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China legt Fokus auf staatliche Betriebe China-Zahlen: Kosmetik oder schon Manipulation?

Dramatische Lage des Mittelstands

China Zahlen Kosmetik Manipulation
Foto: Vectonauta - Freepik.com

Statt belastbarer Orientierung liefern die Einkaufsmanagerindizes aus China ein widersprüchliches Bild der chinesischen Industrie. Der heute veröffentlichte Caixin-PMI für das verarbeitende Gewerbe fällt im Mai überraschend auf 48,3 Punkte und erreicht damit den tiefsten Stand seit Juli 2023. Analysten hatten mit einem leichten Anstieg auf 50,6 Punkte gerechnet, nach 50,4 im April.

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Der offizielle Index des Nationalen Statistikamts (NBS) dagegen bleibt mit 49,5 Punkten nahe der Stabilitätsmarke und suggeriert eine moderate Abkühlung. Doch der Gegensatz der beiden Werte ist längst kein methodisches Randphänomen mehr. Während der staatliche Index auf Großunternehmen fokussiert ist, zeigt der privat erhobene Caixin-PMI die dramatische Lage des Mittelstands: sinkende Aufträge, schrumpfende Margen, Stellenabbau.

China: Staatsnarrativ überdeckt wirtschaftliche Schwierigkeiten

Die Divergenz zwischen NBS und Caixin geht über methodische Unterschiede hinaus. Der NBS-PMI, fokussiert auf Großkonzerne mit staatlicher Unterstützung, suggeriert eine manageable Konjunktur. Der Caixin-PMI zeigt hingegen eine Notlage des privaten Mittelstands: sinkende Aufträge, kollabierende Margen, Entlassungen. Die offiziellen Zahlen scheinen durch gezielte Segmentierung Stabilität zu vermitteln, während der Mittelstand, das Rückgrat der chinesischen Industrie, zunehmend bröckelt. Der Schein der Erholung, getragen von Großkonzernen, verdeckt die wachsende Fragilität des privaten Sektors.

Zwei Deutungen bieten sich an: Entweder stabilisiert die NBS die Wahrnehmung durch selektive Datenerhebung, eine Art kosmetische Makulatur. Die Differenz zwischen dem Leidensdruck des privaten Sektors und der staatlich gestützten Erzählung ist so groß, dass sie eine systematische Verklärung nahelegt. Angesichts der sich häufenden Hinweise auf rückläufige Nachfrage, Preisdruck und Entlassungen rückt die zweite Deutung ins Zentrum.

Zwei Indizes, zwei Geschichten aus China

Der offizielle PMI basiert schwerpunktmäßig auf großen, oft staatlich geführten Unternehmen und zeigt einen Produktionsindex knapp im Expansionsbereich (50,7 für Großunternehmen). Mittlere (PMI-Subindex 48,5 Punkte) und kleine Unternehmen (PMI-Subindex 47,9 Punkte) liegen jedoch deutlich im Kontraktionsbereich. Der Caixin-PMI, der sich auf kleinere, privatwirtschaftlich geführte Betriebe stützt, zeigt die schwere Lage des Mittelstands klar auf.

Produktion und Auftragseingang verzeichnen die stärksten Rückgänge seit über zweieinhalb Jahren, Exportaufträge brechen ein, und der Personalabbau beschleunigt sich, insbesondere bei Investitionsgüterherstellern. „Die Abwärtsspirale hat sich verschärft“, erklärt Wang Zhe, Senior Economist bei Caixin Insight Group. „Sinkende Nachfrage im In- und Ausland sowie steigende Handelsspannungen setzen den Mittelstand massiv unter Druck.“

Kleinere Fabriken, oft von kleineren Importeuren beauftragt, hätten von dieser Atempause profitieren sollen. Doch die weiterhin relativ hohen Zölle sowie die steigenden Transportkosten, teils an Kunden weitergegeben, teils die Margen schmälern, machen offenbar eine Produktion unrentabel. Der Caixin-PMI bestätigt dies indirekt: Exportaufträge fielen im Mai auf den tiefsten Stand seit Juli 2023, ein klares Zeichen für Nachfrageschwäche.

Margenschwund trotz positiver Bilanzzahlen

Die NBS-Gewinnstatistiken für Januar bis April diesen Jahres bieten einen scheinbar positiven Kontrapunkt: Industrieunternehmen melden ein Gewinnwachstum von 1,4 %, wobei private Firmen mit +4,3 % überraschen, während staatliche Betriebe um 4,4 % einbrechen. Die Gewinnstatistiken wirken zunächst positiv, doch die Zahlen zeigen offenbaren die Schwächen der Wirtschaft. Die Gewinnmarge privater Unternehmen liegt bei mageren 3,59 %, weit unter den der ausländisch finanzierter Firmen mit 6,59 %.
Hohe Kostenquoten (86,87 Yuan pro 100 Yuan Umsatz) und Forderungslaufzeiten von über 71 Tagen deuten auf margenschwaches Wirtschaften und Liquiditätsstress hin.

Keine Impulse trotz Zollpause

Trotz der düsteren Daten meldet der Caixin-PMI eine leichte Verbesserung im Zukunftsoptimismus der Unternehmen. Doch dieser Optimismus wirkt fragil, solange strukturelle Probleme wie sinkende Nachfrage, steigende Kosten und geopolitische Unsicherheiten bestehen. Besonders die Drohung neuer US-Zölle unter der Trump-Administration belastet den Mittelstand. Die temporäre Zollpause hat keinen Produktionsschub ausgelöst, was zeigt, dass hohe Kosten und Unsicherheiten die Auftragslage lähmen. Fehlende gezielte Unterstützung wie Steuererleichterungen oder Liquiditätshilfen erhöht den Druck auf den Mittelstand, mit spürbaren Risiken für die Konjunktur.

Die chinesische Regierung hat ihren Wachstumskurs für dieses Jahr bei 5 % bestätigt und das Haushaltsdefizit auf 4 % des BIP angehoben. Doch diese Maßnahmen zielen primär auf Großprojekte und staatliche Unternehmen, während der Mittelstand ins Hintertreffen gerät. Der Mittelstand, geprägt von privaten Unternehmen, stellt das Rückgrat der chinesischen Wirtschaft und des Arbeitsmarktes dar. Indem China den Fokus auf staatliche Betriebe legt und den privaten Mittelstand vernachlässigt, untergräbt es die Grundlage für eine gesunde wirtschaftliche Zukunft.



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