize eine mögliche Lösung wären, fehlt es an klaren Signalen für eine umfassende Steuer- und Ausgabenpolitik, die die wirtschaftliche Dynamik tatsächlich ankurbeln könnte.

China exportiert seine Krise

Die wirtschaftliche Schwäche Chinas wirkt sich bereits auf die weltweiten Märkte aus. Die sinkenden Rohstoffpreise und die steigende Zahl chinesischer Billigexporte sind direkte Folgen der Überproduktion und der damit einhergehenden Deflation. Besonders betroffen sind Länder, die stark von Exporten abhängig sind, insbesondere Deutschland. Die deutsche Wirtschaft leidet doppelt: Einerseits zerstören die preisgünstigen chinesischen Exporte traditionelle Absatzmärkte, andererseits brechen die eigenen Ausfuhren nach China ein. Ohne strukturelle Reformen und entschlossene fiskalische Impulse wird sich Chinas Deflationsproblem weiter verfestigen und die globalen wirtschaftlichen Unsicherheiten verstärken.



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