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Claas Relotius, der Zeitgeistkopulierer! Über Glaubwürdigkeit der Medien

Der zerbrochene Trug!

Claas Relotius Medien

Der ehemalige Spiegel-Journalist Claas Relotius ist ein Sypmtom, wie stark Medien an Glaubwürdigkeit verloren haben.

Über Jahrhunderte galt Sprache dem Menschen als sein kostbarster Besitz. Göttliche Gabe (Goethe), beweisender Fingerzeig, Ebenbild Gottes zu sein. Die Meister der Sprache hießen Schriftsteller. Schriftsteller sind Menschen, denen das Schreiben schwerer fällt als anderen Menschen, denn sie „stellen“ die „Schrift“.

Journalisten hingegen sind Menschen, die damit prahlen, dass ihnen das Schreiben leichter fällt als anderen Menschen. Sie stellen der Schrift nach. Immer mehr Menschen sind nun leider immer weniger bereit, ihr hart verdientes Geld gegen die sprachlichen Ergüsse von Journalisten einzutauschen. Guter Rat ist hier teuer.

In den Chefetagen der Medienkonzerne  geben sich vermutlich Beratungsfirmen die Klinke in die Hand. Hinter vorgehaltener Hand wird der Name dessen fallen, der für all das verantwortlich gemacht werden kann (oder soll): Claas-Hendrik Relotius.

Claas-Hendrik Relotius, der Zeitgeistkopulierer der Medien

Claas-Hendrik Relotius war bis zu dem Zeitpunkt, als er nach einem kometenhaften Aufstieg 2019 unerwartet und jäh als Sternschnuppe vom Himmel fiel, die Inkarnation des journalistisch schreibenden Zeitgeistes. Friedrich Dürrenmatt, der schwitzende Fleischkoloss in Guggisberg (er sprach so von sich selbst!), wurde einmal gefragt, warum er als Dramatiker sich vom zeitgenössischen Theater abgewandt habe. Dürrenmatt antwortete, er habe die Nase voll von Regisseuren, die gegen ein rechtes Publikum inszenierten, das längst aufgehört habe, ins Theater zu gehen. Heute ist die Misere des Theaters perfekt, denn die Nachfahren der damaligen Regisseure inszenieren inzwischen krampfhaft mit schlechtbezahlten Zeitverträgen vor leeren Rängen jedem Publikum, was es möglicherweise sehen und hören will. Während man in den 1990er Jahren auf den Bühnen landauf landab munter kopulieren ließ, um den spießigen Silbersee im Parkett gehörig zu schocken, kopulieren die Regisseure von heute den Zeitgeist höchstpersönlich. Und ganz ähnlich ergeht es dem Journalismus seit Relotius auch.

Relotius: Fiktive Stoffe als SPIEGEL wahren Lebens

Mit jedem Bundesbürger stirbt auch ein Zeitungsabonnent, wenigstens in der Mehrzahl (der Autor kennt den Verlust). Von Todesanzeigen alleine indessen kann die Presse nicht leben. Weswegen die talentiertesten Journalisten fintenreich begannen, einfach ihre eigene „Wirklichkeit“ zu inszenieren, anstatt die Leser mit deprimierender Realität weiterhin anzuöden. Der Plan ging auf. Der unumstrittene Meister des neuen Genres war Claas-Hendrik Relotius. Relotius war bis 2019 vermutlich Deutschlands höchstdekorierte Edelfeder: Peter-Scholl-Latour-Preis, Henri Nannen Preis, viermal deutscher Reporterpreis, davon dreimal beste Reportage des Jahres, dazu Liberty Award und European Press Prize.

2014 kürte CNN Relotius zum Journalist of the Year. In seiner Laudatio würdige Stefan Plöchinger, Chefredakteur von Süddeutsche.de , Relotius als Journalisten, der „auf poetische Weise“ von gesellschaftlichen Problemen berichte, wobei es ihm gelinge, „im Kopf des Lesers Bilder zu erzeugen, die wie ein Film ablaufen“ (zitiert nach WIKIPEDIA). Vor-Ort-Schnüffeln statt Google-Recherche lobte sinngemäß Bayerns Medienministerin Ilse Aigner: „Guter Journalismus hat Zukunft“,

Claas Relotius: Je preiser gekrönt, desto durcher gefallen

Relotius erhielt von renommierten Medienjurys, allesamt mit hochdotierten oder hochdekorierten Experten besetzt, insgesamt 19 ehrwürdige Journalistenpreise zuerkannt. Anton Bruckner, der wohl bedeutendste Symphoniker, befand mit Blick auf seine Erfolglosigkeit bei Preisjurys dereinst trocken: Je preiser gekrönt, desto durcher gefallen! Und so erging es Relotius letztendlich auch. Der SPIEGEL versuchte, sein ramponiertes Image dadurch zu retten, dass man eine interne Kommission zur Aufklärung der Affäre einsetzte. Am 24. Mai 2019 – heute vor drei Jahren – legte sie den Abschlussbericht vor. Der Mitarbeiter, der alles ins Rollen gebracht hatte, Juan Moreno, publizierte im Herbst 2019 sein Buch „Tausend Zeilen Lüge“. Das System Relotius und der deutsche Journalismus (erschienen bei Rowohlt, Berlin 2019). Claas-Hendrik Relotius schrieb nicht nur für den SPIEGEL, sondern auch für die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG, die Wochenzeitung der FAZ, die NZZ. Sie alle wähnten sich als Opfer. Moreno hingegen beschreibt ein System.

Relotius, Qualitätsmedien, „Fake-News“ und „Lügenpresse“

Über Relotius‘ Lügengeschichten ein Wort zu verlieren lohnt nicht. WIKIPEDIA listet die Reportagen des Lügenbarons gewissenhaft auf. 2014, in dem Jahr, in dem Relotius Journalist of the Year wurde, wurde das Wort „Lügenpresse“ zum Unwort des Jahres gekürt. In ihrer Begründung führte die Sprachwissenschaftlerin und Jury-Vorsitzende Nina Janich aus, das Unwort sei bereits im Ersten Weltkrieg ein zentraler Kampfbegriff gewesen und habe auch den Nationalsozialisten zur pauschalen Diffamierung unabhängiger Medien gedient: „Mit dem Ausdruck ‚Lügenpresse‘ werden Medien pauschal diffamiert“, was fundierte Medienkritik verhindere und somit einen Beitrag zur Gefährdung der für die Demokratie so wichtigen Pressefreiheit leiste, so Janich.

Die Wirklichkeit hat auch diese Zeitgeistwahl längst überholt: Seit Claas Relotius hat der Begriff „Qualitätsmedien“ ein neue Qualität. Der Verfasser dieser Zeilen fragt sich dies: Wo ist der Schriftsteller vom Schlage Friedrich Dürrenmatts, der den Relotius-Stoff als Tragikomödie gekonnt auf die Bühne bringt oder als Drehbuch ins Kino? Titelvorschlag: Der zerbrochene Trug!



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1 Kommentar

  1. Viele Journalisten haben ihre Objektivität verloren und betreiben Meinungsmache zugunsten einer Klima-Apokalypse und einer werteorientierten Außenpolitik. Dagegen hilft wohl nur ein Bekenntnis zur Medienvielfalt.

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