Allgemein

Korruption als Fassade für Kontrolle China: Xi Jinping entmachtet Generäle – Treue schützt nicht vor dem Fall

Kontrolle nach innen, Härte nach außen

China Xi Jinping entmachtet Generäle
Foto: Bloomberg

Xi Jinping entmachtet selbst treue Vertraute. In Chinas Armee tobt eine Säuberungswelle, die Loyalität neu definiert – mit weitreichenden politischen Folgen.

China: Xi Jinping entmachtet Generäle

In Chinas Militär kehrt keine Ruhe ein. Seit fast eineinhalb Jahren dauern nun schon die Säuberungswellen und Umstrukturierungen innerhalb der Volksbefreiungsarmee an. Die Maßnahmen laufen unter dem direkten Kommando von Xi Jinping, der als Vorsitzender der Zentralen Militärkommission nicht nur politischer Führer, sondern auch oberster Militärbefehlshaber ist. Nun scheint es einen Mann getroffen zu haben, der bislang als treuer Gefolgsmann Xi Jinpings galt.

Der Zerfall der “Shaanxi-Gang“

He Weidong, Vizevorsitzender der Militärkommission und Mitglied des Politbüros, ist seit dem 11. März nicht mehr öffentlich aufgetreten. Eine Abwesenheit, die umso auffälliger ist, da er als Nummer drei im Militärapparat galt und direkte Verantwortung für operative Einsätze trug, insbesondere gegenüber Taiwan. He Weidong war früher Kommandeur des Eastern Theater Command, jener Einheit, die für die Taiwanstraße zuständig ist. Gerade in einer Phase zunehmender Spannungen mit Taipeh ist sein Verschwinden nicht nur bemerkenswert, sondern auch schwer einzuordnen.

Auch Miao Hua, ein enger Xi-Vertrauter und Chef der politischen Abteilung der Militärkommission, wurde bereits vor Monaten suspendiert. Beide Männer entstammen der inzwischen aufgelösten 31. Heeresgruppe aus Fujian, jener Region, in der Xi Jinping selbst viele Jahre verbrachte und enge militärische Kontakte knüpfte. Diese Gruppe galt lange Zeit als Kaderschmiede loyaler Militärführer. Dass nun ausgerechnet diese Personen unter Druck geraten, lässt auf interne Machtkämpfe schließen oder zumindest auf eine gezielte Neuordnung der Loyalitätsverhältnisse.

Korruption als Fassade für Kontrolle

Offiziell ist von Disziplinarverfahren und möglichen Korruptionsvorwürfen die Rede. Die chinesischen Staatsmedien sprechen nur vage von schwerwiegenden Verstößen. Solche Formulierungen sind in China ein vertrautes Mittel, um politische Entscheidungen in einem undurchsichtigen Rahmen darzustellen. Es wäre voreilig, die Vorgänge allein mit finanzieller Bereicherung zu erklären. Korruption lässt sich im komplexen Machtgefüge des chinesischen Militärs zwar nie ganz ausschließen, doch die Parallelen zu früheren politischen Säuberungen unter Xi Jinping drängen sich auf.

Anders als frühere Präsidenten hat Xi Jinping die Armee zu einem zentralen Pfeiler seines Machtanspruchs gemacht. Wer in seinen inneren Kreis aufstieg, tat dies nicht nur durch militärische Kompetenz, sondern vor allem durch uneingeschränkte Loyalität. Dass nun selbst enge Vertraute wie He und Miao entmachtet werden, spricht dafür, dass Xi Jinping sich nicht mehr auf bestehende Loyalitätsnetze verlässt. Er scheint die Kontrolle über das Militär neu zu justieren, möglicherweise im Hinblick auf zukünftige strategische Entscheidungen, bei denen keine inneren Unsicherheiten geduldet werden.

China unter Xi Jinping: Kontrolle nach innen, Härte nach außen

Die jüngsten Militärmanöver nahe Taiwan, organisiert vom Eastern Theater Command, fanden ohne erkennbare Beteiligung von He statt. Während in Peking hochrangige Sitzungen zu Themen wie Künstliche Intelligenz und Wirtschaftsstrategie stattfanden, blieb He einer der wenigen abwesenden Politbüromitglieder. Diese Lücken in der öffentlichen Darstellung lassen sich schwer mit Korruptionsvorwürfen allein erklären.
Die Entwicklungen in der PLA wirken vielmehr wie eine tiefgreifende politische Reorganisation. Xi nutzt einen Mechanismus, der stark an autoritäre Führungslogiken erinnert, um seine Macht zu festigen. Die offizielle Erzählung von Disziplin und Korruptionsbekämpfung dient als Fassade, hinter der sich ein Umbau der Machtarchitektur vollzieht. Ziel scheint eine Armee zu sein, die nicht nur technologisch modernisiert, sondern auch ideologisch auf Xi Jinping eingeschworen ist.

Besonders der Fall He Weidong macht deutlich, wie umfassend dieser Umbau ist. Seine Karriere war eng mit Xi Jinpings Aufstieg verbunden. Dass selbst er in Ungnade fällt, lässt vermuten, dass Xi Jinping nach neuen Kriterien urteilt. Es geht nicht nur um Loyalität, sondern um die Art und Weise, wie sich diese Loyalität in einem veränderten politischen Kontext manifestiert. Möglicherweise steht ein Machtübergang bevor oder eine geopolitische Konfrontation, bei der keinerlei Zweifel an der inneren Geschlossenheit der Führung aufkommen darf.

Der Umbau des chinesischen Militärs ist Teil einer breiteren Entwicklung, zentrale Staatsinstitutionen stärker an Xi Jinping zu binden. Die Volksbefreiungsarmee fungiert nicht nur als Verteidigungsinstrument, sondern als direktes Werkzeug politischer Kontrolle. Wer dort Führungsverantwortung trägt, muss sich einer doppelten Prüfung unterziehen: strategisch nach außen und ideologisch nach innen.

Ob Xi Jinping durch diesen Kurs seine Macht auf lange Sicht stabilisiert oder nur neue Unsicherheiten erzeugt, bleibt offen. Deutlich wird jedoch, dass der Wandel in der PLA nicht nur nach außen sichtbar ist. Auch im Inneren wird um Positionen und Einfluss gerungen. Wer bislang als unersetzlich galt, sieht sich nun in einem Umfeld wieder, in dem jeder ersetzbar scheint.



Kommentare lesen und schreiben, hier klicken

Lesen Sie auch

Hinterlassen Sie eine Antwort

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert




ACHTUNG: Wenn Sie den Kommentar abschicken stimmen Sie der Speicherung Ihrer Daten zur Verwendung der Kommentarfunktion zu.
Weitere Information finden Sie in unserer Zur Datenschutzerklärung

Meist gelesen 7 Tage